Die Verborgenen
ihnen in die Wohnung gekommen waren – der Bulle in Schwarz –, saß hinten im Rettungswagen. Ein Sanitäter machte sich an seinem Gesicht zu schaffen. Der andere – der Dicke mit den Schlitzaugen – war auch irgendwo in der Nähe, aber Alex konnte ihn nirgendwo entdecken.
Jay lag noch immer auf dem Kleintransporter. Es sah nicht so aus, als würde er sich noch bewegen. Ein zweiter Sanitäter war bei ihm, doch er schien es nicht besonders eilig zu haben.
»Ich glaube, Jay ist tot«, sagte Alex.
Issac schnitt eine Grimasse. Seine blauen Augen wurden schmal und füllten sich mit Tränen. »Tot? Jay? Heilige Scheiße, Mann!«
»Sei still«, sagte Alex. »Ich muss nachdenken.«
Mit einem hatte Issac recht: Der Bulle hatte Jay tatsächlich nicht erschossen. Aber vielleicht hatte er es nur deshalb nicht getan, weil Jay nach seinem Sturz ohnehin im Sterben lag. Vielleicht wären Alex und Issac jetzt ebenfalls tot, wenn sie nur ein paar Minuten früher hier aufgetaucht wären. Was wirklich zählte, war, dass die beiden Cops um drei Uhr nachts in der Nähe von Jays Wohnung aufmarschiert waren, und jetzt war Jay tot.
Issac zog Alex am Ärmel.
»Alex, komm schon«, sagte Issac. »Gehen wir zu den Cops. Ich meine, zu anderen Cops. Wir stecken total in der Scheiße.«
Alex schüttelte den Kopf. »Kommt nicht infrage. Egal, mit welchem Cop du sprichst, die beiden werden es erfahren, und dann werden sie uns schnappen. Bullen halten zusammen. Sie scheißen auf Recht und Gerechtigkeit oder was auch immer. Wir müssen einen Ort finden, wo wir uns eine Zeit lang verstecken können. Und wir müssen uns Waffen besorgen.«
Alex ging hinter dem Gebäude in Deckung, damit die Polizisten, die überall in der Geary Street ausschwärmten, ihn nicht sehen konnten. Er begann auf der Larkin nach Norden zu gehen, hielt aber gleich wieder inne. Er drehte sich um, packte Issac und zog ihn von der Ecke weg.
Neuer Tag, neue Leiche
P ookie organisierte die üblichen Abläufe. Ein Teil seines Gehirns konzentrierte sich auf die Einzelheiten am Tatort. Mithilfe eines anderen Teils gab er seinen uniformierten Kollegen die Anweisung, mit den Befragungen möglicher Zeugen aus der Umgebung zu beginnen. Und ein dritter Teil seines Gehirns verlor sich in Spekulationen über die bizarre Lage, in der sein Partner steckte, und in der Frage, was das alles zu bedeuten hatte.
Pookie wog zu viel, er war außer Form, und er war langsam. Aber er war nicht so langsam. Er hatte Bryan im Abstand von etwa zwei Blocks folgen können. Pookie war gerade um die Ecke gekommen, als Jay Parlars brennender Körper durch die Nachtluft flog. Bryan hatte sich auf dem Bürgersteig befunden, als der Junge in den Van gekracht war. Er hätte den Jugendlichen niemals vom Dach des Hauses werfen können.
Mit zuckendem Magen und einem Brennen in der Brust war Pookie näher gekommen – er musste unbedingt etwas für seine Fitness tun –, und dann hatte er Bryans verrückten Sprung gesehen. Um so hoch zu kommen, war Bryan wohl zuerst auf dem seitlichen Türgriff des Wagens gelandet und hatte sich von dort abgestoßen wie diese Parkour-Typen, die sogar Häuserwände hochrannten. Bryan war weit entfernt, trotz der Straßenlaternen war es recht dunkel, der Junge stand in Flammen … es gab genügend Variablen, die das, was Pookie nur glaubte gesehen zu haben, verzerrt haben konnten.
Denn ein Mensch konnte nicht einfach so zweieinhalb Meter hoch springen.
Bryan war bis auf die Höhe des Transporter-Dachs geschwebt. Seine Füße in den schwarzen Nike-Turnschuhen waren mühelos zu beiden Seiten des mit dem Gesicht nach unten liegenden, brennenden Jungen gelandet. Bryan hatte seine Jacke ausgezogen und damit die Flammen erstickt. Er hatte dem Jungen geholfen.
Doch als Bryan den Jugendlichen umdrehte, hatte sich alles verändert. Pookie wusste ohne den geringsten Zweifel, dass Bryan Jay Parlar in den Kopf geschossen hätte, wenn er nicht rechtzeitig eingetroffen wäre.
Die Kriminaltechniker hatten ihre Arbeit bereits beendet. Sie waren davon überzeugt, dass Jay selbst dann gestorben wäre, wenn ihn niemand angezündet hätte und er nicht von einem vier Stockwerke hohen Gebäude gestürzt wäre. Jemand hatte auf den Jungen eingestochen und dabei eine Arterie durchtrennt. Er hatte keine Chance gehabt.
Als Mitarbeiter der Gerichtsmedizin die Leiche abtransportiert hatten, war Pookie auf das Dach des Hauses gegangen, um sich ein eigenes Bild vom Tatort zu verschaffen. Dort hatte er
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