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Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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Er rappelte sich hoch. Anstatt das letzte Stück der Leiter auf den Bürgersteig hinabzulassen, sprang er über das Geländer.
    »Bryan, bleib hier!«
    Bryans Sohlen schlugen auf dem Beton auf. Er ignorierte seinen Partner. Der Junge aus seinem Traum würde genau wie Oscar Woody enden. Das musste Bryan verhindern.
    Er fühlte, wie ihm Blut über das Gesicht rann. Seine Turnschuhe huschten mit einem leisen Knirschen über den Bürgersteig, während er in Richtung Van Ness Avenue sprintete.
    Bryan rannte auf der Van Ness nach Süden. Rechts von ihm zog sich auch um drei Uhr nachts der Verkehr noch immer sporadisch über die sechs Fahrbahnen. Die wenigen Fußgänger, die unterwegs waren, wichen ihm aus, so schnell sie konnten. Ein schwarz gekleideter Mann, der mit blutender Stirn und einer Sig Sauer in der Hand über den Bürgersteig stürmt, lädt nicht gerade zu einer kleinen Plauderei ein.
    Trotz der Schmerzen funktionierten seine Beine ganz ordentlich. Lange, weit ausholende Schritte brachten ihn voran. Alles huschte schnell vorbei. Sobald diese Aktion beendet wäre, würde er alles erbrechen, was sein Körper hergab, versprach er sich selbst, doch im Augenblick musste er alles ignorieren, um den Jungen rechtzeitig zu finden.
    Bryan erreichte die Geary und wandte sich nach links. Er hatte so viel Schwung, dass er vom Bürgersteig auf die Straße gerissen wurde, bevor er seinen Kurs korrigieren konnte. Er hörte näher kommende Sirenen. Wahrscheinlich reagierten die ersten Streifenwagen auf Pookies Anruf. Das Dröhnen hallte zwischen den Häuserschluchten wider.
    Bryan wusste nicht, wohin sein Weg ihn führte, doch er rannte einfach weiter. Er überquerte die Polk Street, wobei er einem Wagen auswich, bevor er von Neuem auf dem Bürgersteig voranhastete. Auf der linken Seite schossen die Wände verschiedener Gebäude an ihm vorbei, auf der rechten parkende Autos.
    Eine Bewegung über ihm.
    Ein brennender Körper flog über den Rand eines Dachs in vier Stockwerken Höhe. Er schimmerte orangefarben vor dem schwarzen Nachthimmel und krachte wie ein zuckender Komet, der eine Feuerzunge hinter sich herzieht, in einen weißen Van, in dessen Dach er eine tiefe Delle hinterließ. Das Aufblitzen einer weiteren Bewegung von oben, doch wer immer das auch war,
    ( Schlangenmann)
    er verschwand gleich darauf hinter der Dachkante.
    Bryan rannte zum Van, sprang, und stand sofort auf dem tief eingedrückten, zerschmetterten Dach. Der Mann lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Wagen. Kleine Flammen züngelten aus seiner geschwärzten Kleidung. Bryan zog seine Jacke aus, bedeckte den Mann damit, drückte den Stoff an einer Stelle nach der anderen gegen dessen Körper und erstickte so die Flammen. Der Mann stöhnte.
    »Halt durch, Kumpel. Ich hab alles im Griff.«
    Die Sirenen wurden lauter.
    Bryan erkannte die Jacke des Mannes. Wo sie nicht geschwärzt und geschmolzen war, schimmerte sie dunkelrot und golden.
    Die Uniform der BoyCo.
    Das war kein Mann, das war ein Junge … der Junge aus seinem Traum. Verletzt, aber nicht tot.
    Bryan zog sein Handy aus der Tasche und drückte die Zweiweg-Taste.
    Bi-bup: »Pookie, bist du da?«
    Bu-bip: »Ich bin da.« Er hörte sich an, als wäre er außer Atem. »Ich bin anderthalb Blocks entfernt. Ich kann dich sehen.«
    Bryans Blick suchte die Geary ab. Er entdeckte Pookie, der auf ihn zu rannte.
    Bryan schob das Handy zurück in seine Tasche. Das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich in der Blutlache, die sich langsam um den verletzten Jungen bildete. Feuchtes Rot rann über den weißen Lack des Vans.
    »Bleib ganz ruhig«, sagte Bryan. »Ich bin ein Cop. Hilfe ist unterwegs.« Er wollte den Jungen nicht bewegen, aber Knochenbrüche und eine verletzte Wirbelsäule würden bald keine Rolle mehr spielen, wenn Bryan die Wunde nicht fand und die Blutung nicht zum Stillstand brachte. »Ich werde dich auf den Rücken rollen. Ich werde es langsam tun, aber du wirst Schmerzen haben. Hat dich jemand vom Dach geworfen?«
    »Gesprungen«, sagte der Junge. Das Wort klang gedämpft, denn sein Gesicht lag auf dem Dach des Vans. »Musste es tun … musste weg.«
    »Weg? Von wem?«
    »Teufel«, sagte der Junge. »Drache.«
    Bryan rollte den Jungen auf den Rücken. Weit aufgerissene, verängstigte Augen starrten ihn aus einem Gesicht an, das mit Verbrennungen dritten Grades bedeckt war. Brandblasen – einige glänzend weiß, andere roh und rot – überzogen seine Wangen, seine Nase, seinen Mund und seine

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