Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
plötzlich, die Maschine setzte auf und holperte durch den Bremsvorgang die Landebahn entlang. Welcome to Papua New Guinea, we hope you enjoy your stay, sagte eine Flugbegleiterin über die Lautsprecher.
Als die Maschine zum Stehen gekommen war, öffnete Katja den Gurt und stand auf, um die Gepäckablage zu öffnen. Sie griff nach ihrem Rucksack, den sie sich über die rechte Schulter streifte, und wartete geduldig, bis sich die kleine Menschenschlange vor ihr in Bewegung gesetzt hatte. Sie stieg die Gangway hinunter zum Rollfeld und folgte den Handzeichen des Bodenpersonals, das die Passagiere ins Flughafengebäude lotste. Katja blieb kurz stehen, um die warme Luft auf ihrer Haut zu spüren. Eigentlich hatte sie jenseits des Rollfelds irgendetwas Exotisches wie einen Palmenhain erwartet, in dem fremdartige Vogelstimmen miteinander wetteiferten, doch stattdessen breitete sich eine unbewachsene Ebene vor ihr aus, über der grauer Nebel hing. Schwer zu sagen, wo die Landebahn aufhörte und die Natur anfing. Katja verzog angewidert das Gesicht, als ihr ein penetranter Geruch in die Nase stieg, den sie zum letzten Mal im Chemieunterricht wahrgenommen hatte und der alles andere als angenehm war. Sie suchte nach einem Taschentuch in ihrer Hosentasche, fand aber keines. Eine Frau im Kostüm, die neben ihr ging, hielt ihr ein Kleenex hin.
»Hier, nehmen Sie. Schwefel, der Gestank des Teufels«, sagte sie knapp auf Englisch, als hätte sie Katja die Frage von der Stirn abgelesen. Die Frau, deren dunkler Teint darauf hindeutete, dass sie eine Einheimische war, wies mit dem Kopf nach rechts. »Die Vulkane. Tavurvur ist noch immer aktiv.« Katja antwortete mit einem verständnisvollen Nicken, als sei ein aktiver Vulkan in ihrem Leben die normalste Sache der Welt. Doch obwohl sie kein ängstlicher Typ war, fühlte sie, wie sich Nervosität in ihrem Magen breitmachte.
Nachdem sie ihren Koffer vom Band genommen und problemlos den Zoll passiert hatte, trat sie durch die Schiebetür. Ihre Augen wanderten unruhig über die übersichtliche Gruppe Wartender. Sie hielt nach einem Priestergewand Ausschau, und weil sie nichts dergleichen fand, stieß sie einen leisen Fluch aus.
»Aber, aber junge Frau!«, hörte sie eine angenehm dunkle Männerstimme hinter sich. Als sie sich umdrehte, schaute sie in ein freundliches Gesicht, dessen Furchen Zeugnis von einem ereignisvollen Leben ablegten. Der Mann in Jeans und gemustertem Hemd hielt ihr die Hand entgegen, und nach einem kurzen Moment der Verwunderung reichte sie ihm die ihre.
»Pfarrer Reuter?«
Der schlanke Mann nickte und strich sich eine weiße Strähne, die ihm in die Stirn gefallen war, aus dem Gesicht.
»Ganz recht, der bin ich. Und Sie sind dann aller Wahrscheinlichkeit nach Frau von Beringsen. Hab ich recht?«
Katja schüttelte den Kopf. »Gruner. Katja Gruner, angenehm.«
Er legte seine Linke auf ihre Schulter und drückte sie kurz an sich. »Willkommen in Papua. Ich freue mich, dass Sie meiner Einladung Folge leisten konnten.« Dann griff er nach ihrem Koffer und wies Katja mit der Hand in Richtung Ausgang.
Sie überquerten die Straße zum Parkplatz, und er öffnete den Kofferraum eines Holdens, der vermutlich schon bessere Zeiten gesehen hatte. Die grüne Farbe war größtenteils verblichen. An manchen Stellen hatte die Sonne mit der Zeit dem Lack einen Stich ins Gelbliche verpasst, und er platzte hier und dort ab und ließ das bräunliche Rot von Rost erkennen. Der Pfarrer hievte Katjas Rollkoffer mit einem leisen Ächzen in den Wagen. Nachdem er mehrere Male vergeblich versucht hatte, die Haube hinunterzudrücken, klickte sie endlich ins Schloss. Gespielt galant hielt er Katja die Beifahrertür auf und schloss die Tür, nachdem sie im Auto Platz genommen hatte. Er umrundete den Wagen und setzte sich hinters Steuer.
»Beach Bungalow Resort?«
Katja lächelte ihm zu. »Ja, bitte.«
Reuter startete den Wagen und fuhr zu Katjas Erstaunen mit quietschenden Reifen los.
Die zwanzig Minuten vom Flughafen nach Kokopo kamen Katja wie eine Reise auf einem anderen Planeten vor. Der Geruch von Schwefel hatte seit ihrer Ankunft nicht nachgelassen, doch zu dem beißenden Gestank gesellte sich nun ein Anblick, bei dem Katja am liebsten wieder umgekehrt wäre. Kein Baum, kein Strauch, der am Wegesrand wuchs. Überall nur grauschwarze Asche, die der Wind in flachen Böen über die Straße trieb. Hin und wieder sah sie die Umrisse eines halb verfallenen Hauses, aber von einem Ort
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