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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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letzten Mal etwas unbeschwert genossen hatte.
    Die Untertasse schepperte, als sie die Tasse schließlich etwas zu fest auf einem der Sideboards abstellte. Katja warf einen Blick auf ihre Uhr. Viertel nach elf. Sie stand auf, zog eine Zigarette aus der Packung in ihrer Hemdtasche und zündete sie an. Unwillkürlich stieß sie einen leicht verärgerten Laut aus, während sie den Rauch in die klare Luft blies, und begann, die Veranda abzuschreiten. Wann würde sie sich endlich die preußische Disziplin ihres Elternhauses abgewöhnen, die doch in den meisten Fällen nur dazu führte, dass sie sich über das Zuspätkommen anderer ärgerte? Sie hasste es, warten zu müssen, schon von klein auf war sie ein pünktlicher Mensch gewesen. Pünktlichkeit war in ihren Augen eine Frage des Respekts. Die Höflichkeit der Könige, wie ihre Eltern es zu nennen pflegten. Mit einer ungeduldigen Handbewegung schnippte sie Asche über die Veranda und spürte, wie Ärger in ihr aufwallte. Ihr Unmut richtete sich dabei nicht einmal gegen den sich verspätenden Priester, sondern gegen sich selbst. Pfarrer Reuter tat ihr schließlich nur einen Gefallen, und wenn es etwas länger dauerte, bis er aufkreuzte, war das völlig in Ordnung. Nein, er war nur der Auslöser ihrer plötzlich aufkommenden Unruhe.
    Katja fragte sich zum wiederholten Male, ob sie die freien Tage nicht eher dazu hätte nutzen sollen, um endlich einmal in sich hineinzuhören. Wäre es nicht besser gewesen, sie hätte irgendeine Pauschalreise in den Süden gebucht, um sich im Liegestuhl am Strand mit den grundsätzlichen Fragen in ihrem Leben auseinanderzusetzen? Stattdessen wandelte sie am Ende der Welt auf den Spuren ihrer Ururahnin und verabredete sich zum Essen mit einem alten Priester. Katja lächelte unwillkürlich, weil sie an ihre Mutter denken musste. Pfarrer Reuter war bestimmt nicht der neue Mann, den sie sich für ihre Tochter wünschte.
    Vielleicht, dachte Katja, hatte sie sich diese Phebe Parkinson unbewusst als eine Art Ausweichmanöver in ihren Urlaub eingebaut, um den eigentlich wichtigen Überlegungen aus dem Weg zu gehen. Auf die Dauer konnte sie so nicht weitermachen, das war ihr bewusst. Die Anrufe auf Michaels Handy, ihr Rückzug von den Freunden – das musste bald aufhören, sonst gehörte sie wirklich in psychologische Behandlung, wie Rolf es ihr geraten hatte. Wenn sie sich irgendwann wieder lebendig fühlen wollte, musste sie ihre Umstände radikal verändern. Einen Schnitt machen. Doch allein der Gedanke, die Wohnung aufzugeben, jagte ihr Angst ein. Sie war noch nicht bereit zu größeren Veränderungen, und sie war sich auch nicht sicher, ob sich ihre Haltung in absehbarer Zeit ändern würde. Doch was hieß schon »absehbar«? Seit drei Jahren plante sie nicht weiter als von einem Tag zum nächsten, und da kam ihr das geschäftige Treiben in der Klinik gerade recht. Katja stieß eine Rauchwolke in den Himmel wie einen Seufzer. Ein Leben wie im Hamsterrad.
    Plötzlich fühlte sie sich elend, ihre Augen brannten noch immer von der trockenen Luft im Flugzeug, dazu kam ein schlechter Geschmack auf der Zunge, weil sie nicht genug gegessen hatte. Auf die Brüstung gelehnt, zog sie an ihrer Zigarette und richtete den Blick zur Auffahrt. Gerade wollte sie zur Rezeption gehen, um nach einem Taxi zu fragen, als ein Kleintransporter in der Parkbucht knirschend zum Stehen kam. Keine zwei Sekunden später entstieg ihm ein großgewachsener Mann, den Katja von weitem auf ungefähr Mitte dreißig schätzte. Der Pfarrer war es jedenfalls nicht. Der Mann warf die Fahrertür zu und kam zielstrebig auf sie zu.
    »Warten Sie auf Pfarrer Reuter?«, rief er auf halbem Wege. Sie nickte stumm, doch da sie unsicher war, ob er die Bewegung aus der Entfernung wahrgenommen hatte, hob sie zum Gruß die Hand. »Lambert. Christoph Lambert«, sagte der blonde Mann mit dem struppigen Haar, als er bei ihr war, und ignorierte ihren ausgestreckten Arm.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir uns gleich auf den Weg machen?«, fragte er und bemühte sich gar nicht erst um ein Lächeln. »Ich habe es ziemlich eilig.«
    »Kein Problem.« Sie ließ die Hand sinken und bemerkte, wie sein Blick kurz die Zigarette in ihrer anderen Hand streifte. Katja beeilte sich, den Glimmstengel im Aschenbecher auszudrücken. Rasch schwang sie den Rucksack über ihre Schulter und achtete darauf, mit Lambert Schritt zu halten, der bereits auf seinen VW-Bus zusteuerte. Er startete den Motor, noch

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