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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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sicher, mach nur! Ich bin so lange hinten auf’m Hof.«
    »Vielen Dank, sehr freundlich von Ihnen.«
    »No worries, love.« Gary setzte einen zerlöcherten Schlapphut auf, der vor Schmutz nur so starrte, und ging durch die Hintertür nach draußen.
    Katja stellte den Becher auf den Tisch, öffnete die Kladde und zog ein Bündel leicht vergilbter Umschläge hervor. Sie streifte den Gummiring ab, der diese zusammenhielt, und sortierte die Briefe nach dem Datum ihres Stempels. Sie stammten aus den Jahren 1920 bis 1928. Dann öffnete sie den ältesten davon und begann zu lesen.
Kuradui, im August 1920

Meine liebe Johanna,
Du fehlst mir sehr. Erst jetzt, da Du nicht mehr hier bist, bemerke ich, wie reibungslos Du mein Leben organisiert hattest. Ohne Dich bin ich ständig verwirrt, wann was zu erledigen ist. In der Schule und im Kindergarten geht es noch so einigermaßen, weil die Abläufe dort geregelt sind, aber ansonsten regiert das fröhliche Chaos. Ob ich je ordentlicher werde?
Letzte Woche war ich oben in den Bergen, um mich mit den Ältesten vom Pomio-Stamm zu treffen, die wegen Landrechten im Streit mit den Sulka liegen. Ich wollte mal wieder vermitteln. Zuvor war ich bei den Sulka und habe dort all meine Aufzeichnungen vergessen, auf die ich mich dieser Tage so sehr verlassen muss. Du kannst Dir vorstellen, wie verärgert die Ältesten waren, und fast wären all meine Bemühungen um Frieden umsonst gewesen. Aber am Ende wurde eine Ehe gestiftet, und mehrere Schweine wechselten den Besitzer – Du kennst das ja. Ich bin mal gespannt, wie lange der Frieden dieses Mal hält. (…)
    Phebes Schrift war gut leserlich. Trotzdem überflog Katja einige Stellen, die für ihre Recherche nicht von Interesse waren. Sie legte den Brief zur Seite und nahm den nächsten zur Hand.
Kuradui, im Februar 1921

Liebe Johanna,
nach allem, was Du schreibst, kann ich mir vorstellen, wie anders Dein Leben in Australien im Vergleich zu dem auf Kuradui sein muss. Deine Leute auf der Farm haben es jedenfalls gut. Wie ich Dich kenne, ist ihr Leben nun vollständig durchgeplant. Kein Müßiggang, kein Schlendrian, nicht wahr, meine deutsche Freundin? (…)
Letzte Woche hatten wir eines dieser heftigeren Erdbeben, und danach hat es eine ganze Woche lang ununterbrochen geregnet. Erst die Asche, jetzt überall Schlamm und Dreck. Die Wagen bleiben ständig stecken, und es ist kaum noch ein Durchkommen. Es lohnt sich gar nicht, die Wäsche zu machen. Ich bin mal gespannt, ob und wann dieser Brief es auf das Schiff zu Dir schafft. (…)
    Wieder ging es in Phebes Schreiben nur um Alltägliches, das Katja für ihre Zwecke wenig hilfreich erschien. Ungeduldig geworden, griff sie nach dem nächsten Brief vom Juli 1923. Der erste Absatz bezog sich auf einen gewissen Lücker und seine Frau, diese Namen sagten ihr nichts und erschienen ihr unwichtig. Katja übersprang die Zeilen, bis es wieder um Johanna ging.
(…) Es freut mich, dass Dein Sohn sich so gut macht. Ein ruhiger, besonnener junger Mann mit mehr Hirn als die meisten. Biologe will er also werden. Ich wünsche ihm alles Gute, bitte richte ihm das aus! Richard wäre so stolz! Martin hat mich immer schon an meinen lieben Mann erinnert, und nun tritt er sogar in seine Fußstapfen. Das rührt mich, wirklich.
Es hat mir damals nahezu das Herz im Leibe zerrissen, als Bibi Martin schikanierte und ihn verletzte. Ich konnte den Kerl einfach nicht kontrollieren. Gut, dass Emma ihn mit nach Europa genommen hat! Was hätten wir in Neuguinea schon für ihn tun können? Nicht viel, fürchte ich. Wenn ihm die europäischen Ärzte nicht helfen können, wer dann?
    Zum ersten Mal erwähnte Phebe ihren Mann Richard Parkinson. Katja wusste, dass er ein Forscher gewesen war, und Großvater besaß eine antiquarische Ausgabe von seinem Hauptwerk, das »Dreißig Jahre in der Südsee« oder so ähnlich hieß. Von diesem Bibi, von dem hier die Rede war, hatte Katja allerdings noch nie gehört. War das Phebes Sohn? Wie alt war er damals? War er schwer krank, oder warum konnte man ihm in Neuguinea nicht helfen? Katja las weiter.
Das alles ist sehr verstörend, aber ich denke oft daran, was Bibi als Kind durchmachen musste. Es ist der Fa Samoa , die Fehler der anderen zu akzeptieren, sie so zu lieben, wie sie sind, und sie auf diese Weise für sich zu gewinnen. Daher glaube ich einfach nicht, dass jemand von Grund auf böse ist. Die Einheimischen haben das immer über Bibi gesagt, aber ich meine, es war richtig, dass der

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