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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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beherrschen. Ich lasse nicht zu, dass irgendjemand auf Kuradui verletzt wird. Haben wir uns verstanden?« Sie musterte ihn eindringlich. »Ob du verstanden hast, will ich wissen!«, wiederholte sie, und der schneidende Ton ihrer Stimme ließ keinen Zweifel am Ernst ihrer Aussage. Endlich nickte Bibi, riss sich los und folgte den anderen Kindern. Phebe schüttelte entmutigt den Kopf. Als sie aufsah, stand Johanna neben ihr und drückte ihr einen Scotch in die Hand.
    »Auf bessere Zeiten«, sagte sie und hob ihr Glas. Phebe lächelte und stieß mit der Freundin an.
    »Auf bessere Zeiten!«
    »Beug dich mal vor, ich massiere dir den Rücken.«
    Phebe trank ihren Scotch aus und stellte das Glas ab. Dann rutschte sie vor, damit Johanna sich hinter sie setzen konnte, um ihre Schultern zu bearbeiten.
    Plötzlich stieß jemand die Tür auf. Sulai, Richards Tracker, stolperte in den Raum. Keuchend stand er vor ihnen. Johanna nahm die Hände von Mitis Schultern, beide starrten den Mann an.
    »Was ist los? Wo ist Richard?«, fragte Phebe.
    Sulai schlug die Hände vors Gesicht und stieß einen langgezogenen Klagelaut aus. Phebe war mit einem Satz aufgesprungen und fasste ihn bei den Handgelenken. Langsam ließ er die Hände sinken und schaute sie aus geröteten Augen an.
    » Masta Richard … Pferd … tot«, stotterte Sulai wie unter Schock.
    »Was redest du da für einen Unsinn? Wo ist Richard?«
    Sulai schüttelte nur den Kopf und brach wieder in seinen jammervollen Wehlaut aus. Johanna ließ die beiden stehen und lief nach draußen. Im Dämmerlicht des späten Nachmittags sah sie Richards braunen Wallach vor dem Haus grasen. Das Pferd schüttelte die Mähne, um die lästigen Fliegen loszuwerden; sein Hals glänzte vor Schweiß. Richard lag mit dem Gesicht nach unten schräg über dem Sattel und rührte sich nicht.
    »Phebe!«, rief Johanna in Richtung Tür. Miti kam aus dem Haus gerannt.
    »Oh, mein Gott, Richard!« Mit wenigen Schritten war sie bei ihrem Mann, gefolgt von Sulai, der den Frauen half, den leblosen Körper vom Pferd zu heben und auf die Erde zu legen. Phebe kniete sich hin, zog Richards Kopf auf ihren Schoß. Seine Augen waren geschlossen. Sie strich ihm kurz übers Gesicht, suchte dann am Hals nach seinem Puls.
    »Sulai, geh und ruf nach dem Arzt!«, befahl Johanna.
    »Richard ist tot«, sagte Phebe leise. Sie nahm seine Hand und presste sie an ihre Wange. Johanna nickte wissend. Sie bedeutete Sulai, ihr ins Haus zu folgen, und bat ihn dort, in der Küche zu warten, während sie nach den Kindern schaute. Sie hoffte inständig, dass die Kleinen nichts von der schaurigen Ankunft ihres Vaters mitbekommen hatten.
    Als sie sah, wie die freche Dolly ihrem Bruder einen nassen Schwamm ins Gesicht klatschte und ihr Sohn vor Freude jauchzend auf dem Boden saß, war sie erleichtert. Sie wies die Bande an, auf ihre Zimmer zu gehen. Ausnahmsweise würde sie ihnen heute das Abendbrot im Bett servieren, aber nur, wenn sie sich von ihrer großen Schwester brav etwas vorlesen ließen, bis es mit dem Essen so weit wäre. Die Kindergesichter leuchteten vor Freude. Ein Abendessen auf dem Kinderzimmer hatte es auf Kuradui noch nicht gegeben.
    Johanna zog die Badezimmertür hinter sich zu. Für einen Moment lehnte sie sich mit dem Rücken dagegen und atmete tief durch. Dann lief sie nach draußen und blieb auf der Veranda stehen.
    Phebe schien sie nicht zu bemerken. Sie saß noch immer auf der Erde, Richards Kopf auf dem Schoß. Johanna biss sich auf die Unterlippe, unsicher, was sie als Nächstes tun sollte. Sie entschied, Phebe noch eine Weile mit Richard allein zu lassen, und wandte sich zur Tür, um in der Küche gemeinsam mit Sulai zu warten, als sie plötzlich auf den Holzdielen einen Schatten wahrnahm. Sie schaute nach links und sah, wie Bibi den Eckpfosten umfasst hielt. Sein Kopf lugte seitlich hervor, und er blickte unbewegt auf Phebe und Richard hinab. Johanna war überrascht. Wie war der Junge hierhergekommen? War er nicht mit den anderen im Badezimmer gewesen, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte? Sie konnte sich nicht erinnern. Sie beachtete Bibi nicht sonderlich, wenn er gerade mal keinen Ärger verursachte. Für einen Moment fühlte sie sich deshalb schuldig, und der Junge tat ihr mit einem Mal schrecklich leid. Er sollte Richard nicht so sehen.
    Johanna ging auf Bibi zu, um ihn zu trösten, doch er duckte sich unter dem Geländer hindurch und rannte, wie besessen, zum Strand hinunter.

Brief von Dr.

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