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Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Titel: Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Ceming Jürgen Werlitz
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ein starker Hang zum Erzählerischen. Auch unbedeutend erscheinende Ereignissewerden ausführlich dargestellt. Durch Wunder, insbesondere die mythische Darstellung von der Auferstehung Jesu, soll die Glaubwürdigkeit des Geschehenen unterstrichen werden. Besonders hier zeigt sich eine Nähe zum volkstümlichen Glauben, die auch andere apokryphe Evangelien von den kanonischen unterscheidet. Theologisch gesehen rücken im Petrusevangelium Kreuz und Auferstehung Jesu in den Vordergrund. In Abgrenzung von den Juden wird deren Schuld am Tode Jesu und damit die Unschuld des Pilatus stärker herausgestellt. Diese Tendenz, die schon urchristlich zu sein scheint (1 Thess 2,15), wirkt nach und findet auch im Nikodemusevangelium seine Fortsetzung
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    Angesichts neuester Forschungstendenzen – hier wird vor allem auf einen Beitrag von Tobias Nicklas in der Zeitschrift Apocrypha aufgebaut (siehe dazu bei den Literaturhinweisen zum Petrusevangelium am Ende des Buches) – ist das Petrusevangelium von Akhmim heute nicht mehr so vorschnell mit den altkirchlichen Zeugen eines Petrusevangeliums in eine direkte Verbindung zu bringen, wie dies nach dem spektakulären Fund der Fall war und bis heute auch so ist. Dieser Text liegt in einer Handschrift vor, die wohl Ende des 6. Jahrhunderts entstanden ist, und dass das Petrusevangelium damals noch so aussah, wie man es in der alten Kirche lesen konnte, ist mehr als fraglich. Anders als die kanonischen Texte nach ihrer Aufnahme in die Bibel wurden die Apokryphen nicht notwendigerweise buchstäblich bewahrt, sondern mit der Zeit fortgeschrieben und späteren Bedürfnissen und Sichtweisen angepasst
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    Wichtiger ist aber ein anderer Aspekt in diesem Zusammenhang: Der Codex von Akhmim enthält einen weiteren Petrus zugeschriebenen Text, das Fragment der so genannten Petrus-Apokalypse. Beide Texte, Evangelium wie Apokalypse, stammen aber von der gleichen Schreiberhand. Und auch wenn der Text der Apokalypse gegenüber dem des Evangeliums im Codex auf dem Kopf steht, gehören allein dadurch beide Texte eng zusammen. Aber es gibt noch weitere Indizien für einen Zusammenhang: So tritt in beiden Texten Petrus als Ich-Erzähler auf, in beiden Texten wird Jesus ausschließlich Herr genannt und in beiden Texten findet sich die Wendung „wir die zwölf Jünger“ (EvPetr 59, ApkPetr 5), sehr beachtlich deshalb, weil diese ansonsten im gesamten christlichen Handschriftenbestand kanonischer oder apokrypher Texte nicht ein einziges Mal vorkommt
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    Was spricht eigentlich dagegen, dass die Petrusapokalypse in Akhmim Bestandteil des Petrusevangeliums ist? Es ist hier nicht der Ort, dieses Problem wissenschaftlich aufzubereiten, dazu sei auf den Aufsatz von Tobias Nicklas verwiesen, aber wirklich schlagende Gründe gegen den Zusammenhang der beiden Pergamentbögen Akhmim 1 (EvPetr) und Akhmim 2 (ApkPetr) im Sinne eines Werkes gibt es nicht
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    Dem Rechnung tragend wird im Folgenden auch eine Übersetzung der so genannten Petrusapokalypse von Akhmim geboten. Sie geht der des Petrusevangeliums voraus, weil der narrative Rahmen der Apokalypse wahrscheinlich in die Zeit der Wirksamkeit Jesu gehört. Der Text setzt als Fragment mit einer Endzeitrede Jesu ein, wie sie z. B. in Mt 24, dort vor der Passion, vorliegt, und setzt dann mit einer Szene fort, die auf die Erzählung von der Verklärung Jesu anspielt (Mt 17,14–23; Mk 9,14–32; Lk 9,28–36). Dafür, dass sich das in der Apokalypse geschilderte Geschehen vor der Passion abspielt, scheint auch die bereits erwähnte Formulierung „Wir die zwölf Jünger“ zu sprechen. Wenn man die Apokalypse von Akhmim mit den Offenbarungsreden des Auferstandenen bis zu seiner Himmelfahrt in Verbindung bringen wollte und hinter die Darstellung des eigentlichen Petrusevangeliums platzieren würde, ergäbe sich hinsichtlich der Zwölfzahl der Jünger eine erhebliche Irritation. Nach der Darstellung der kanonischen Evangelien wie der Apostelgeschichte könnten es nur noch deren elf sein. Aber dieses Argument sticht schon deshalb nicht, weil im Petrusevangelium von Akhmim von „wir, die zwölf Jünger“ im Anschluss an Jesu Tod die Rede ist
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    Natürlich gibt es auch Gründe, die gegen die Vorordnung von Akhmim 2 vor Akhmim 1 sprechen, so z. B. die Rede von gerechten Brüdern in ApkPetr 5 und 11, setzt dies doch voraus, dass es schon verstorbene Gemeindemitglieder gibt, was in der Zeit vor Jesu Leiden und Sterben nicht möglich erscheint. Aber gleiches gilt eben auch für die

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