Die verbotenen Küsse des Scheichs (German Edition)
verbergen, dass sie und ihre Ansichten ihm etwas bedeuteten. Schließlich wusste er aus eigener bitterer Erfahrung, dass man es ihm als Schwäche auslegen würde, wenn er Gefühle zeigte. Und die Schwächen eines Herrschers wurden immer gegen ihn verwendet!
Das war etwas, das auch Linah würde lernen müssen.
Unglücklicherweise fiel es ihm von Tag zu Tag schwerer, seine Gefühle zu unterdrücken. Dabei hatte sein Vater ihm sehr deutlich gezeigt, wie unumgänglich es für ihn als Staatsoberhaupt war, kühl und unnahbar zu wirken. Unbesiegbar! Wenn es ihn nur nicht so viel Kraft gekostet hätte, diese Lektion zu befolgen! Es war einfacher gewesen, als er Linah seltener gesehen hatte. Damals hatte er nicht geahnt, wie bezaubernd sie sein konnte. Ihre Persönlichkeit, ihre Klugheit, ihr Geschick im Umgang mit Pferden beeindruckten ihn. Es war, als würde Linahs Anwesenheit genügen, um den Schutzwall, den er um sein Herz errichtet hatte, bröckeln zu lassen. Und auch Cassie tat alles, um diese Mauer Stein für Stein abzutragen.
Als er feststellte, dass er sich manchmal wünschte, ihr dabei zu helfen, erschrak er zutiefst.
An der Tür seines Arbeitszimmers blieb er stehen und warf einen Blick zurück. Nein, es war sinnlos, jetzt weiter arbeiten zu wollen. Er trat in den Hof hinaus und spürte, wie die Hitze über ihm zusammenschlug. Weit und breit regte sich nichts. Selbst der überaus fleißige Halim schien sich für ein Nickerchen zurückgezogen zu haben.
Ohne weiter darüber nachzudenken, machte Jamil sich auf den Weg zu Linahs und Cassies Gemächern. Doch von dem dort postierten Wächter erfuhr er, dass Cassie fortgegangen war. Wie ungewöhnlich! Nun, den Palast würde sie nicht verlassen haben. Er würde sie also gewiss irgendwo finden.
Überall in dem riesigen verschachtelten Gebäude gab es Wachen, und einige von ihnen hatten Cassie gesehen und konnten ihm beschreiben, in welche Richtung sie sich gewandt hatte. So erreichte er schließlich den östlichsten Teil des Palasts. Vor der schweren Eichentür, die zu den um einen Innenhof angelegten Räumen führte, blieb er stehen. Nichts wies darauf hin, dass sie geöffnet worden war. Und doch … Wohin sonst sollte Cassie gegangen sein?
Jamil zögerte. Er runzelte die Stirn, starrte die Tür an. Es war mehr als acht Jahre her, seit er selbst sich zum letzten Mal in diesem Teil des Palasts aufgehalten hatte. Er konnte sich noch genau an den Tag erinnern. Es war der Tag seiner Thronbesteigung gewesen, genau eine Woche nach dem Tod seines Vaters.
Beinahe neun Jahre – und er brauchte diese Tür nur anzuschauen, um sich wieder hilflos und unglücklich zu fühlen.
Was, um Himmels willen, mochte Cassie bewogen haben, diese Tür zu öffnen und hindurchzugehen? Wie hatte sie überhaupt von den wie üblich um einen Innenhof gruppierten Räumlichkeiten erfahren? Wusste sie auch von dem Garten? Gut, er hatte nicht ausdrücklich verboten, diesen Teil des Palasts ihr gegenüber zu erwähnen. Er hatte auch niemals irgendwem verboten, hierher zu kommen. Dennoch war alles sehr verwirrend und beunruhigend.
All die Erinnerungen, die er so weit von sich geschoben hatte, stürzten mit einem Mal wieder auf ihn ein.
Ein Schauer überlief ihn, und er begann zu zittern. Er hatte diese Tür nie wieder öffnen wollen. Aber er wollte auch nicht, dass Cassie sich auf der anderen Seite aufhielt. Also holte er tief Luft, drückte mit schweißfeuchten Fingern die Klinke hinunter und stieß die Tür auf. Mit einem Schritt verließ er die Welt, die er als Erwachsener bewohnte, und kehrte zurück in die Hölle seiner Kindheit.
Cassie hatte ihr Ziel erst nach langem Suchen erreicht. Ein paar Mal hatte sie die falsche Richtung eingeschlagen, war in Sackgassen geraten und hatte umkehren müssen. Dann endlich hatte sie vor der Tür gestanden und sofort gewusst, dass es die richtige war. Der Schlüssel, der offensichtlich seit einer halben Ewigkeit nicht mehr benutzt worden war, verriet es ihr.
Es hatte sie einige Mühe gekostet, ihn im Schloss zu drehen. Doch es war ihr gelungen, und aufgeregt hatte sie die Tür geöffnet.
Als sie über die Schwelle trat, umfing sie eine Atmosphäre der Melancholie, mit der sie nicht gerechnet hatte. Dabei bot der offene Platz mit den ihn umschließenden Gebäuden einen faszinierenden Anblick. Die Marmorfliesen des kreisrunden Hofes waren an einigen Stellen gesprungen. Hier und da hatte der Wind Häufchen von trockenen Blättern zusammengetragen. In seiner
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