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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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kurz vor dem Hirschessen! Seht zu, Richter, dass die Büttel nach den verlorenen Teilen und dem Kämmerer suchen. Meinetwegen sollen sie die ganze Stadt umstülpen, Hauptsache, das Silber taucht wieder auf. Oder wenigstens der Mann, der dafür verantwortlich ist. Schickt sie nach Mainz, wenn es sein muss. Ob sie dabei noch einen Mord aufklären, ist mir egal, solange nichts davon ruchbar wird. Haben wir uns verstanden?»
    Blettner spannte die Gesichtsmuskeln an und nickte beflissen. «Ich werde mein Bestes geben, Schultheiß. So wie immer.»
    «Das will ich auch hoffen!» Krafft von Elckershausen knurrte noch einmal, und schon knallte die Tür der Amtsstube hinter ihm ins Schloss.
    Blettner seufzte und zog die Akte vor sich auf den Schreibtisch, dann besann er sich, stand auf und rief nach den Bütteln. «Sucht den gesamten Römer ab. Schaut in jede Kammer, in jeden Verschlag. Wer das Silber findet, dem spendiere ich einen Krug Wein in der Ratsschänke. Aber beeilt euch, der Schultheiß ist ungeduldig.»
    Die Büttel stießen sich gegenseitig grinsend in die Seite und machten sich auf dem schnellsten Wege an die Arbeit. Blettner aber kehrte zu seiner Akte zurück. Er stützte die Ellbogen auf den Tisch und starrte auf das Papier, ohne etwas zu sehen. «Kein Selbstmord, kein Unglück», murmelte er vor sich hin. «Also Mord.» Mit einem Mal fielen ihm die Worte seiner Schwiegermutter ein: «Ein Mörder, der Mitleid mit seinem Opfer hat.» Mitleid, so dachte Blettner, hat man am ehesten mit jemandem, den man kannte. Wenn das so ist, dann müsste es eine Beziehung zwischen Luise Bäckerin und ihrem Mörder gegeben haben. Aber welche? Und was in aller Welt sollte er mit der anderen Toten anstellen? Eigentlich konnte sie dort bleiben, wo sie war. Zumindest, wenn es nach ihm ginge, doch er ahnte schon jetzt, dass ihm Gustelies auch dabei einen Strich durch die Rechnung machen würde.
    Er stand auf und schaute aus dem Fenster hinunter auf den Römer. Dort versammelten sich schon wieder die Weiber, um einer neuen Rede des Predigers zu lauschen. Die meisten von ihnen hatten sich herausgeputzt, als ginge es zum Tanz. Samtbänder flatterten in den Haaren der Unverheirateten, die Verheirateten hatten die Brusttücher gelockert und sich mit der Farbe aus roten Blattläusen die Wangen und die Lippen gefärbt. Aufgeregtes Geschnatter drang bis nach oben in seine stille Amtsstube.
    Blettner schüttelte sich ein wenig. Dann fasste er einen Entschluss. Er holte eine Tasche aus Rindsleder, packte Papier und einen Kohlestift hinein und verließ mit seinem Schreiber zusammen den Römer.
    «Wohin gehen wir eigentlich?», wollte der Schreiber wissen.
    «Hinüber, nach Sachsenhausen. Wir sehen uns an, wie die Bäckerin gewohnt hat. Und vielleicht hatte sie in den letzten Tagen Besuch.»
    Der Schreiber nickte den beiden Brückenwärtern zu, die kaum von ihrem Würfelspiel aufblickten.
    Nach kaum zehn Minuten waren sie vor der Bäckerei angelangt. Das Haus lag da wie ausgestorben. Im ersten Stock verkümmerte ein Fensterbeet, die Läden waren geschlossen. Unten war die Ladentafel eingeklappt, kein Rauch stieg aus dem Schornstein der Backstube auf, kein Laut war zu hören.
    Blettner machte dem Schreiber ein Zeichen, und der hämmerte an die Tür, dass man Angst um das Holz haben musste. Zunächst blieb alles ruhig, doch dann hörte Blettner schlurfende Schritte und eine Stimme, die sagte: «Ja, ja. Nun schlagt mir nicht gleich das Haus ein. Ich komme ja schon.»
    Eine Frau, ungefähr in Gustelies’ Alter, öffnete die Tür und spähte misstrauisch hinaus. «Wer seid Ihr und was wollt Ihr?»
    «Der Richter bin ich. Es geht um das Verschwinden Eurer Schwiegertochter Luise Bäckerin. Dürfen wir hereinkommen?»
    Das Gesicht der Frau spannte sich. «Gibt es etwas Neues von ihr? Die Kleine hat sich gestern Abend wieder in den Schlaf weinen müssen, so sehr sehnt sie sich nach ihrer Mutter.»
    Blettner nickte, schob die Frau sanft zurück ins Haus und trat selbst ein. «Geht es hier in die Küche?», fragte er und deutete mit der Hand nach rechts. Die Frau nickte.
    Kurz darauf saßen sie am Küchentisch. Blettner sah die Frau mitleidig an. «Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für Euch», sagte er. Die Frau starrte ihn mit offenem Mund an.
    «Eure Schwiegertochter ist tot aufgefunden worden.»
    Die alte Bäckerin schüttelte den Kopf. «Nein. Das kann nicht sein. Wieso tot? Sie ist nicht tot. Sie war jung und gesund.»
    «Wie es aussieht,

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