Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand
fuhr Blettner fort. «Dieser Löffel muss aus dem Ratsschatz stammen. Aber wie ist er in den Haushalt der Bäckerin gelangt?»
Die Schwiegermutter stand mit einem Schlag hinter ihr. Blettner hielt ihr den Löffel unter die Nase. «Was ist das?», fragte er. «Wo kommt das her?»
Die Frau nahm den Löffel in die Hand und betrachtete ihn ungläubig. «Den habe ich hier noch nie gesehen, Herr. Ich schwöre bei Gott und allem, was mir heilig ist.»
Blettner zog die Stirn in Falten. «Ich frage Euch noch einmal, ob in den letzten Tagen etwas geschehen ist, das ungewöhnlich war.» Er trat noch einen Schritt nach vorn, sodass er ganz dicht vor der Frau stand. «Kennt Ihr am Ende vielleicht sogar unseren Stadtkämmerer?»
Die Frau zog die Unterlippe zwischen die Zähne und schüttelte ängstlich den Kopf. «Woher denn? Meine Güte, der Kämmerer. So hochgestellte Herren kennt unsereins nicht.» Dann überlegte sie einen Augenblick und sagte: «Ein Bettler hat an die Tür geklopft. Ich dachte zumindest, dass es ein Bettler war. Aber im Nachhinein bin ich mir nicht mehr sicher. Es könnte ebenso gut ein abgerissener Landsknecht gewesen sein.»
«Und was hat der Landsknecht gewollt?»
Die Frau schüttelte den Kopf. «Luise hat mit ihm gesprochen.»
«Hat sie ihn hereingebeten?», wollte Blettner wissen.
«Nein, nein. Sie hat kurz an der Tür mit ihm geredet. Worüber, das weiß ich nicht.»
«Hat sie ihm etwas gegeben?»
Die Frau riss die Augen auf. «Was soll Luise denn dem Landsknecht gegeben haben?»
«Was weiß ich? Ein Stück Brot, einen Becher Wein, einen Apfel?»
«Wir haben doch selbst kaum etwas.»
«Hmm.» Blettner kratzte sich am Kinn. «Hat sie etwas von dem Mann bekommen?»
Die Frau schluckte. «Kann sein», flüsterte sie. «Ich erinnere mich nicht mehr so genau.»
«Dann werden wir Eurer Erinnerung auf dem Malefizamt ein wenig nachhelfen müssen», stellte Blettner in Aussicht.
Die Frau deutete auf den Löffel. «Vielleicht den da. Jedenfalls ist Luise nach dem Besuch in der Speisekammer verschwunden, obwohl das Mittagsmahl längst fertig war.»
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Kapitel 20
P ater Nau schrak zusammen, als er das heftige Klopfen an der Pfarrhaustür hörte. Er war gerade dabei, in der Speisekammer den Löffel in den Honigkrug zu tauchen. Vor Schreck stieß er den Krug um, der Honig rann über das Regal und hinterließ sofort klebrige Flecken auf dem Fußboden. «Ich kümmere mich gleich darum», erklärte der Pater dem Honig und ging zur Tür.
Bruder Göck stand davor, hinter ihm ein schmaler junger Mann in Novizentracht.
«Das ist Alter», sagte er. «Das Mutterkloster in Grünberg hat ihn geschickt, damit er mir bei der Abwicklung hilft. Seit einer Woche ist er nun schon da und hat sich ganz gut bei uns eingelebt, was?» Göck haute dem Novizen auf die Schulter. «Er war lange Zeit in Italien und versteht etwas von der doppelten Buchführung.» Göck hob die Arme. «Was soll ich machen? Ich habe Gehorsam gelobt. Nun ist er also hier, und ich habe vor, ihn zu meinem Sekretär zu machen.»
Pater Nau legte eine Hand hinter sein Ohr. «Wie heißt er?»
Der Novize trat vor. «Alter. Mein Name ist Alter.»
«Ein eigentümlicher Name», fand der Pater.
«Nun, ich habe ihn mir nicht ausgesucht», rechtfertigte sich der Novize.
«Natürlich nicht, natürlich nicht. Kommt rein in die gute Stube.» Der Pater rieb sich die Hände. In der Küche fragte er: «Was führt euch zu mir?»
Bruder Göck deutete auf seine Lippen. «Sieh her, ganz ausgetrocknet und rissig. Ich kann kaum reden, so einen Durst habe ich.»
Schmunzelnd griff der Pater nach der Weinkanne und schenkte dem Antoniter, dem Novizen und sich einen kräftigen Schluck ein.
Als sie getrunken hatten, fragte Pater Nau noch einmal: «Also, was treibt euch zwei Mönche hinein in die sündige Stadt?»
«Eben die Sünde!», erklärte Bruder Göck. «Ich habe nämlich einen wunderbaren Einfall gehabt.»
Der Novize räusperte sich.
«Na gut, der Einfall kommt von ihm, von Alter. Er war, wie schon gesagt, in Italien. Dort hat er in einem Kloster gelernt, wie man Tinte herstellt. Und genau das habe ich vor. Aber im Antoniterhof geht das natürlich nicht. Einige der alten Mönche dort warten nur darauf, zurück ins Mutterkloster gehen zu können. Sie würden mir in die Tinte pissen, wenn sie könnten. Also brauche ich einen geheimen Ort, um mein Tintenexperiment durchführen zu können. Deshalb sind wir hier.»
«Und wie bist du
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