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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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dir das anhören solltest.» Richter Blettners Gesicht war von Besorgnis gezeichnet. «Er redet Unfug. Auch das Alter hat seine Würde.»
    Gustelies fuhr herum. «Mumpitz!», fauchte sie. «Was weißt du schon vom Alter? Recht hat der Mann. Endlich mal einer, der es ausspricht.»
    «Und nicht nur die Alten und Kranken erinnern an die Gestalten aus der Hölle», fuhr der Prediger fort. «Denkt an unsere Landsknechte, die aus dem Kriege heimkehren. Sie schrecken schreiend aus dem Schlaf, träumen auch bei Tag von Schlachtenlärm und Todesschreien. Wenn sie trinken, dann schmecken sie Blut auch noch im köstlichsten Wein.»
    Gustelies wandte sich zu ihrem Schwiegersohn um. «Hörst du, was er sagt? Er hat recht, er hat recht, der Prediger. Denke einmal an den Mann von der Posamentiererin Gundel. Der kam aus dem Türkenkrieg und war verlaust von oben bis unten. Immer hat er sich gekratzt und geschrien, er werde von bösen Tieren aufgefressen. Mit dem Messer hat er sich in Arme und Beine geritzt. Und eines Nachts ist er auf die Gundel losgegangen, hat mit brennenden Fackeln nach ihr geworfen. Um ein Haar wäre das ganze Haus in Flammen aufgegangen. Jetzt hockt er im Irrenhäusel, im Heilig-Geist-Spital, mit gebundenen Händen, und muss gefüttert werden. Oder der Nachbar von der Seifensieder Lilo. Auch der war im Krieg und hat mit ansehen müssen, wie der junge Seifensieder mit einem Krummschwert in Stücke gehauen wurde. Die Sprache hat’s ihm verschlagen seither. Das ist doch tatsächlich die Hölle, oder nicht?»
    Richter Blettner erwiderte nichts darauf. Was sollte er schon sagen? Die Worte des Predigers klangen aufrecht, aber irgendetwas störte ihn an diesem Mann. Wenn er nur wüsste, was das war?
    Ein Weib reckte sich, streckte ihre Brüste nach vorn, winkte mit der Hand. «Küsst Ihr heute wieder?», rief sie mitten in die Worte des Predigers. «Eure Lippen gestern auf meinem Mund. Die haben so gutgetan. Die ganze Kälte der letzten Jahre habt Ihr mir aus dem Leib geküsst.»
    «Ja!», schrie eine andere. «Redet nicht so viel. Mit Worten lässt sich schlecht Liebe machen. Küsst uns, damit wir erlöst werden.»
    Blettner runzelte die Stirn ob dieser losen Worte. Plötzlich fiel ihm etwas ein. Siedend heiß sogar. Etwas, das sofort erledigt werden musste.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 21
    D er Richter packte Gustelies hart am Arm und zerrte sie aus der Menschentraube heraus.
    «Was soll denn das nun wieder?» Gustelies versuchte, sich am Schreiber festzukrallen, doch der schüttelte sie einfach so ab, als wäre sie Taubendreck.
    «Wir müssen zum Friedhof. Jetzt. Sofort und auf der Stelle. Schreiber, du kommst natürlich auch mit. Gustelies, mach bitte kein Aufsehen. Komm einfach nur mit.»
    Widerstrebend ließ sich Gustelies vom Richter in Richtung Friedhof zerren. Ab und an drehte sie sich um und versuchte, noch ein paar weitere Worte des Predigers zu erhaschen. Erst als sie den Römer verlassen hatten und Blettner sie losließ, wagte sie noch einmal zu fragen: «Was ist denn in dich gefahren? Was wollen wir auf dem Friedhof?»
    «Das wirst du sehen, wenn wir dort sind. Gerade eben komme ich übrigens aus dem Hause der Luise Bäckerin. Denke dir nur, was wir dort gefunden haben.»
    Er deutete auf den Schreiber, der seinerseits in die Tasche seines Wamses griff und den Löffel herausholte.
    Gustelies starrte darauf. «Na und? Das ist ein Löffel, mehr nicht. Was ist daran so bedeutend?»
    «Siehst du denn das Wappen nicht? Nicht die Initialen?», drängte Blettner.
    «R und F», las Gustelies mit zusammengekniffenen Augen. «Was soll das bedeuten? Ruhe und Frieden vielleicht? Oder Ruhe in Frieden?»
    «Meine Güte!» Der Richter verdrehte die Augen zum Himmel. «Wir sind noch nicht einmal in der Nähe des Friedhofes, und schon denkst du ans Sterben. R und F heißt Reichsstadt Frankfurt. Und der Löffel ist aus Silber und gehört zum Ratsschatz.»
    «Ach?» Gustelies blieb stehen und riss vor Überraschung die Augen auf. «Und wie kommt ein Löffel aus dem Ratsschatz ins Haus der Bäckerin?»
    «Ich dachte, dir käme da vielleicht etwas in den Sinn», gab Blettner zu.
    Gustelies schüttelte den Kopf. «Ich muss darüber nachdenken. Vielleicht fällt mir etwas ein.»
    «Das hoffe ich», erwiderte Blettner. «Aus der Schatzkammer fehlen nämlich auch einige Teller und Becher und überdies der Prunkkandelaber. Bis zum Hirschessen, hat der Schultheiß verlangt, soll ich die Sachen wiederbeschaffen.»
    «Wir

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