Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
sind in der Hölle. Aber Küsse, die nützen einen feuchten Wind. Vor allem von einem lüsternen Kerl, der Unflat verbreitet, um sich an die jungen Dinger ranzumachen.»
    Der Retter ballte die Fäuste und stieß ein Knurren aus, gefährlich wie ein Wolf. «Sei ruhig!», stieß er hervor. «Kein Wort will ich mehr hören. Du ziehst alles in den Dreck!»
    Das Mädchen dachte nicht daran, Ruhe zu halten. Sie warf den Kopf nach hinten, sodass ihr das struppige Haar um die Ohren flog. «Du kannst mir das Wort nicht verbieten. Ich sage, wer solche Höllenreden hält, ist ein Hohlkopf. Die meisten Männer sind Hohlköpfe. Liebe gibt es nicht. Jemand hat die Liebe erfunden, um die Frauen unter die Haube zu bringen. Wahrscheinlich war’s ein Mann. Einer, wie du es bist. Was wisst ihr schon über die Weiber, he? Nichts. Das sehe ich dir an. Gar nichts.»
    «Halt den Mund!» Dieses Mal schrie der Retter, dass es über die Uferwiesen hallte.
    «Gut», erwiderte das Mädchen, und die Gleichgültigkeit in ihrer Stimme brachte den Retter beinahe noch mehr auf als ihre Worte. «Dann halte ich eben den Mund. Zahlen musst du sowieso. Wer meine Dienste in Anspruch nehmen will, der muss einen gut gespickten Geldbeutel haben.»
    Sie rückte an ihrem Mieder, sodass ihre Brüste im Mondschein schimmerten wie zwei silberne Kugeln. «Na, bekommst du jetzt Lust? Vergeht dir die Wut? Willst du mich anfassen? Tu es nur, es kostet deshalb nicht mehr.»
    Der Retter drehte den Kopf weg. Seine rechte Hand aber hob sich, näherte sich der linken Silberkugel.
    «Komm», lockte das Mädchen. «Fass mich an. Berühre mich. Liebe mich nur diese Nacht lang, dann vergisst du die Gedanken an die Hölle.»
    Im letzten Augenblick zog der Retter die Hand weg. Wütend auf sich selbst brach er einen Zweig von einem Strauch und peitschte sich die Hand, bis sie blutete.
    Das Mädchen lachte wieder. «Hast du Angst, mich zu berühren? Bist du etwa einer von denen, die glauben, im Weibe hocke der Teufel? Denkst du deshalb, dass dies hier die Hölle ist, nur weil ich neben dir stehe?» Sie lachte so laut, dass der Retter sich nur mit Mühe beherrschen konnte. Am liebsten hätte er das Weib geschlagen, mit Ruten geprügelt, ihr das Lachen aus dem Gesicht geklopft, die frechen Augen zugedroschen, die hüpfenden Silberkugeln unter ihrem eigenen Blut versteckt.
    «Ich habe keine Angst vor dir», flüsterte der Retter mit tränenerstickter Stimme. «Vor dir habe ich keine Angst.» Und dann spürte er zu seinem eigenen Entsetzen, dass ihm die Tränen über die Wangen liefen.
    «Warum weinst du denn?», fragte das Mädchen mit dem dreckigen Kleid, und mit einem Mal klang ihre Stimme weich und warm.
    Der Retter antwortete nicht. Er hatte noch immer die Fäuste geballt, die Kiefer aufeinandergepresst und die Augen fest zusammengekniffen.
    Plötzlich spürte er, wie das Mädchen ihn umarmte und leise: «Pscht, pscht. Alles wird gut», raunte. Er fühlte seine Wange auf ihren Brüsten ruhen, er spürte das warme, weiche Fleisch, roch ihren Duft nach Weib und ein wenig nach Wein, wäre am liebsten ganz in ihr versunken, wollte nichts als ewig so bleiben, mit dem Kopf auf den Brüsten eines Weibes. Das Schluchzen schüttelte ihn, brach aus seinem Inneren heraus, die Tränen liefen, die Fäuste öffneten sich, die Finger krallten sich an den weichen Mädchenhüften fest.
    «Warum tust du das?», weinte er wie ein Kind. «Warum tust du das?»
    «Was denn?», flüsterte das Mädchen. «Was tue ich dir denn?»
    «Du löst alles auf, machst alles in mir ganz weich. Das darfst du nicht, das darf niemand. Ich habe so lange gebraucht, damit meine Seele endlich erstarrt und Ruhe gibt, und jetzt kommst du daher und weichst alles auf. Und jeder Schmerz, den ich jemals gespürt habe, ist wieder da.» Mit einem Ruck stieß er sie von sich und starrte sie mit wilden Blicken an. «Warum machst du das? Warum quälst du mich so?»
    Das Mädchen schaute verwundert. «Ich habe doch nichts getan, habe dich nur gehalten und deinen Rücken gestreichelt. Ich will dir nichts Böses. Keinem Menschen will ich etwas Böses. Nur leben will ich. Ein bisschen Geld verdienen, um mir etwas zum Essen und zum Trinken zu kaufen. Ich verlange nicht viel. Nur hin und wieder, wenn mich einer nimmt, vielleicht ein liebes Wort.»
    «Du willst die anderen verderben, willst sie hinabziehen ins Dunkle, dorthin, wo du schon lange bist. Ist es so?»
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. Sie schluckte, sah mit ängstlichen

Weitere Kostenlose Bücher