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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Kannst du lesen?»
    Das Mädchen schüttelte den Kopf.
    «Das macht nichts. Hier sind jedenfalls zwei Buchstaben eingepunzt. Siehst du sie?»
    Das Mädchen nickte.
    «Es ist ein R und ein F. Das R steht für Ruhe und das F für Frieden. Ruhe in Frieden.»
    Das Mädchen erschrak. Mit einem Schlag verlor die Haut ihre Frische und wurde aschfahl, der Glanz in den Augen verblasste. «Ist er tot?», fragte sie und presste eine Hand auf ihre Brust, die sich in schweren Atemstößen hob und senkte.
    «Komm morgen Abend zum Friedhof. Dann erzähle ich dir alles, was du wissen musst.»
    «Zum Friedhof? Am Abend? Da fürchte ich mich.»
    Der Retter schüttelte den Kopf. «Das musst du nicht. Die Toten können dir nichts mehr tun. Außerdem bist du nicht allein dort. Ich werde da sein. Du kommst doch, oder …»
    «Was oder?»
    «Oder liebst den Deinen etwa nicht?»
    Das Mädchen schluckte. «Doch, das tue ich. Und Angst habe ich auch nicht, denn ich kenne Euch ja vom Römerplatz her. Fast jeden Tag war ich da, wenn es zu Angelus geläutet hat.»
    Der Retter trat einen Schritt zurück. «Dann wirst du morgen Abend kommen? Denk daran, der Liebste schickt mich.»
    Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand im hellen Licht des Nachmittags.
    Das Mädchen sah ihm nach, doch dann rief eine Stimme aus dem Haus nach ihr, und sie gehorchte und schloss die Tür.
     
    Richter Blettner stand dem Schultheißen gegenüber, in der Hand eine hölzerne Messlatte.
    «Seid Ihr von Sinnen, Blettner? Warum sollte ich Euch meine Schuhe messen lassen? Bin ich etwa verdächtig? Seid Ihr verrückt geworden?»
    «Nein, Schultheiß, ich bin nicht verrückt. Aber Ihr müsst zugeben, dass Ihr neben mir am Grab gestanden habt. Und demzufolge habt Ihr dort Abdrücke hinterlassen. Ich muss nun Eure Abdrücke kennen, damit ich sie als Täterabdrücke ausschließen kann.»
    Der Schultheiß kniff die Augen zusammen. «Was sind denn das für neue Methoden? Machen das die Evangelischen so? Oder die Welschen hinter den Alpen?»
    Blettner antwortete nicht. Sollte er Krafft von Elckershausen vielleicht erzählen, dass Gustelies auf diese Idee gekommen war? Im Übrigen war sie bestimmt auch nicht neu. Blettner hatte schon einmal gehört, dass auf diese Art im Odenwald ein Täter gefasst worden war.
    «Darf ich jetzt oder nicht?», fragte er.
    «Meinetwegen», knurrte der Schultheiß und hob seinen Fuß. Blettner legte die Messlatte an, nahm Maß und notierte sodann ein paar Zahlen auf einem Blatt.
    «So. Schon fertig. Und jetzt habe ich noch eine Überraschung für Euch.»
    «Was ist es?» Krafft von Elckershausen beugte sich neugierig nach vorn.
    «Ich habe einen Silberlöffel aus dem Ratsschatz gefunden.»
    «Wo denn das?»
    «Ihr werdet es nicht glauben: im Hause der Luise Bäckerin. In einem Mehlsack. Ganz untendrin versteckt.»
    «Bei der Bäckerin? Was macht denn der Löffel bei der Bäckerin? Wie kommt eine Handwerkersgattin zu einem Silberlöffel aus dem Ratsschatz? Könnt Ihr mir das erklären, Richter?»
    Blettner schüttelte den Kopf. «Nein, Schultheiß, das kann ich leider nicht.»
    «Dann geht noch einmal dorthin, verhaftet alle, die in dem Haus wohnen und stellt die Bude auf den Kopf. Wo ein Löffel ist, da werden auch noch die Becher und die Teller zu finden sein.»
    «Verzeiht, Schultheiß, aber wir haben das ganze Haus durchsucht. Da war sonst nichts mehr. Keine Teller, keine Becher, nicht einmal ein Fingerschälchen. Und die Schwiegermutter der Bäckerin war so erstaunt wie wir, als wir den Löffel fanden.»
    «Und nun?», fragte der Schultheiß. «Was gedenkt Ihr zu tun? Ihr wisst, dass die Auffindung des Ratsschatzes Vorrang hat vor allen anderen Ermittlungen?»
    Blettner nickte. «Das weiß ich, und ich arbeite Tag und Nacht an dem Fall. Was aber ist, wenn die Morde mit dem Diebstahl des Schatzes zusammenhängen?»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 24
    D er Retter war wütend. Das Blut floss ihm glühend heiß durch die Adern, die Welt vor seinen Augen wurde rot. Er knirschte mit den Zähnen, mahlte mit den Kiefern aufeinander, bis es weh tat. In seinen Ohren klang dämonisches Gelächter.
    «Was hast du da gesagt?» Seine Stimme klang rau und kratzig.
    Das Mädchen im verdreckten Kleid vor ihm lachte und zeigte dabei ungeniert eine Zahnlücke vorn oben. «Liebe, Liebe!», wiederholte sie und kicherte. «Du redest von der Liebe? Bist wohl jünger als ich. Hast du noch nicht begriffen, dass es die Liebe gar nicht gibt? Es stimmt wohl: Wir

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