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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Gedanken. Was hast du gesagt?»
    «Gefragt habe ich, ob man in der Hölle auch für Dinge bestraft werden kann, die man in der Hölle getan hat.»
    Gustelies schlug auf die Tischplatte und sprang auf. «Das ist es», sagte sie. «Genau das ist es. Dem muss nachgegangen werden.»
    «Wie bitte?» Die Posamentiererin Gundel sah mit großen Augen auf Gustelies, die nun vollkommen in Gedanken versunken die Küche abschritt. Vier Schritte nach vorn bis zum Herd, fünf Schritte von dort zum Fenster, drei nach links zum Küchentisch, von dort zur Vorratskammer und zurück zum Herd.
    «Gustelies? Gustelies!» Gundel gelang es nicht, Gustelies’ Aufmerksamkeit zu wecken, also seufzte sie, erhob sich und verließ die Küche. Ohnehin hatte sie genug erfahren. Der Prediger, der könnte es gewesen sein. Gustelies hatte nicht mit dem Kopf geschüttelt, als sie diese Vermutung vorgetragen hatte. Ein leiser Schauer rann der Posamentiererin über den Rücken, und ein herrliches Gefühl zwischen Faszination und Angst versetzte ihr Blut in Wallung.
    Währenddessen brannte in der Pfarrhausküche beinahe das Weckewerk an. Gustelies war so in Gedanken versunken, dass sie das Malheur erst bemerkte, als schon Rauch aus dem Topf aufstieg. Schnell riss sie den Kessel von der Feuerstelle. Doch gleich stand sie wieder da, starrte vor sich hin und murmelte dabei: «Ich muss nachdenken. Das Aschenkreuz der Buße und Umkehr, das weiße Kleid der Unschuld, die Toten auf dem Gottesacker, die Letzte vor dem Gerechtigkeitsbrunnen. Aschenkreuz, Unschuld, Gottesacker, Gerechtigkeit. Aschenkreuz, Unschuld, Gottesacker, Gere…»
    «Was redest du denn da?» Gustelies hatte nicht bemerkt, dass der Pater zurückgekommen war, Bruder Göck im Schlepptau.
    «Es riecht gut, meine liebe, hochverehrte Gustelies», schleimte der und schielte nach der Weinkanne. «Ihr seid eine begnadete Köchin vor dem Herrn.»
    «Ja ja. Geht in den Keller und holt Euch selbst von dem guten Dellenhofener», erwiderte Gustelies gleichmütig.
    Einen Augenblick lang schaute der Antoniter verdutzt drein, dann schnappte er sich die Kanne und wieselte die Kellertreppe hinab.
    «Sag, Bernhard», fragte Gustelies ihren Bruder. «Kann man in der Hölle für die Dinge, die man dort tut, bestraft werden? Oder werden dort die Untaten belohnt?»
    «Was?» Pater Nau blickte seine Schwester an, als wäre sie mit einem Schlag von allen guten Geistern verlassen.
    «Die Hölle. Wie ist es dort?»
    Pater Nau wischte sich mit einem Schnupftuch den Schweiß von der Stirn und ließ sich auf die Küchenbank fallen. «Wozu, in aller Herrgotts Namen, willst du das wissen?», fragte er. «Hat dir dieser merkwürdige Prediger etwa auch schon den Kopf verdreht?»
    Gustelies lächelte unfroh. «Irgendetwas geht vor in dieser Stadt. Und irgendwie, so schwant mir, hat das alles mit der Hölle zu tun.»
    «Die Hölle?» Bruder Göck tauchte wieder auf und goss seinem Freund und sich selbst die Weinbecher voll. «Was ist mit der Hölle?»
    Der Pater schüttelte den Kopf. «Der Prediger berichtet, das Leben auf Erden sei bereits die Hölle, und nun will meine Schwester auch noch wissen, ob man in der Hölle für schlimme Dinge bestraft oder belohnt werden kann.»
    Bruder Göck zog die Stirn kraus. «In der Hölle kann man nicht belohnt werden, das steht schon einmal fest. Denn wie sollte so eine Belohnung aussehen? Sollte das etwa der Aufstieg in den Himmel sein? Die Abkürzung des Fegefeuers? Nein, das glaube ich nicht. Und wie sollte man jemanden bestrafen, der ohnehin schon die schlimmste aller Strafen abbüßt? Weiß das hier irgendwer? Kommt der dann vielleicht in eine Oberhölle, in der es noch heißer ist? Nein, das klingt mir nicht nach einer theologischen Debatte, sondern nach der Frage eines Milchmädchens.»
    Gustelies schnaufte empört und riss dem Mönch die Weinkanne aus der Hand.
    «Hö! Was soll denn das?», wollte der wissen.
    «Ich habe eine Frage gestellt und verlange eine ordentliche Antwort. Und wenn Ihr mich noch einmal mit einem Milchmädchen gleichsetzt, Mönch, dann gibt es hier ein Donnerwetter, neben dem sich die Glocken von Jericho als liebliches Frühlingsgeläut erweisen.»
    Eingeschüchtert nickte der Antoniter. «Wie war noch einmal die Frage?», wollte er wissen.
    Gustelies streckte die Schultern. «Ich möchte alles erfahren, was es über die Hölle zu berichten gibt. Und zwar jetzt.»
    «Und warum, wenn man fragen darf?», wollte Bruder Göck wissen.
    «Weil die Hölle derzeit in

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