Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand
allerdings hatte sie nicht vergessen, was Pater Nau über ihre Ohren gesagt hatte. «Und wie genau wollt ihr beiden den Glauben retten?»
Pater Nau ließ vergnügt die Beine baumeln. «Ganz einfach: Wir stellen die Tinte her, damit Bruder Göck sie nicht mehr kaufen muss. Das spart seinem Orden Geld, und er wird dafür hier in Frankfurt bleiben können. Ich spare meiner Kirche ebenfalls Geld, weil ich die Tinte ja herstelle. Was übrig bleibt, können wir sogar verkaufen. Und jemand, der der Kirche Geld bringt anstatt Geld kostet, der ist immer gut angeschrieben. Verstehst du, Gustelies, das ist eine Anlage für unsere Zukunft. Wir sind nicht überflüssig, o nein, wir sind wichtig. Und auch die Evangelischen brauchen Tinte.»
«So so!» Gustelies stand auf und füllte die Gießkanne mit Wasser aus der Regentonne. «Und darauf seid ihr ganz alleine gekommen?»
Der Pater nickte. «Natürlich. Ich weiß gar nicht, warum du klingst, als trautest du uns so etwas nicht zu.»
«Oh, mein lieber Bernhard, dir und Bruder Göck traue ich so manches zu. Du willst gar nicht wissen, WAS genau ich euch alles zutraue. Ich wusste nur nicht, dass ihr beiden Kenntnisse auf dem Gebiet der Tintenherstellung habt.»
«Haben wir auch nicht. Aber wir haben jemanden, der sich damit auskennt. Der neue Novize vom Antoniterhof. Das Rezept kennt er wohl aus dem Italienischen. Er hat da hinten den Sud im Fass angesetzt. Bruder Göck und ich haben damit im Grunde gar nichts zu tun.»
Gustelies holte tief Luft, und der Pater duckte sich, als befürchte er ein riesiges Donnerwetter. Aber Gustelies stieß nur geräuschvoll die Luft wieder aus und begann, ihre Beete zu gießen. Erst nach einer ganzen Weile fragte sie: «Kommt Heinz heute Abend zum Essen?»
«Zum Essen? Gibt es denn etwas?» Der Pater war wie ein Schachtelkasper von der Bank gesprungen.
«Ich habe Weckewerk gemacht. Erinnerst du dich noch an unsere Amme, als wir Kinder waren? Sie kam aus dem Nordhessischen und hat dieses Gericht mitgebracht. Na, jedenfalls habe ich gerade das Werk gebrüht.»
«Gut!» Pater Nau streifte sich die Hände an seiner Kutte ab. «Dann gehe ich sogleich hinüber in die Töngesgasse und sage Bruder Göck Bescheid. Und unterwegs hole ich mir einen Laufburschen, der zu Hella und Heinz gehen soll.»
«Vergiss Jutta nicht!», rief ihm Gustelies nach.
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Kapitel 27
S ie hatte die Blumen fertig gegossen, als es an der Küchentür, die zum Garten hinausführte, klopfte.
Die Posamentiererin Gundel kam herein. «Grüß dich Gott, Gevatterin», sagte sie. «Hast du es schon gehört? Man hat eine Tote gefunden. Direkt auf dem Römer. Weißt du mehr?»
Die Augen der Posamentiererin glitzerten vor Neugier. «Nix weiß ich», wehrte Gustelies ab. «Und – bei der heiligen Hildegard – ich weiß auch gar nicht, ob ich darüber überhaupt noch etwas wissen will.»
Gundel schaute verwirrt. «Du? Das mag ich kaum glauben. Es heißt doch, du seist geradezu närrisch nach Verbrechen.»
Gustelies hob die Scheuerbürste. «Wer sagt so etwas?», fragte sie in scharfem Ton.
«Na, alle!» Die Posamentiererin hob die Arme. «Heute habe ich gehört, dass du dich um den Tod der armen Adele Goldschlag bekümmerst. Ein Verhör mit dem Henn sollst du geführt haben, und hernach wäre er mit grauem Gesicht und trüben Augen in die nächste Schenke gekrochen.»
«Ins Wirtshaus?»
«Ja.»
«Und was hat er im Wirtshaus gewollt?»
Gundel kicherte. «Na, was wird ein Mann wohl im Wirtshaus wollen? Trinken natürlich. Aber der Henn, der hat nicht getrunken. Dagehockt soll er haben wie aus Stein gemeißelt. Und immer nur gestarrt. Dem Wirt war angst und bange dabei. Aber er hat es nicht gewagt, den Henn hinauszuwerfen, denn der hatte ja nichts getan.»
Gustelies kniff ein wenig die Augen zusammen. «War das die Schenke, in welche die anderen Goldschläger auch gehen?»
Gundel nickte. «Ja. Deren Zunfthaus liegt ja direkt nebenan. Sag, weißt du, was der Henn im Schilde führt?»
Gustelies schüttelte den Kopf.
«Und seine Adele. Weißt du was über das Mädchen?»
Wieder schüttelte Gustelies den Kopf.
Die Posamentiererin zog einen Schmollmund. «Du weißt ja überhaupt nichts. Und dabei erzählen sich die Leute, dass du das Gespür für ein Verbrechen förmlich im Blute fließen hast.»
«Die Leute reden, wie sie es verstehen. Und zu Neuigkeiten kommt man nur, wenn man selbst welche zu erzählen hat, verstehst du, Posamentiererin? Eine Hand
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