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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Schlag die Tür aufriss. «Richter, wir haben wieder eine Tote.»
    Blettner seufzte und blickte auf. «Friedhof, weißes Kleid, Aschenkreuz und rote Rose?»
    «Ja. Nein. Alles, wie Ihr gesagt habt, aber die Rose ist dieses Mal gelb.»
    Blettner zog die Stirn in Falten. «Eine gelbe Rose, was hat das denn nun wieder zu bedeuten?»
    Der Büttel hob den Zeigefinger. «Ich weiß es. Die gelbe Rose ist das Zeichen der Untreue.»
    «Woher hast du dieses Wissen?», fragte Blettner und fühlte sich mit einem Mal so erschöpft und müde, als wäre er tagelang nicht ins Bett gekommen.
    Der Büttel druckste herum. Schließlich sagte er: «Ich hatte mal eine Liebste. Heiraten wollte ich sie, sie mit roten Rosen überschütten. Zum Schluss habe ich mir den Ring wieder holen müssen und ihr eine gelbe Rose vor die Tür gelegt. Meine alte Nachbarin hatte mir von der Bedeutung erzählt.»
    Blettner nickte. «Sonst noch was?»
    «Ja. Die Tote liegt im Abfallgraben hinter der Friedhofsmauer. Sollen wir den Leichenbeschauer rufen und die Frau zum Henker bringen lassen?»
    Blettner nickte stumm. Jetzt war er es, der sich die Schläfen mit den Fingern massierte.
    «Kommt Ihr auch? Soll ich auf Euch warten?», wollte der Büttel wissen.
    Blettner schüttelte den Kopf. «Ich brauche Ruhe. Ich muss arbeiten. Ich muss nachdenken, das ist es.» Mit einer Handbewegung scheuchte er den Büttel fort und sackte dann regelrecht über seinem Schreibtisch zusammen. Doch er überließ sich nur ein paar Augenblicke seiner Erschöpfung und grenzenlosen Unlust, dann nahm er sich erneut das Papier vor und schrieb oben darauf: «Der Prediger.»
    «Hat der Prediger etwas mit den Morden zu tun?», fragte er sich halblaut. «Was spricht dafür? Was spricht dagegen?»
    Er zog mit dem Federkiel eine senkrechte Linie mitten über das Blatt. «Dafür spricht, dass er in seinen Predigten die Hölle beschwört und die Mädchen ein Aschenkreuz auf der Stirn tragen. Überhaupt ist deren Tod irgendwie religiös, wenn auch nicht auf die Art, die ich kenne. Dann geschehen diese Morde erst, seit der Mann hier ist. Die Frage ist nur, warum er das tun sollte?»
    Blettner stützte den Kopf in die Hände. Er überlegte und überlegte, doch ihm fiel einfach nichts ein. Er nahm ein zweites Blatt und schrieb oben an den Rand: «Was haben die Mädchen gemeinsam?»
    Er notierte das weiße Kleid und die Rose darunter, dann befasste er sich mit dem Familienstand der Frauen.
    Er schrieb den Namen Adele unter die Überschrift. Mit einem Schlag überfiel es ihn siedend heiß. Er hatte die Leiche nie gesehen. Niemand hatte sie gesehen, nur Gustelies. Wenn er jetzt zum Schultheißen ging und ihre Ausgrabung beantragte, dann würde der ihm gehörig die Ohren rubbeln. Blettner seufzte wieder: «Muss ich denn alles allein machen?»
    Dann stand er kurz entschlossen auf und verließ seine Amtsstube. Er steuerte direkt die Geldwechslerbude von Jutta Hinterer an, die sich auf dem Römer befand. Jutta stand mit verschränkten Armen davor und tratschte mit einer Nachbarin.
    «Gott zum Gruße, Heinz. Du kommst mir wie gerufen», erklärte sie bei seinem Anblick und deutete auf die Nachbarin. «Der Büttel ist mit großem Tamtam vorhin zum Friedhof gezogen und hat etwas von ‹eine Leiche bergen› gefaselt. Was ist passiert?»
    Blettner winkte ab. Er wollte sich mit mürrischem Gesicht vorbeischleichen, aber dann überlegte er es sich anders.
    «Der Büttel hat recht, Jutta.»
    Die Geldwechslerin nickte. «Dachte ich es mir doch. Kann sein, dass die Tote Elfrun heißt. Sie ist die Tochter eines Tagelöhners, sehr hübsch.»
    «Ja, und sie trägt die Nase ziemlich hoch», ergänzte die Nachbarin. «Dabei wird sie noch erfahren, wie grausam das Leben ist. Schönheit vergeht nämlich, Tugend aber besteht. Nun, vielleicht wird sie es nun nicht mehr erfahren.»
    «Elfrun?», fragte Blettner. «Was wisst Ihr noch über das Mädchen?»
    Die Nachbarin holte so tief Luft, dass ihr Busen schwoll wie ein Blasebalg. «Toten soll man ja nichts Schlechtes nachsagen, aber die Elfrun, wirklich. Die arme Mutter. Eine Schande war das Kind. Dahinten, gleich neben dem Stadttor haben sie gewohnt. In einer Kate mit schiefen Wänden und Fenstern aus geöltem Papier. Aber sie, Elfrun, sie hat geglaubt, sie wäre was Besseres. Versprochen war sie dem Schildermalersohn. Eine Heirat mit einem Handwerker, das hätte sie sehr aufgewertet. Aber der Schildermaler zog in den Krieg, um Geld zu verdienen für die anspruchsvolle

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