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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Ungeheuerliches», erwiderte Gustelies und presste eine Hand auf ihr Herz.

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Kapitel 18
    A lso, was muss ich noch einmal sagen?» Bruder Göck, angetan mit den Sachen des Richters, zupfte an seinem Beinkleid herum. «Du lieber Himmel, diese Sachen schnüren ja den ganzen Körper ein. Ich komme mir vor wie in einem Verlies aus Tuch.»
    «Wenigstens müsst ihr kein Mieder tragen wie die Weiber», tröstete Blettner.
    «Das Wams kneift unter den Achseln, die Beinkleider kneifen auch, aber an einer Stelle, die ein Christenmensch gar nicht beschreiben kann.»
    «Da könnt Ihr mal sehen, Bruder Göck, wie der Mensch schon zu Lebzeiten hier die Hölle erleiden muss.»
    Bruder Göck beäugte misstrauisch seinen Aufzug. «Also, was muss ich sagen?»
    «Ihr betretet das Frauenhaus, grüßt ordentlich und freundlich wie ein Ehrenmann.»
    «Gelobt sei Jesus Christus?»
    «Hmm. Kennt Ihr einen anderen Gruß? Vielleicht: Ich wünsche euch Mädchen einen wunderschönen Tag?»
    «Das soll ich sagen?» Bruder Göck runzelte die Stirn. «Kein Wort vom Herrn?»
    Blettner seufzte. «Später vielleicht. Am Anfang reicht es, wenn Ihr guten Tag sagt.»
    «Hmm. Und wie weiter?»
    «Ihr schaut Euch die Weiber an. Jede einzelne.»
    «Wie? Dem Teufel frech ins Antlitz blicken?»
    «Nicht in jeder Frau steckt der Satan, Bruder Göck.»
    Der Antoniter wiegte ungläubig den Kopf.
    «Ihr seht sie Euch alle an, dann geht Ihr zu der, die die Älteste zu sein scheint.»
    «Und dann?»
    «Dann fragt Ihr, ob das alle Weiber des Hauses wären. Ihr hättet von einer gehört, die wie eine Nonne geht. Die wolltet Ihr gern kennenlernen. Und dann wird die Frau Euch schon was dazu sagen.»
    «Gut, und dann kann ich wieder gehen, oder?»
    «Na ja, eigentlich schon. Aber die Hurenwirtin wird Euch anbieten, es mit einer anderen zu treiben. Sie wird die Vorzüge jeder Einzelnen preisen. Die eine macht es auf die französische Art, die andere vielleicht von hinten und eine dritte mit dem Mund.»
    «W AS !» Bruder Göck wurde stocksteif, dann schüttelte er sich. «Was redet Ihr da eigentlich? Ich verstehe kein Wort von dem, was Ihr sagt. Warum französisch? Und was soll das mit dem Mund? Spricht die Französin etwa nicht mit dem Mund?»
    Richter Blettner unterdrückte ein Grinsen. «Nicht so direkt, Antoniter, aber das muss Euch nicht kümmern. Sagt einfach, Ihr hättet Euch auf die Nonne gefreut, und nun, da die ja nicht da ist, wäre Euch die Lust abhandengekommen.»
    «Nein!» Bruder Göck hob abwehrend beide Hände. «Das kriege ich niemals über die Lippen.»
    Blettner seufzte. «Dann sagt meinetwegen, dass der Herr Euch keine Freude an solchen Dingen schenkt oder was auch immer Euch einfällt, aber findet heraus, ob und wann die Nonne da war und seit wann sie nicht mehr da ist. Habt Ihr das alles verstanden?»
    Bruder Göck nickte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. «Mein Mund ist ganz trocken.»
    Blettner verstand, goss dem Mönch einen Becher Wein ein, packte ihn dann beim Arm und zog ihn durch die Gassen hinaus zur Vorstadt.
     
    Als Hella die Seifensiederei verließ, fühlte sie sich so niedergeschlagen wie an einem trüben Januartag. Die Sonne schien ihr mit einem Mal schwefelgelb, der Himmel trug die Farbe von Waschküchenschimmel. Am liebsten hätte sie geweint, so trübsinnig war ihr zumute.
    Seit sie schwanger geworden war, litt sie unter diesen Stimmungsschwankungen. Besonders schlimm war es zu Beginn gewesen. An nichts hatte sie sich freuen können, kaum etwas hatte ihr Interesse geweckt. Doch nach dem ersten Drittel war es ihr besser gegangen. Bis heute. Mit geducktem Kopf, ein Schluchzen nur mühsam unterdrückend, schlich sie nach Hause und dachte dabei beständig an die Trostlosigkeit der Seifensiederin und daran, dass diese den Tod der Ihren als so sinnlos empfand. Sie hatte alles verloren. Sohn, Schwiegertochter, Enkelkind. Niemand würde da sein, wenn sie einmal nicht mehr konnte. Keiner würde das Holz für den Ofen holen, niemand ihr das Kreuz mit Kampfer einreiben, und es würde auch keinen geben, der ihren Rat brauchte. Kein Kinderlachen, nichts.
    Hella schluckte und wischte mit den Fäusten über ihre Augen. Als sie endlich ihr Haus erreicht hatte, fühlte sie sich verschwitzt und klebrig, als hätte sie einen Sommertag auf dem Markt verbracht.
    Im Schlafzimmer ließ sie sich auf das Bett fallen, ließ die Schultern und den Kopf hängen, und schon tropften die ersten Tränen auf ihr Kleid. Hella

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