Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
dem Kinn.
    Der Antoniter wich mit angeekeltem Gesicht zurück und packte das Kreuz fester. Ganz heiß wurde ihm plötzlich, sodass er an seinem Wams reißen musste.
    «Oh, du bist ja noch schamhafter, als ich dachte. Eine männliche Jungfrau gar?» Das Weib lachte, und für Bruder Göck klang das Gelächter, als schalle es geradewegs aus der Hölle.
    «Sagt, gute Frau, gibt es noch andere von Eurer … ähm, von Eurer Sorte hier?» Seine Stimme klang dünn und ein wenig zittrig.
    Das Weib lachte noch lauter. «Gute Frau», rief sie ins Haus hinein. «Hier ist einer, der hat mich ‹gute Frau› genannt.»
    «Na, komm, mein Süßer, dann gehen wir mal zusammen rein.»
    Sie nahm Bruder Göck am Oberarm und zerrte ihn in das, was der Mönch bei sich den Sündenpfuhl der Welt nannte.
    Drinnen spähte er vorsichtig durch den Raum und war versucht, auf der Stelle wieder die Augen zu schließen. Überall so viel Haut. Schlimmer als auf den Fleischbänken war das. Bruder Göck sah halbnackte Brüste und Schenkel und Waden und Arme und Hälse. Mehr, als er ertragen konnte. Ihm wurde noch heißer, und er riss an dem Wams, bis es in den Nähten knirschte.
    Eine ältere Frau, die – Gott sei Dank – etwas mehr Kleidung am Leib trug, kam auf ihn zu. «Ihr seid zum ersten Mal bei uns?», fragte sie.
    Bruder Göck nickte.
    «Was habt Ihr für Wünsche?»
    «Ich … ich … habe gehört, dass es hier eine … eine Nonne gibt», stotterte er und spürte, wie ihm die Röte in die Wangen schoss.
    «Eine Nonne wollt Ihr? Seid Ihr im Kloster erzogen worden?»
    Der Antoniter schluckte und nickte.
    «Kommt, setzt Euch!»
    Widerstrebend ließ er sich zu einer Bank ziehen. Den gereichten Weinbecher leerte er in einem Zug.
    «Wie ist das so in einem Kloster?», fragte die Frau, während die Halbnackten gespannt lauschten. «Hattet Ihr Schwierigkeiten mit dem Keuschheitsgelübde?»
    Bruder Göcks Röte vertiefte sich. «Das … das solltet Ihr nicht fragen, gute Frau. Die Erde ist in Frevlerhand, und einzig der Beichtvater darf solche Sachen wissen.»
    Eine der Frauen begann zu kichern, aber die Ältere verbot es ihr mit einer Handbewegung.
    «Ihr habt also noch nie mit einer Frau zu tun gehabt?»
    Bruder Göck saß wie erstarrt. Heinz Blettner hatte ihm nicht erklärt, was er in solch einer Situation tun oder sagen sollte. Seine Blicke huschten verzweifelt durch den Raum. Da sprach die Frau weiter und legte ihm dabei eine Hand auf den Unterarm. Bruder Göck spürte die Wärme wie das Höllenfeuer durch den Ärmel. «Ihr braucht Euch Eurer Tugend nicht zu schämen. Die Tugend ist ein Gut.»
    Wieder kicherte eine der jungen Huren.
    «Ruhe», rief die Ältere, und das Kichern verstummte.
    «Ihr seid ein guter Mann. Es muss keine Nonne sein, die Euch das Lieben lehrt.»
    Jetzt reichte es Bruder Göck. Er fühlte sich so falsch verstanden wie im ganzen Leben noch nicht. Am liebsten hätte er mit dem Fuß aufgestampft, hätte die Sünde lauthals verdammt und wäre aus diesem Haus geflohen. Aber da fiel ihm sein Freund Pater Nau ein, und er riss sich zusammen. Er war ja nicht zum Spaß hier, o nein, er hatte einen Auftrag.
    «Habt Ihr etwa keine, die wie eine Nonne aussieht?», fragte er, und Trotz klang in seiner Stimme. «Allein deshalb bin ich gekommen. Weil es nämlich hieß, hier gäbe es eine solche Frau.»
    Die Ältere seufzte leise. «Früher, ja, da war wirklich eine hier, die ein Nonnenkleid trug. Aber jetzt nicht mehr.»
    «Wo ist sie hin?», wollte Bruder Göck wissen.
    Die Ältere hob die Schultern. «Sie kam, und niemand wusste, woher. Und sie ging, und niemand wusste, wohin. Macht Euch keine Sorgen deshalb. Ihr hättet keine Freude an ihr gehabt, denn sie war schwanger und verschwand, als die Niederkunft bevorstand. Vielleicht lebt sie nun wie eine anständige Frau. Das würde Euch gefallen, nicht wahr, mein Süßer?»
    Es gab nichts, was dem Antoniter im Augenblick gleichgültiger wäre. «Ihr habt hier also keine Nonne?», beharrte er trotzig.
    «Nein, leider nicht. Aber alles andere, was Ihr Euch in Euren kühnsten Träumen noch nicht ausgemalt habt, könnt Ihr hier haben. Die Mädchen würden Euch nach Strich und Faden verwöhnen. Sie würden Euch streicheln und herzen. An Stellen, Süßer, an die Ihr nie gedacht habt. Und hinterher werdet Ihr Euch leicht und glücklich fühlen. Sagt, mögt Ihr eine mit schwarzen Haaren oder lieber eine Blonde? Oder … wollt Ihr gar beide?»
    Bruder Göck sprang auf. «Was zu viel ist, ist zu

Weitere Kostenlose Bücher