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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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daran, wie sie ihm helfen könnte.

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Kapitel 26
    G ustelies betätigte den Türklopfer so energisch, dass das Türblatt zitterte.
    «Ja, ja, ich komme ja schon», ertönte von drinnen die immer ein wenig nörgelnde Stimme von Klärchen Gaube, der guten Haut.
    Gustelies, erhitzt vom eiligen Lauf, riss an ihrem Schal. Schweiß stand auf ihrer Oberlippe und vermischte sich mit dem Nieselregen, der leise vom Himmel rann.
    «Jetzt mach schon!» Gustelies griff wieder nach dem Türklopfer. Im selben Augenblick riss Klärchen Gaube die Tür auf, sodass Gustelies nach vorn stolperte und nur einen Fingerbreit vor den ausladenden Brüsten der guten Haut Halt fand.
    «‹Komm herein› brauche ich ja nicht mehr zu sagen. Du bist ja schon drin», stellte die gute Haut fest.
    Gustelies bedachte sie mit einem eisigen Blick und stürmte in die Küche.
    «Was soll denn das?», rief die Gaube ihr nach und eilte hinterher. Aber Gustelies hatte bereits die Tür zur Vorratskammer geöffnet, spähte in Töpfe und Kannen, stöberte in Körben und beschnüffelte Kräuterbündel.
    Die gute Haut hatte die Fäuste in die Hüften gestützt und fragte: «Was fällt dir eigentlich ein? Was schnüffelst du in meinem Haus herum? Hör gefälligst damit auf!»
    Gustelies fuhr herum und hielt einen Steinguttopf hoch. «Ha! Wusste ich es doch!»
    «Was wusstest du?»
    «Lattwerch. Nach dem Rezept der Antoniter aus Grünberg. Oder sollte ich lieber Blutaufstrich dazu sagen?»
    Die gute Haut wich zurück. «Was ich in meiner Kammer habe, geht niemanden etwas an.»
    Gustelies, noch immer das Töpfchen wie eine Waffe schwenkend, trat auf Klärchen zu. «Das hast du dir so gedacht, meine Liebe. Aber auf diese Art und Weise wirst du nie wieder einen Kuchenwettbewerb gewinnen. Das ist Betrug.»
    Die gute Haut zuckte mit den Achseln. «Betrug? Wieso Betrug? Steht irgendwo geschrieben, dass der Mensch nicht mit Lattwerch backen darf? Hat dein Schwiegersohn eine solche Verordnung herausgegeben?»
    Es gab keine derartige Verordnung, das wusste Gustelies ganz genau. «Es geht nicht um Vorschriften, meine Liebe», erklärte sie mit erhobenem Zeigefinger. «Es geht um Moral und Anstand. Dafür sind keine Verordnungen nötig. Ein Mensch hat eine Moral und einen Anstand oder eben nicht. Und du hast weder das eine noch das andere.»
    «Aha!» Klärchen Gaube ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, doch Gustelies erkannte, dass sich ihre Wangen gerötet hatten und sie den Oberkörper angriffslustig vorgebeugt hatte. «Und was willst du jetzt tun?», fragte sie hämisch. «Mich vor einen Moralapostel zerren? Mich eines Verbrechens gegen den Anstand bezichtigen? Ich lache mich tot.»
    Sie richtete sich wieder auf, warf den Kopf in den Nacken und machte vor, wie sie sich totlachen wollte, bevor sie sagte: «Meine liebe Gustelies, du kannst machen, was immer du willst. Den ersten Preis beim letzten Kuchenwettbewerb kannst du mir nicht mehr streitig machen. Hörst du? Du wirst dich damit abfinden müssen, die Zweite zu sein.»
    Gustelies blieb ganz ruhig. «Pfft», machte sie und blies sich eine Haarsträhne aus der Stirn, die sich unter der Haube hervorgestohlen hatte. «Als ob ich nichts anderes im Kopf hätte als einen Kuchenwettbewerb. Freu du dich nur an deinem Sieg, solange du noch kannst. Hier geht es um wichtigere Dinge. Zunächst interessiert mich nur, woher du die Blutlattwerch hast?»
    «Das geht dich einen Dreck an!», keifte die gute Haut. «Und woher willst du überhaupt wissen, dass das da Blutlattwerch ist?»
    Jetzt konnte sich Gustelies ein hämisches Lächeln nicht verkneifen. «Du selbst hast mich draufgebracht. Erinnerst du dich? Du warst es doch, die mich vor allen Leuten auf dem Markt beschuldigt hat, mit ‹gewagten› Zutaten zu backen!»
    Die Gaube schniefte. «Na und? Was beweist das?»
    «Zunächst nur, dass du mit Menschenblut kochst!» Gustelies schwenkte das Töpfchen.
    «Das macht jeder Zweite.»
    «Stimmt. Und es schert mich eigentlich auch gar nicht. Nur höchstens so viel, dass ich von deinem Kuchen nie wieder ein Stück probieren werde. Ich sagte es schon: Ich möchte jetzt wissen, woher du die Lattwerch oder das Menschenblut dafür hast.»
    «Und ich sagte dir schon, dass dich das einen feuchten Kehricht angeht.»
    Klärchen sprang mit einem Mal einen Schritt nach vorn und wollte Gustelies das Tontöpfchen entreißen, aber Gustelies war schneller und verbarg es hinter ihrem Rücken.
    «Gib es her», zeterte die gute

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