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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Haut. «Was du machst, nennt man Diebstahl. Ich werde dich höchstselbst bei deinem Schwiegersohn anzeigen!»
    Gustelies zuckte mit den Achseln. «Dann können wir ja gemeinsam zum Malefizamt gehen. Ich habe nämlich vor, dieses Töpfchen dort abzugeben. Sollen die Büttel herausfinden, woher du das Zeug hast.»
    Mit einem Mal wurde Klärchen Gaube freundlich. «Jetzt mal langsam, meine liebe Gustelies. Setz dich. Möchtest du etwas trinken?»
    «Nein. Danke.»
    «Sieh doch mal. Es sind schwierige Zeiten. Wir haben alle unser Päckchen zu tragen. Dein Pater sitzt im Verlies. Ich habe gehört, dass er ganz elend ist. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was aus dir werden soll, wenn er einmal nicht mehr ist? Wo willst du dann leben?»
    Gustelies setzte sich und zog die Augenbrauen zusammen. «Was hat das mit der Blutlattwerch zu tun?»
    Klärchen sah Gustelies direkt in die Augen. «Wir alle haben unsere Last», sagte sie leise. «Wir alle müssen sehen, wie wir durchs Leben kommen. Das ist nicht immer leicht. Besonders für Witwen nicht. Von irgendwas muss ich Brot und Schmalz kaufen. Mit irgendwas muss ich heizen.»
    «Heißt das, du kochst die Lattwerch und verkaufst sie dann?»
    Das Klärchen nickte.
    «An wen?»
    «Ob du es mir glaubst oder nicht, ich habe keine Ahnung. Manchmal liegt am Morgen ein Zettel unter meiner Tür, den jemand wohl in der Nacht durchgeschoben hat. Darauf steht, bis wann ich wie viel Lattwerch zu kochen habe. Und das tue ich dann auch.»
    «Und du bekommst Geld dafür, für das du dir Brennholz kaufst?»
    Klärchen Gaube nickte.
    «Und das Blut?»
    Die Gaube schluckte. «Ich mag es gar nicht sagen, aber immer, wenn ich einen Zettel unter der Tür bekomme, finde ich im heimlichen Gemach, das bei mir im Hof ist, eine Milchkanne voller Blut. Einmal war es noch warm.»
    «Im stillen Gemach? Auf dem Örtchen?»
    Die gute Haut nickte.
    Gustelies dachte darüber nach, ob sie die gute Haut vielleicht falsch eingeschätzt hatte. Und recht hatte sie allemal. Für eine kinderlose Witwe, deren Mann ihr kein Vermögen hinterlassen hatte, war das Leben schwer. Sehr schwer sogar. Beinahe hatte sie Mitleid mit der guten Haut, die so ganz allein war und sich das Leben jeden Tag neu erobern musste.
    «Aber Blut …», sagte sie laut. «Menschenblut. Hast du dich nie gefragt, wofür das gebraucht wird? Woher das kommt?»
    Die Gaube schaute schuldbewusst drein. «Ich wollt’s gar nicht wissen. Unwissenheit kann ein Segen sein. Außerdem: Was nützt es, wenn ich weiß, woher es kommt und wohin es geht? Ich brauche Brennholz im Winter und Brot auf dem Tisch.»
    Gustelies nickte. «Ich verstehe dich», erklärte sie. «Aber das Töpfchen muss ich mitnehmen. Es geht hier um Mord. Wahrscheinlich hat deine Lattwerch mit all dem gar nichts zu tun. Aber wenn doch, so muss der Schuldige gefunden werden.»
    «Und was passiert mit mir?» Klärchen Gaube sah in diesem Augenblick sehr klein und schmal und ängstlich aus.
    Gustelies biss sich auf die Lippe. «Vielleicht können wir es so machen: Du sagst mir ganz genau, was du weißt, sodass eine Befragung durch den Richter unnötig ist. Und ich versuche dafür, deinen Namen aus dem Spiel zu halten.»
    «Das würdest du tun?» In Klärchens Augen glitzerten Tränen. «Obwohl ich dir den ersten Preis beim Kuchenwettbewerb abgejagt habe?»
    Gustelies schloss die Augen. Der Kuchenwettbewerb hatte sie hart getroffen. Ewige Feindschaft hatte sie danach der guten Haut geschworen. Andererseits war Klärchen Witwe wie sie selbst. Und kinderlos dazu. Nächstenliebe, das war ein Hauptgebot der Bibel.
    «Ich werde schweigen, solange es geht», versprach sie schließlich. «Und du, gib gut auf dich Acht. Sag, hast du je gesehen, wer die Zettel und die Kanne bringt?»
    Die gute Haut sah auf die Tischplatte. «Einmal», begann sie stockend, «habe ich am Fenster gestanden. Ein Mensch, gehüllt in einen schwarzen Umhang mit großer Kapuze, brachte die Sachen. Ich weiß nicht, ob es eine Frau oder ein Mann war. Kurz darauf bekam ich wieder einen Zettel. Wenn ich noch einmal am Fenster lauern würde, dann suche man sich jemanden anders für die Lattwerch, stand darauf. Seitdem habe ich nie mehr geschaut.»
    «Hast du die Zettel noch?»
    Die Gaube schüttelte den Kopf. «Ich soll sie sofort verbrennen.»
    «Das dachte ich mir.» Gustelies nickte und erhob sich. «Wenn der nächste Zettel kommt, so heb ihn auf. Versprich mir das.»
    «Ja. Das tue ich.»
    «Und an der Milchkanne? War

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