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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Kräften zu bleiben. Gustelies hatte damals ihrem Mann erklärt, dass eine gute Hühnersuppe sicherlich besser für den Mann gewesen wäre, und Richter Kurzweg hatte gelacht und sich für den nächsten Tag eine solche Hühnersuppe gewünscht. Und als er dann mit Herzschmerzen zu Bette lag, da hatte der Medicus Gustelies dazu geraten, sich ein pulverisiertes menschliches Herz zu beschaffen, um das kranke Herz des Gatten zu stärken. «Jeden Morgen ein Löffelchen voll. Und am Abend dasselbe», hatte er erklärt, aber Gustelies war bei ihrer Hühnersuppe geblieben und hatte dem geliebten Ehemann am Abend lieber ein rohes Eigelb und einen Löffel Honig in den Wein geschlagen.
    Und sie selbst hatte bei Mutter Dollhaus in einer Truhe schon einen Totenschädel gesehen. «Daraus trinke ich Lindenblütensud», hatte Mutter Dollhaus unbekümmert erklärt. «Wenn ich krank bin, verstärkt der Totenschädel die Wirkung der Kräuter. Und wenn es ganz schlimm kommt, dann kratze ich sogar das Moos vom Schädel und gebe es zusätzlich zu den Lindenblüten.» Auf Gustelies’ Einwand winkte sie nur ab. «In der Bibel kann nicht alles stehen. Sie ist zwar Gottes Wort, aber am Ende auch nur ein Buch. Oder habt Ihr darin schon mal gelesen, wie man kleine Kinder macht?»
    Gustelies war rot geworden, und Mutter Dollhaus hatte gekichert und sich über die Brust gerieben.
    Aber jetzt, seitdem dieser Luther-Mönch die neue Religion ausgerufen hatte, nahm das Ganze teuflische Züge an. Das war jedenfalls Gustelies’ Meinung. Es sollte in Sachsenhausen einen neugläubigen Pfarrer gegeben haben, der zum Abendmahl statt Hostien und Wein wahrhaftig Menschenblut und Leichenteile gereicht hatte, um damit Jesus näherzukommen. Zum Glück hatte der Rat diesen Unsinn unterbunden, aber niemand wusste so ganz genau, ob der Pfarrer sein gruseliges Abendmahl nicht doch weiter abhielt. Vom Rat jedenfalls war noch keiner dort gewesen, um mit eigener Zunge die Abendmahlsspeise und das Getränk zu kosten.
    Nehme ich der guten Haut nun alles, was sie hat?, fragte sich Gustelies. Sie wusste, dass sie den Unfug mit den Leichenteilen nicht unterbinden konnte, so gern sie es auch täte. Hatte sie also das Recht, sich da einzumischen?
    Ja, beschloss sie beim nächsten Schritt. Es geht hier nämlich nicht um das Fett, das Fleisch und das Blut der Gehenkten, sondern um junge, schwangere Frauen. Denn dass das frische Blut mit den rätselhaften Todesfällen in Verbindung stand, lag für Gustelies auf der Hand.
    Mit diesem Beschluss kam ihre Entschlossenheit zurück. Gustelies zog den Umhang fester um sich, packte den Weidenkorb und eilte nun energischen Schrittes die Neue Kräme hinab und steuerte direkt auf das Malefizamt, welches sich im Römer befand, zu.
    Dort angekommen, stieß sie auf dem Gang vor Heinz’ Amtsstube beinahe mit einer anderen Frau zusammen.
    «Jetzt pass doch auf, wo du hintrittst», schimpfte Gustelies. «Man könnte ja meinen, du hättest einen jungen Stier unter deinem Kittel.»
    Das Weib im Magdkittel lachte. «Da bin ich ja gespannt, wie es aussieht, wenn du den jungen Stier bald in der Wiege schaukelst, Mutter.»
    Gustelies fuhr herum und betrachtete das Weib. «Du?», fragte sie entsetzt und zupfte an dem Kittel, der wie ein nasser Sack an Hella klebte.
    «Ja, ich.»
    «Wie siehst du denn aus, um des Herrgotts willen?», fragte Gustelies.
    Hella zuckte mit den Achseln. «Was soll ich machen? Mein Bauch ist mittlerweile so dick, dass ich in keines meiner Kleider mehr passe.» Sie lachte. «Vielleicht hast du sogar recht, vielleicht bekomme ich eher einen kleinen Stier als einen Säugling.»
    Gustelies runzelte die Stirn. «Also, ich habe bis zum Schluss in mein Kleid gepasst», stellte sie fest. «Aber wie dem auch sei, du läufst mir nicht länger als Magd herum. Gleich nachher kommst du mit zu mir. Du wirst eines meiner Kleider tragen.» Sie legte eine Hand auf Hellas schwangeren Bauch. «Hmmm, oder eines von Jutta Hinterer. Ich glaube, sie hat doch etwas mehr Speck auf den Hüften als ich. Wir werden zu ihr gehen, sobald wir hier fertig sind.»
    «Warum bist du eigentlich hier, Mutter?», fragte Hella.
    Gustelies schwenkte ihren Korb. «Weil ich wichtige Neuigkeiten für deinen Mann habe. Und du? Was treibst du hier? Solltest du nicht lieber zu Hause sitzen und kleine Mützchen stricken?»
    Das Lächeln verschwand von Hellas Gesicht. Wieder glitzerten Tränen in ihren Augen. «Ich war bei Pater Nau», schluchzte sie. «Oh, es geht ihm

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