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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lauf um die Sonne zu unternehmen.
    Morotzkij hatte geweissagt: Wir werden in dieser Verlorenheit wahnsinnig werden … das Gegenteil war der Fall. Die Zeit war zu kurz für all das, was man an einem Tag erledigen wollte, solange diese herrliche kalte Sonne schien, der Himmel azurblau leuchtete und der Fluß gefroren war, belebt mit einer solchen Fülle freßgieriger Fische, daß Putkin und Andreas ihre Angelschnüre gar nicht so schnell wieder präparieren konnten, wie sie anbissen.
    So gab es ein abwechslungsreiches, fettes Essen … mal Braten und Gulasch aus Schneehasen oder Hühnern, mal Bratfisch oder gekochten Lachs, daß einem das Fett aus den Mundwinkeln tropfte. Nadeshna kochte mit einer Hingabe, wie sie überhaupt alles, was sie einmal übernommen hatte, mit einem übersteigerten Idealismus tat … früher ihre Schule und die heimliche Verteilung von Bibeln, jetzt das Braten und Brutzeln und ihre geradezu verrückte und selbstzerstörerische Liebe zu Putkin.
    Igor Fillipowitsch baute an seinem Haus, als wolle er ein Wettrennen gewinnen. Das Dach wurde gedeckt, wobei ihm Andreas half, alles lief jetzt von der Hand wie in einer richtigen Schreinerei, nachdem die Werkzeugkiste im Flugzeug ihnen Hobel, einen Bohrer und mehrere Hammer beschert hatte. »In zehn Tagen ziehe ich ein!« sagte Putkin an einem Nachmittag, als sie das letzte Dachbrett gedeckt hatten. Sie saßen oben auf dem vorderen Tragbalken und schauten über den Fluß. »Wie weit ist Semjon Pawlowitsch mit seiner idiotischen Maruta?«
    »Er hat sie gestern zum erstenmal geritten.« Andreas lachte. »Sie sprang herum wie ein Ziegenbock, aber Morotzkij blieb oben, das ist wie ein Wunder.«
    »Er wird sich mit einigen seiner spitzen Knochen in sie eingegraben haben.« Putkin griff in die Tasche und holte eine kleine Blechflasche hervor. Als er sie öffnete, roch es nach Wodka. »Nichts Katja sagen«, brummte er. »Nadeshna hat ihn mir heimlich gegeben …«
    »Was ist mit dir und Nadeshna?«
    »Was soll sein? Wir hassen uns wie zwei räudige Hunde.«
    »Keine dummen Reden, Igor. Wir sind nicht blind.«
    Putkin trank einen langen Schluck und hielt dann Andreas die Blechflasche hin. »Sauf und halt's Maul –«, sagte er dabei.
    »Ich habe dich bisher nie als einen Feigling gesehen, Putkin. Aber jetzt läufst du weg wie ein Klatschmaul, hinter dem die Beleidigten her sind mit Stöcken und Steinen.«
    »Sieh an, sieh an, wie er schon russisch denken kann.« Putkin riß Andreas die Flasche aus der Hand und trank sie leer. Sein dicker Kehlkopf zuckte auf und ab wie eine Pumpe. »Was sagt Katja Alexandrowna?«
    »Nichts«, log Andreas. »Sie hört nur noch nach innen … unser Kind …«
    Putkin sah Andreas groß an. Es ist der andere Putkin, dachte Andreas. Der Riese mit dem Buttergemüt. Das Kind in einem Mammutkörper. Jetzt hat er Augen wie ein Schaf, dem man eine Handvoll Blumen hinhält.
    »Ich will's dir sagen, Söhnchen –«, sagte Putkin plötzlich. »Ja, ich liebe Nadeshna.«
    »Und Morotzkij?«
    »Warten wir's ab.«
    »Und sie?«
    »Ein herrliches Teufelchen im Körper eines Engels. Sie liebt mich auch. Glotz mich nicht an wie ein toter Hering … ist es so unmöglich, daß mich ein Weib lieben kann?«
    »Das ist es nicht, Igor Fillipowitsch.«
    Andreas nahm die leere Blechflasche, setzte sie an die Lippen und ergatterte so noch ein paar Tropfen Wodka. »Aber wie soll es weitergehen?«
    »Wenn ich Millionär bin, werde ich Nadeshna heiraten. Was sonst?«
    »Ganz offiziell?«
    »Ganz offiziell.«
    »Vor einem Standesbeamten?«
    »Meinst du vor einem Hufschmied, du Idiot?«
    »Und die Kirche?«
    »Was für eine Kirche?« Putkins Blick verfinsterte sich.
    »Nadeshna wird auf einer kirchlichen Hochzeit bestehen. Mit Brautkleid und Schleier, in Weiß. Und der Pope wird beten, und ein Kirchenchor wird singen, und du mußt dich niederknien und wirst gesegnet mit dem Kreuz.«
    Putkin starrte über den Fluß. Sein von Haaren überwuchertes Gesicht zeigte keine Regung. »Na und?« sagte er endlich.
    »Igor Fillipowitsch!«
    »Igor Fillipowitsch! Igor Fillipowitsch! Was soll's? Ich knie hin, und der Pope soll das Kreuz über mich schwingen.«
    »Ohne getauft zu sein?«
    »Was bist du doch für ein einfältiger Mensch –«, sagte Putkin ruhig. »Wozu ist Nadeshna Lehrerin, he? Kann sie mir keinen Religionsunterricht geben? Bin ich dümmer als ihre Schulkinder? Es ist unergiebig, mit dir zu diskutieren.«
    Er kletterte vom Dach und ließ einen lachenden

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