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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Denken zu geraten und Nadeshna nachzujammern.
    Der Fluß war breit mit einer herrlichen kräftigen Strömung. Der Wald stand satt unter der Sonne, die Birkenknospen brachen auf, auf dem Moor blühten Moose und Beeren, Putkin entdeckte Sträucher von wilden Himbeeren, Kronsbeeren, Multebeeren, Schellbeeren und kleinen Erdbeeren. Er verfolgte Bienenschwärme und fand ihre Stöcke in hohlen, verfaulenden Baumstämmen. An seichten Stellen wuchs Kalmus, dessen Wurzeln man kandieren konnte, wenn man Zucker hatte, und den hatte man, wenn man den Honig aus den Waben schleuderte.
    »Ein Paradies!« sagte Putkin immer wieder. »Andrej, das ist mein Rußland. Ein hartes Land, aber es pflegt die, die es lieben, wie die zärtlichste Mutter. Was wollen wir mehr, he? Fleisch aus dem Wald, Fische aus dem Fluß, Beeren, Wurzeln, Kartoffeln und Gemüse aus der Erde, Gold aus dem Sand und Geröll … und um uns herum die absolute Freiheit und den herrlichsten Himmel der Welt über uns! Willst du wirklich noch nach Deutschland?«
    »Es wird an Katja liegen«, sagte Andreas und beobachtete die Susskaja. Ihr Leib war unförmig geworden, selbst der erweiterte Rock zwängte sie ein. So ging sie jetzt immer mit offenem Bund oder oft auch ohne Rock, stolz die Frucht in ihrem Leib der Sonne hinhaltend. »Ich habe Angst vor der Geburt, Igor.«
    »Und sie?«
    »Sie spricht nicht darüber. Aber sie putzt ihre chirurgischen Bestecke wie nie zuvor. Hast du schon eine Geburt gesehen, Igor?«
    »Mehrere. Bei Kühen und Schweinen.«
    »Katja ist weder eine Kuh noch ein Schwein.«
    »Es ist erstaunlich, wie ein so dämlicher Mensch ein Ingenieur sein kann. Ist es im Grunde nicht das gleiche, he? Nehmen sie nicht den gleichen Weg, ob Kalb oder Mensch? Haben beide nicht eine Nabelschnur? Was soll bei Katja komplizierter sein als bei einer Kuh –«
    Die Arbeit … sie ließ auch diese Sorge im Augenblick vergessen. Andreas hatte die Flugzeugschwimmer fertig, Putkin setzte seine Goldwaschmaschine in Gang, indem er über ein hölzernes Rutschensystem Wasser von einem kleinen Wasserfall ableitete, der sich nach der Schneeschmelze bei den Felsen gebildet hatte. Es strömte gurgelnd heran und wusch das Geröll, das Putkin in verschiedene hölzerne Becken schaufelte, schwemmte es in primitive Siebe aus Holzböden, in die Putkin mit unendlicher Geduld Loch neben Loch gehauen hatte.
    Als diese Maschine zum erstenmal klapperte und zitterte, und das Wasser heranrauschte, umarmte Putkin stumm Andreas und drückte ihn an seine Brust. »Was wäre die Welt ohne menschlichen Geist«, sagte er gerührt. »Zugegeben, der feine Goldsand geht verloren, aber wir haben auch genug an den Körnern, die hängenbleiben.«
    Drei Wochen nach Morotzkijs Wegritt ließen sie das Flugzeug an einer seichten Flußstelle zu Wasser.
    Es schwamm. Die Schwimmer trugen es, und wenn es auch etwas schief im Wasser lag, man konnte wagen, mit ihm zu starten. Fröhlich schaukelte die Maschine in der schwachen Strömung, mit vier Lederseilen festgehalten. Von der Hütte klatschte Katja Beifall. Sie hatte wieder keinen Rock an und aus dieser Entfernung sah man von ihr nur die im Wind wehenden schwarzen Haare und die Kugel ihres Leibes.
    »Theoretisch sind wir gerettet«, sagte Putkin, nachdem sie im Wasser um das Flugzeug herumgetanzt waren. Sie lachten wie die Verblödeten, stießen sich mit den Fäusten in die Rippen und faßten sich an den Händen wie Kinder, die Ringelreihen spielen. »Motor an, Propeller rrrrr und hinauf in den Himmel!« schrie Putkin euphorisch. »Und dann … und dann …« Er glotzte Andreas an und brach mit seinem Geheul abrupt ab. »Ja, Söhnchen, wohin? Ich kann doch nicht mit nach Deutschland.«
    »Warum nicht, Igor Fillipowitsch?«
    »Wie kann man so blöde Fragen stellen? Mit dem Treibstoff kommen wir nicht einmal bis zur Grenze. Ha, nicht mal bis Irkutsk! Wo sind wir denn hier? Wo hat uns der verkindischte Makar in den Wald gesetzt? Deutschland! Warum sagst du nicht: zum Mond?«
    »Wir werden uns in der nächsten Siedlung melden und ganz legal ausreisen.«
    »Mit dem Gold, was? Das lassen sie dir, glaubst du? Und Katja Alexandrowna lassen sie auch so einfach mitgehen? Gut, gut, werden sie sagen. Zwei liebende Täubchen – fliegt nur dahin, wo ihr hinwollt. Winke, winke … Weißt du, was Katja ist? Eine sowjetische Beamtin! Eine Militärärztin, abgestellt für den Zivildienst. Im Range eines Kapitäns! Und sie werden fragen: Wo ist General Serikow? Wie kommen Sie,

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