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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geworden … nur noch heißer Rauch, rötlicher Nebel wallte über die sterbende Taiga.
    Putkin starrte hinüber zu den Häusern. Andreas' Hütte war zusammengefallen, Putkins mächtiger dicker ›Kreml‹ stand noch, ein gewaltiger Scheiterhaufen, aus dem prasselnd die Flammen schlugen. Ab und zu knallte es laut, wie eine kleine Explosion … dann verzog Putkin das Gesicht und schlug ein Kreuz.
    Serikows Schnapsflaschen. Der gute Wodka. Er war es wert, daß man sich bekreuzigte. So sparsam war man mit ihm gewesen, hatte sich immer nur ein Schlückchen gegönnt. Der Teufel hole die Mäßigung, da hat man es wieder!
    Plötzlich hob Putkin den Kopf und lauschte. Ein fremder Laut hatte sich in das Prasseln des Feuers und das Rauschen des Flusses gemischt. Ein merkwürdiger, durchdringender, alle Töne des Unterganges übertönender Schrei. Auch Andreas und die Susskaja hatten ihn gehört und drehten die Köpfe zum Ufer.
    Da war er wieder. Langgezogen, klagend, erschütternd, wie aus einer verbeulten, verrosteten Trompete. Putkin begann unruhig zu werden und löste sich von dem Stein und dem linken Flugzeugschwimmer. Und plötzlich begriff er, was es war, fuhr es ihm in die Knochen wie ein feuriger Strahl und ließ seinen Mund qualvoll aufreißen.
    »Maruta!« schrie er Andreas zu. »Maruta! Wir haben Maruta vergessen! Sie verbrennt! Maruta verbrennt …«
    Er stieß sich ab und warf sich in den Fluß. Ebenso flink schnellte sich Andreas vorwärts, während die Susskaja wieder nach Amalja griff und das Bündel auf dem Stein festhielt.
    »Zurück, Igor!« brüllte Andreas. »Du bist ja wahnsinnig! Du kannst doch jetzt nicht mehr an Land! Igor!«
    Er erreichte Putkin, bevor er die schützenden Steine verließ und in den freien Strom schwimmen konnte. Mit beiden Händen klammerte er sich an ihm fest und wollte ihn hindern, weiterzuschwimmen.
    Putkin wandte den Kopf. Er sah schrecklich aus, ein Gesicht, von der Verzweiflung zerstört. »Laß mich los, du Idiot!« keuchte er. »Laß mich los! Maruta verbrennt!«
    »Du kannst doch nicht wegen einer Elchkuh in die Flammen zurück!«
    »Laß mich los, sag ich! Was verstehst du davon? Es ist Nadeshna … es ist das Letzte, was ich von Nadeshna habe. Auf Maruta ist sie geritten … auf Maruta haben sie sie erschossen! Nadeshnas Blut klebt in ihrem Fell. Nadeshnas heiliges Blut! Laß mich los!«
    »Zurück, Igor!« brüllte Andreas noch einmal. Er versuchte, sich auf Putkins breiten Rücken zu werfen und ihn damit unter Wasser zu drücken. Aber der Riese erkannte diese Absicht. Er warf sich im Wasser herum, hob die Faust und schlug sie Andreas gegen die Stirn. Es war kein voller Schlag, denn der hätte Andreas getötet, ein Schlag von Putkin beulte Baumstämme ein … so aber genügte er, daß Andreas losließ, halb betäubt in der schäumenden Strömung trieb und unfähig war, Putkin weiter festzuhalten. Er konnte sich nur noch an einen der dicken Steine treiben lassen und zwängte sich in einen Spalt, wo er wieder Grund fand und sich an die Felsen pressen konnte. Alles um ihn herum drehte sich, der flammende Wald und der gurgelnde Fluß zerflossen zu einer Einheit, zu einem rötlich milchigen Brei, durch den ganz fern Katjas entsetzte Stimme tönte.
    »Andrej! Halt dich fest! Halt dich fest! Igor! Bleib hier! Bleib hier! Igor –«
    Wohl noch nie hat ein Mensch mit so kräftigen Armschlägen einen Fluß durchschwommen wie Igor Fillipowitsch Putkin den sibirischen Tjung. Er warf sich mit aller verzweifelten Angst um Maruta gegen den Strom, tauchte weg, schoß wie ein riesiger Fisch vorwärts und kletterte am Ufer an Land, kroch auf Händen und Knien vorwärts, nach Atem schöpfend und doch nur die glühheiße Luft einsaugend, taumelte dann an dem lodernden Aschenhaufen von Andreas' Hütte vorbei und sah Maruta in ihrem Pferch hin und her rennen. Das Feuer hatte sich über den Boden vorwärtsgefressen, züngelte über das trockene Gras und die harten Schilfbüschel wie an einer Lunte entlang, hatte die Stämme des Pferches bereits erfaßt und wie Fackeln entzündet. In diesem Feuerkreis irrte Maruta herum, den Kopf in den Nacken gebogen, mit hervorquellenden Augen und schrie … schrie … schrie ihre schauerliche Todesangst heraus.
    Putkin schwankte weiter. Er spürte nicht, daß unter seinen Füßen das Gras brannte, daß er mit nackten Sohlen durch das Feuer ging … er sah und hörte nur Maruta und dachte: Nadeshna ruft! Sie verbrennt! Meine Nadeshna! Die einzige Liebe, die ich

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