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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gewöhnt, auch ohne Reiter nicht ausbrechend aus dem Kollektiv.
    Aus der Tür schossen jetzt auch Andreas und die Susskaja, aber der Wirbelsturm aus Pferden und Reitern war so erdrückend, daß sie nur ziellos in die Gegend schießen konnten, allein nur von dem Gefühl erfüllt, nicht kampflos unterzugehen.
    Putkin verstreute seine Hölleneier wie ein Sämann die Saat. Er warf die Handgranaten mit großem Schwung um das Haus herum, kroch, die Bank als Deckung vor sich herschiebend, von einer Seite zur anderen, riß die brennenden Fackeln von den Wänden und schleuderte sie weg, reichte Katja seine Pistole ins Haus und brüllte: »Nachladen! Schnell, schnell!« und gab erst diesen sinnlosen Kampf auf, als er seinen schönen, großen, mit so viel Schweiß gebauten ›Kreml‹ brennen sah und die Feuerlohen aus dem Dach schlugen. Am Fluß züngelten die Flammen an der Goldwaschmaschine empor. Statt Wasser hüpften jetzt Flämmchen die Rinnen hinauf und fraßen sich in dem trockenen Holz der Gestänge weiter. Auch die Außenwände von Andreas' Hütte begannen zu knacken … vom Dach her, wohin sie nicht mehr gelangen konnten und wo ein Haufen der Brandfackeln lag, kroch das Feuer in die Ritzen der Stämme und ließ das trockene Moos, mit dem man sie ausgestopft hatte, wie Zunder auflodern.
    Die jakutischen Reiter hatten sich zurückgezogen. Noch einmal waren sie vorbeigejagt, und Putkin hatte seine letzte Handgranate unter sie geworfen. Es war ein Volltreffer. Fünf Pferde und sieben Reiter bildeten ein schreiendes Knäuel aus Leibern und Gliedmaßen, und vor allem die Todesschreie der Pferde übertönten das Prasseln des Feuers und das kanonenartige Zerbersten der dicken, trockenen Stämme unter der Kraft der Flammen.
    »Meine Maschine!« brüllte Putkin. »Mein Gold! Mein Haus!«
    Er stand ungeschützt vor Andreas' Haus, rauchgeschwärzt, aus Wunden blutend, die er gar nicht spürte, und starrte auf den feurigen Untergang. Nun brannte auch um sie herum der Wald … die turmhohen Bäume verwandelten sich in riesige Fackeln, die Luft war erfüllt vom Knattern und Zerspringen der flammenden Äste. In diese Laute der Vernichtung mischten sich der herbe, fast betäubende Geruch des in der Gluthitze verdunstenden Harzes der brennenden Kiefern- und Fichtennadeln und der süßliche Duft der Birken … ein grandioser Leichengeruch der sterbenden Taiga am Fluß Tjung.
    »Ins Wasser!« brüllte Putkin. Er riß die Susskaja an sich, und obwohl sie sich wehrte und um sich schlug, ihm auf die Nase boxte und ins Gesicht biß, trug er sie zum Fluß und warf sie mit einem Schwung, wie es nur Putkin konnte, in die hier noch träge Strömung.
    »Amalja!« kreischte Katja Alexandrowna. Sie war nicht mehr wiederzuerkennen, ihr verzerrtes Gesicht wirkte von der unerträglichen Hitze, die jetzt von der brennenden Taiga herüberwehte, wie zerschmolzen und bis auf die Knochen bloßgelegt. Sie schwamm zurück zum Ufer, kämpfte gegen die Wellen an und schrie ohne Unterbrechung: »Amalja! Ich will mein Kind! Amalja!«
    »Bleib im Wasser!« brüllte Putkin zurück. »Ich hol dir deinen Balg! Bleib doch im Wasser, Katja!« Er rannte zurück zu dem jetzt hell brennenden Haus. Andreas kam ihm schwankend und blutverschmiert entgegen. Er trug das Kind in der Deckenrolle an seine Brust gepreßt. Ein niederbrechender Balken hatte seinen Kopf getroffen. Mit Amalja im Arm war er ein paar Sekunden ohnmächtig gewesen und hatte unter dem brennenden Holz gelegen.
    »Lebt sie?« keuchte Putkin. Er blickte auf das Kind. Die Decke war angesengt, das Säuglingsköpfchen dunkel vom Rauch.
    »Sie lebt …«, stammelte Andreas. »Sie lebt, Igor.« Er starrte auf den Wald … eine riesige, den Himmel erfassende flammende Wand, die ihre Glut wegblies auf diese vier armseligen Menschen.
    Die Jakuten waren weggaloppiert, selbst vor dem Feuer flüchtend, das sich riesig über den trockenen Boden, die ausgedörrten Büsche und die pulvertrockenen Zweige weiterfraß. Auch die Reiter am anderen Ufer waren weggeritten … die Pferde scheuten nun doch vor dieser himmelhohen Feuerwand und drohten in Panik zu geraten und den Gehorsam zu verweigern.
    »Igor –«, stammelte Andreas. Er hielt Putkin das angesengte Bündel mit Amalja entgegen. »Igor Fillipowitsch … ich flehe dich an … die Zeit ist da … Igor …«
    »Ins Wasser, du Narr!« Putkin faßte Andreas an der Schulter, drehte ihn um, gab ihm einen Tritt in den Hintern, und Andreas stolperte weiter, hinunter zum

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