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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schweinischen Bemerkungen gegeben. So aber half Putkin jetzt der Susskaja beim Abschaben des Fells und begutachtete den Gewehrkolben, den Andreas einpaßte.
    »Einen Schönheitspreis bekommt er nicht«, sagte er und drückte das Gewehr in die Schulter. »Aber jetzt kann man damit schießen.« Er hielt die Waffe der Susskaja hin. »Hier! Mir mißtrauen Sie ja, Katja Alexandrowna. Ich mag ein grober Klotz sein, aber ein Schuft bin ich nicht. Sie haben mir das Leben gerettet, nehmen wir's an, obwohl ich eine Sekunde später selbst wieder auf den Beinen gewesen wäre. Ich schulde Ihnen also eine gute Tat.«
    »Halten Sie das Maul … das ist genug«, sagte die Susskaja grob. Sie nahm Putkin das Gewehr ab und warf es wieder Andreas zu. »Er wird es tragen.«
    »Im Bett und auf der Heide, da hab' ich meine Freude …«, sang Putkin rauh und lachte brüllend. »Von mir aus, schöne Dame. Streiten wir uns nicht. Wir haben einen Sieg zu feiern. Ich spendiere zwei Flaschen von Makars flüssigem Schatz. Nadeshna, Himmelstöchterchen, was macht der Braten?«
    Es wurde ein wahres Fest. Alle aßen, bis sie glaubten, der Bauch platzte ihnen und die letzten Bissen müßten oben wieder aus der Kehle quellen. Der Wein benebelte sie und machte die Glieder wie taub. Putkin lag rülpsend neben dem lodernden Feuer, ärgerte die betrunken kichernde Nadeshna mit seinen unanständigen Reden und warnte sie vor Morotzkij, an dessen spitzen Knochen sie sich die Haut aufstoßen würde.
    Es war Jekaterina Alexandrowna, die plötzlich den Kopf hob und die flache Hand ausstreckte. Sie hielt sie in die Luft, wartete ein paar Sekunden und zog sie dann zurück. Drei winzige weiße Kristalle zerschmolzen auf ihrer Haut.
    »Schnee –«, sagte sie leise. »Es fällt Schnee. Schnee! Ihr betrunkene Bande … Schnee –«
    Putkin schüttelte sich wie ein nasser Hund und richtete sich auf. Mit vom Alkohol glänzenden Augen starrte er in den schwarzen Himmel. Noch waren es vereinzelte Flocken, die da lautlos herunterfielen, aber jetzt sah auch er sie gegen den Feuerschein. Sie schwebten wie Federchen herab und zergingen, noch bevor sie die Erde berührten.
    »Der Winter –«, sagte Morotzkij. »Ich habe es gesagt. Aber Sie haben mich einen Stiefelpisser genannt, Igor Fillipowitsch. Wir haben den Wettlauf verloren! Kein Mensch weit und breit, kein Fluß, kein Wasser, in drei Tagen sind wir Eisklötze. Sibirien hat uns besiegt.«
    Der Himmel pflichtete ihm bei. Es begann stärker zu schneien, die Flocken kamen nicht mehr einzeln, sie verdichteten sich und tanzten wie ein Schleier aus der unergründlichen Schwärze über ihnen. Gleichzeitig nahm die Kälte zu … sie merkten es trotz des großen Feuers. In ihren Rücken nagte bereits der Winter.
    »Spannen wir die Zeltplane auf«, sagte Andreas. »Wir werden morgen sehen, wie es weitergeht.«
    »Morgen ist die Welt weiß«, sagte Morotzkij. »Von jetzt ab wird es schneien, schneien, schneien.«
    »Das wissen wir auch, Herr Professor!« schrie Putkin. »Ich habe vier sibirische Winter hinter mir! Und Sie? Vielleicht einen, ha? Richten wir uns ein.«
    Betrunken wie sie waren, spannten sie die Zeltplane aus, trugen den apathischen Benerian darunter, rollten sich in ihre Decken und mummten sich völlig zu, daß sie aussahen wie sechs große, handgestopfte Würste. Putkin zog sogar noch das rohe Rentierfell über sich, denn er war der einzige außer dem irren Benerian, der allein schlief.
    Katja und Andreas krochen eng zueinander, und Nadeshna holte sich den sichtlich verwirrten Morotzkij in ihre Decke. Sie begründete es damit, daß der beste Schutz gegen Kälte die animalische Wärme sei. Er, als Professor, müsse das doch wissen. Sem Jon Pawlowitsch bestätigte das, zog Nadeshna nahe zu sich und legte seine Hände auf ihre kleinen, aber wohlgeformten Brüste. Das war der Augenblick, wo man erstaunt hören konnte, daß Nadeshna Iwanowna schnurren konnte wie eine zufriedene Katze.
    Und es schneite. Erst zögernd, dann in dicken, fetten Flocken. Der schwarze Himmel schien sich zu öffnen, als sei er ein Sack, den man aufgeschlitzt hatte. Es schneite mit einer lautlosen Gnadenlosigkeit, mit einer solchen Masse weißer Tödlichkeit, wie es nur in Sibirien möglich ist.
    Die Taiga erstickte bereits in dieser ersten Nacht im Schnee. Die Bäume entlaubten sich völlig, die Lärchen wurden aufrecht stehende Gerippe, die Kiefern und Fichten bogen ihre Zweige, schwer unter der weißen Last, zur Erde.
    Und die Kälte kam

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