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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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löschen keine Jahre aus!«
    »Danach müßte er heute 72 Jahre sein«, sagte die Susskaja. »Man sollte nicht mehr darüber sprechen.«
    »Welch eine Auffassung.« Putkin spuckte den Rest der dicken Zigarette ins Feuer. Dann steckte er die Zeitung wieder ein und sah Andreas und Katja sinnend an. »Was habe ich alles vor, wenn wir aus dem Wald herauskommen! Morotzkij des Mordes anzeigen, Nadeshna wegen Bibel- und Priesterschmuggel ins Gefängnis bringen, Katja Alexandrowna, das große Rätsel, wird sich dann von selbst lösen, und Sie, Andrej, bekommen einen Spionageprozeß, von dem man sprechen wird! Und jetzt auch noch ein Priester, der der gesuchte Rittmeister Kirsta ist! Wenn das nicht Kraftpillen genug sind, diesen Mistwald zu besiegen! Was meinen Sie, Katja?«
    »Ich meine«, sagte die Susskaja ruhig, »daß Sie ein Schwätzer sind, Igor Fillipowitsch.«
    »Sie werden es sehen!«
    »Ein Kerl, der so etwas wirklich im Sinne hat, spricht nicht darüber. Aber Sie päppeln sich damit hoch wie ein impotenter Greis an einem geilen Bild.«
    »Die Sprache einer Dame, fürwahr«, sagte Putkin. »Messen Sie mich nicht nach Ihren psychologischen Lehrbüchern. Ich bin Putkin! Das heißt übersetzt: Dieser Mensch fürchtet die Hölle nicht. Grinsen Sie nur dämlich, Andrej, Sie deutscher Hammel! In Karaganda vergeht Ihnen das.«
    »Alle Beweise sind mit dem Flugzeug zerstört.«
    »Ich habe meine Augen und meine Zunge …«
    »Wir werden uns bemühen, daß Sie beides vermissen«, sagte die Susskaja ruhig. »Sie haben wenig zu bieten, Igor Fillipowitsch.«
    Sie schälte sich aus der Decke, ging langsam zum Zelt, verschwand darin und trat nach wenigen Augenblicken wieder heraus. In den Händen hielt sie das Gewehr, und der Zeigefinger lag im Bogen des Abzuges.
    »Stehen Sie auf, Putkin!« sagte sie scharf.
    Andreas sprang hoch, wollte etwas sagen, aber Katjas Augen waren wieder von einer gefährlichen Kälte. Putkin starrte sie mit offenem Mund an und blieb sitzen.
    »Stehen Sie auf!« sagte die Susskaja noch einmal.
    »Wenn Sie auf einen Menschen schießen können, singe ich: ›Ehre sei Gott in der Höh‹!«
    Die Susskaja drückte ab. Der Schuß hallte in der schweigenden Nacht wider, unter dem Zeltdach zuckte Nadeshna empor und begann zu kreischen. Morotzkij, unbeweglich in den Schienen, die ihm bis zu den Hüften reichten, gefesselt, hob den Kopf und blickte mit fiebernden Augen zum Feuer.
    Dort hatte sich Putkin jetzt erhoben. Der Schuß war neben ihm in den Baumstamm, seinen sibirischen Ofen, gedrungen, kaum einen Zentimeter von seiner Schulter entfernt.
    »Was wollen Sie von mir, Katja Alexandrowna?« fragte er stockend.
    »Schnallen Sie Ihre Skier an und rennen Sie los …«
    »Jetzt? In der Nacht?«
    »Sofort! Und Sie nehmen nichts mit, nur das, was Sie am Leibe tragen.«
    »Katja Alexandrowna, das ist Mord!« sagte Putkin unsicher. »Was bin ich mit bloßen Händen in der Taiga?«
    »Sie sind Putkin, der Mensch, der die Hölle nicht fürchtet. Haben Sie's nicht eben selbst gesagt? Ich zögere nicht, noch einmal zu schießen und dieses Mal in Ihr linkes Bein, wenn Sie nicht sofort Ihre Skier anschnallen …« Sie legte wieder an und zielte auf Putkins linken Oberschenkel. »Ich schwöre Ihnen: Sie operiere ich nicht hinterher …«
    »Wenn ich durchkomme«, sagte Putkin heiser. Seine Worte rollten wie in Schleim verpackt aus seinem Mund. »Wenn ich durchkomme, Katja Alexandrowna, das schwöre ich Ihnen auch, erzähle ich keinem, wen ich zurückgelassen habe. Aber ich rüste mich aus und kehre zurück, und dann können Sie mir Ihre Brüste und Ihren Leib anbieten für Ihr Leben … ich werde Sie zertrümmern, Sie Satan!« Er wandte sich zu Andrej und nickte ihm zu. Nadeshna rannte zum Feuer, in ein Fell gewickelt, aussehend wie ein Füchslein, das während des Entbalgens flüchten konnte.
    »Schieß ihn nieder!« schrie sie schrill. »Katja, schieß ihn nieder! Er ist kein Mensch … er ist ein Monstrum, ein Monstrum, ein Monstrum …«
    »Amen!« sagte Putkin. Er tappte zu den Skiern, suchte seine heraus, schnallte sie an den dicken Fellstiefeln fest, riß zwei Äste aus der Schutzwand, um sie als Skistöcke zu gebrauchen und glitt dann zurück zum Feuer. »Sie geben mir nichts mit?«
    »Nichts.«
    Putkin zögerte. Das Gewehr machte alle seine Bewegungen mit und blieb immer in der Höhe seines Oberschenkels. Da seufzte er, schüttelte den Kopf, als könne er die Welt nicht mehr verstehen, klopfte mit den

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