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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sibirischer Ofen funktionierte noch nicht … die Glut fraß sich zwar weiter durch den Stamm, es qualmte fröhlich aus den Abzügen, die Putkin gebohrt hatte, aber der Stamm strömte noch keine Wärme aus. Man spürte sie nur, wenn man sich mit dem Rücken dagegen lehnte.
    Genau das tat Putkin, als mitten in der Nacht Katja und Andreas aus dem Zelt krochen, weil sie Putkin vermißten. Nadeshna schlief natürlich bei Morotzkij. Unter Fuchs- und Wolfspelzen, wie eine dicke haarige Kugel, lagen sie, und trotzdem klapperte Morotzkij im Schlaf mit den Zähnen. Seine Nerven konnten die Schmerzen nicht vergessen und rebellierten noch.
    »Warum kommen Sie nicht ins Zelt, Igor Fillipowitsch? Solange Sie noch bei uns sind, ist das auch Ihr Haus«, sagte Andreas.
    »Zu freundlich.« Putkin drehte knurrend den dicken Schädel. Daß er fror, konnte man nicht sagen, es schien im Gegenteil, als koche er wie ein kurz vorm Platzen stehender Dampfkessel. In seinem Mundwinkel hing eine dicke Wurst, eine überdimensionale Papyrossi, aus der er den beißenden Rauch paffte und mit einem Geräusch von sich stieß, als fluche er jedem Atemzug hinterher. »Sind Sie fertig?«
    »Was soll das heißen?«
    »Bin ich eine taube Nuß? Alle Tiere sind schon geflüchtet, so laut ist Ihre Heckerei. Ein Eber ist dagegen ein flüsternder Kavalier. Ha!« Er drehte sich wieder um und beschäftigte sich mit der Zeitung. Prawda von 1926. Die Wahrheit. Was sie 1926 an Wahrheiten verbreitet hatte, schien Putkin sichtbar zu erregen. »Ich platze!« sagte er laut.
    »Vom Zuhören?« fragte die Susskaja giftig.
    »Kommen Sie her!« Putkin winkte mit der Zeitung. Er saß am Feuer, und das gab genug Licht, um sie ohne Mühe lesen zu können. »Ich möchte zurück zu Kyrill Jegorowitsch und ihm den Schädel einschlagen.«
    »Schmeckt die Prawda nicht?« fragte Andreas. »Ich habe mir sagen lassen, die Istwestija solle besser schmecken … würziger, nicht so sehr nach Zellulose.«
    »Ihre dämlichen Witze sind alt, Andrej. Kommen Sie her, Sie auch, Katja Alexandrowna. Unser heiliges Väterchen Kyrill ist ein ganz großer Gauner, hab' ich's nicht gleich bei seinem Anblick gesagt?! 45 Jahre Einsiedler wegen Gott … alles Schwindel. Ich kann es Ihnen beweisen …«
    »Mit der Wahrheit von 1926 –«, sagte Andreas fröhlich.
    »Jawohl, mit ihr!« schrie Putkin. »Warum hat der Alte so getobt, als ich das harmlose Blättchen fand? Warum wohl? Er raucht doch eine Pfeife, und den Hintern läßt er im Wind trocknen. Nein! Hier steht es. Unter ›Meldungen aus dem Komitee zur Bekämpfung der Konterrevolution‹.«
    »Noch 1926?« fragte Andreas.
    »Eine große Idee braucht eben Zeit, ehe sie überall begriffen wird. Kann ich endlich vorlesen?«
    »Fangen Sie an, Igor Fillipowitsch«, sagte die Susskaja. Sie hüllte sich und Andreas in eine Decke und lehnte sich gegen den warmen Baumstamm. Putkin faltete die Zeitung so, daß der Artikel oben stand, hustete kräftig, sog wieder an seiner dicken Papyrossi und blies den Rauch von sich, durch Mund und Nasenlöcher.
    »Wie dem Komitee aus Rostow gemeldet wurde, ist dort von einem ehemaligen Kosaken der gesuchte Kyrill Jegorowitsch Kirsta gesehen worden.« Putkin machte eine bedeutende Pause und ein noch bedeutenderes Gesicht. Dann las er weiter, als die Susskaja nur mit den Schultern zuckte. »Kirsta war bis 1919 Rittmeister der Donez-Kosaken und kämpfte zusammen mit General Anton Antonowitsch Denikin gegen die bolschewistischen Befreier. Während Denikin die Flucht gelang, tauchte Kirsta in unserem Land unter und hielt sich verborgen. Der Armee und den Organen der GPU gelang es bis heute nicht, die Landesverräter aufzuspüren, die Kirsta versteckten. Kyrill Jegorowitsch, 27 Jahre alt, der Verwandte in Rostow haben soll, ist weiter auf der Flucht. Es ist nur noch eine Frage kurzer Zeit, bis auch dieser letzte Verräter am Sozialismus und Mörder unserer tapferen, für die Idee des Bolschewismus gefallenen Brüder gefaßt sein wird.«
    Putkin ließ die Zeitung sinken. Die Zigarette in seinem Mundwinkel bebte gefährlich. Funken rieselten über seinen Pelz. Es stank plötzlich nach verbrannten Haaren.
    »Das verschlägt euch die Sprache, nicht wahr?« sagte er und legte die Prawda von 1926 weg. »So einer ist unser heiliges Väterchen, das viermal am Tag die Glocke in der Taiga läutet! Kosakenrittmeister der Weißen! Einer von Denikins Bluthunden …«
    »Vor 45 Jahren, Putkin –«, sagte Andreas begütigend.
    »Das

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