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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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riecht.
    Nadeshna kam herüber, in den Händen das Säckchen mit den Gewürzen. Das Schneewasser kochte, in wenigen Minuten würde es einen herrlichen Tee geben.
    Putkin streckte sich auf seinem dicken Wolfspelz aus und legte neues Holz in die Flammen. »Sie werden nie nach Persien kommen –«, sagte er dann.
    »Das weiß ich jetzt auch.«
    »Entdeckt man uns in der Taiga und holt uns heraus … was geschieht dann mit Ihnen? Na? Sprechen wir bloß nicht darüber.« Er winkte ab. »Gelingt es uns, aus eigener Kraft herauszukommen, was dann? Es ist fast unmöglich, daß Sie mit Andrej auf normalem Weg bis nach Aschchabad kommen zu Ihren Bekannten. Schöne Bekannte, das muß ich schon sagen. Helfen bei einer Republikflucht! Was wird also mit Ihnen und Andrej, Jekaterina? Das ewig flüchtende Liebespaar? Zwei Wölfe, die in einer Höhle hausen? Verbrecher, die unter falschem Namen leben und unser Volk schädigen? Was wird?«
    »Ich weiß es nicht, Igor Fillipowitsch.« Die Susskaja rührte in dem Tee. Nadeshna hatte die getrockneten Blätter in das sprudelnde Wasser geworfen und rieb jetzt das noch saftige Fleisch mit den Gewürzen ein. Man hatte keine Geheimnisse mehr voreinander … jeder sprach zu jedem, was immer er wollte; man hörte hin, oder man hörte weg, ganz wie's beliebte. Man war jetzt wie eine kleine Herde, in der jeder seinen Platz hat und so lebt, wie die Natur es erfordert. Dazu gehört auch das Lieben … Nadeshna biß nicht mehr in die Decken, wenn Andreas und Katja unter ihren Fellen dampften – sie kroch zu dem knöchernen Morotzkij und wärmte ihn mit ihrer glatten, weißhäutigen, verträumt-zärtlichen Jugend.
    »Ich weiß es nicht!« wiederholte Putkin dumpf. »Katja, das klingt so hilflos. Sie sind nie hilflos, Sie haben immer etwas in der Pfanne.«
    »Dieses Male hungere ich.« Die Susskaja blickte Putkin lange an. Er hielt ihren Blick aus, bis er spürte, daß es ihm unter den Schädelhaaren heiß wurde. »Helfen Sie mir –«, sagte sie endlich.
    »Ich?«
    »Ja.«
    »Ausgerechnet ich? Wie denn, Katja Alexandrowna?«
    »Auch das weiß ich nicht. Aber Sie haben die Kraft, es zu tun.«
    »Wollten Sie mich nicht umbringen? Allein und ohne Werkzeug in die Taiga jagen?«
    »Das werde ich immer tun, wenn Sie Andrej angreifen!«
    »Und von mir erwarten Sie Hilfe, Katja? Ist das nicht eine Verrücktheit?«
    »Vielleicht.« Sie erhob sich vom Feuer und klopfte den nassen Schnee aus ihrem Pelz. »Es ist nur merkwürdig, daß ich weiß, daß Sie uns helfen werden.«
    »Sie denken krumm, Katja, völlig krumm.« Putkin starrte zu ihr hinauf. Ihr Lächeln war so rätselhaft und zwingend, daß er sich in diesem Augenblick wie ein Kind vor ihr vorkam. »Ich bin ein Patriot, der solche Dinge nicht duldet.«
    »Ein Patriot!« Die Susskaja lachte leise ihr dunkles Lachen. »Sie haben nach dem Absturz drei Stunden wie tot dagelegen, Igor Fillipowitsch. In diesen drei Stunden durchwühlte ich die Trümmer nach etwas Eßbarem. Dabei fand ich Ihre Kartentasche. Sie wissen doch … Sie hatten eine Kartentasche über der Schulter hängen. Unter den allgemeinen geologischen Karten war auch eine von Ihnen gezeichnete kleine Karte …«
    »Hören Sie auf, Katja Alexandrowna –«, sagte Putkin unsicher.
    »Eine Privatkarte, Putkin. Eine Geheimkarte mit einem nur Ihnen bekannten, von Ihnen entdeckten Goldvorkommen. Eine eigene Goldmine in Rußland, Sie Patriot? Ein Kapitalist von Rußlands Erde? Muß ein patriotischer Geologe so einen Fund nicht sofort melden?«
    »Ich habe es gleich gewußt, gleich, als ich Sie am Flugzeug sah, Katja Alexandrowna: Sie sind ein Satan!« Putkin legte sich quer zum Feuer. Die Flammen zuckten über sein bärtiges Gesicht. »Gut! Es war so! Das reinigt die Luft. Jetzt kennen wir uns alle bis auf die Knochen. Keiner ist besser als der andere, und keiner ist schlechter. Welch eine Gesellschaft, ha!« Er richtete sich auf und breitete die Arme aus. Sein riesiger Schädel schien zu zerspringen. »Kommt an meine Brust!« brüllte er. »Kommt heran … ihr Verdammten der Taiga!«
    Vom Zelt näherte sich Andrej. »Ist er verrückt geworden?« rief er Katja zu.
    »Er wird endlich ein Mensch –«, sagte Nadeshna laut. »Endlich ein Mensch. Man sollte beten –«
    Mit einem dumpfen Laut klatschte Putkin seine Hände gegen die Ohren und zog den Kopf in seinen Wolfspelz zurück.
    Der zweite Tag – von der Morgendämmerung bis zu den Abendschatten – war eine noch größere Qual für Morotzkij. Daran

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