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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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begann, sich aus Kyrills fürchterlichem Tabak und einem Stück der letzten Seite der Prawda eine Zigarette zu drehen. »Sie auch, Andrej?«
    »Bitte, aber keine solche Riesenwurst wie Ihre Papyrossi.«
    Sie steckten die Zigaretten am Feuer an, husteten die ersten vier Züge, bis sie sich an den beißenden Qualm gewöhnt hatten, und warteten auf die Frauen. Sie waren noch im Zelt bei Morotzkij. Die Susskaja erneuerte den Verband und legte bessere Schienen an. Man hörte Morotzkijs Stöhnen bis zum Lagerfeuer und Nadeshnas zärtliche Worte, die ihn beruhigen sollten. Für den Fall, daß die Schmerzen unerträglich wurden, hatte Andreas ein ganz kleines Stückchen des Wundertees geopfert.
    »Was haben Sie die ganze Nacht gemacht?« fragte Putkin plötzlich.
    »Geschlafen …«
    »Der Bursche lügt schamloser als ein Kalmücke furzt«, sagte Putkin böse. »In der Nacht bin ich einmal aufgewacht … da waren Sie und Katja nicht im Zelt. Ist Ihnen das nicht zu kalt draußen im Schnee? Sie können's wohl überall, was? Selbst ein Schneehasen-Rammler würde sich's überlegen, das auf gefrorenem Boden zu machen.«
    »Katja und ich haben über die Zukunft gesprochen, Putkin.«
    »So kann man's auch nennen. Diskussion auf Nut und Feder –«
    »Wer so viel und dämlich darüber spricht wie Sie, muß impotent sein. Können Sie sich keine andere nächtliche Unterhaltung vorstellen?«
    »Mit Jekaterina Alexandrowna? Nein!« Putkin putzte mit einem Lappen seinen Bart ab. Aus dem Zelt klang Wimmern und Nadeshnas beruhigende Stimme. »Andrej, reizen Sie mich nicht. Impotent! Ein Putkin! Wenn es mir einfällt und ich kümmere mich um unsere Betschwester, dann sollen Sie mal die Jubelchöre hören, die sie singt!« Er beugte sich vor, hielt die Hände über das Feuer und drehte sie. »Teilen wir die Arbeit ein. Nach Plan arbeiten – ich meine damit nicht Ihre dumme Zeichnung, sondern den Arbeitsablauf – ist auch in der Taiga notwendig. Also, was wollen Sie: Verpflegung schießen oder Bäume fällen?«
    »Ich fälle mit Ihnen die Bäume, und Katja schießt, wenn sie etwas findet.«
    »Einverstanden.« Putkin erhob sich. Es war ein trüber Tag, der Himmel hing bis in die Spitzen der Bäume. Der Wind schlief noch, es würde sicherlich bald wieder schneien. »Da Sie ja alles besser wissen: Wo soll das Haus stehen?«
    »Am Waldrand, ein paar Meter von der Böschung entfernt. Wenn im Frühjahr Schnee und Eis weg sind, bauen wir in den Hang eine schöne breite Treppe.«
    »Mit breitem Geländer und Marmorstatuen drauf wie in Zarskoje Selo –«
    »Vielleicht. Sie können ja einige Tiere ausstopfen, Putkin. Wir werden viel Zeit haben.«
    »Glauben Sie? In einer Woche sind Sie krumm wie ein rheumatischer Hund, Andrej. Sie wissen nicht, was es heißt, vereiste Bäume zu fällen. Sie haben als Grubeningenieur Ihre Stützstempel immer sauber zugeschnitten geliefert bekommen. Hier müssen wir alles allein machen.«
    Es wurde ein schwerer Tag.
    Katja gelang es, einen Hasen und gegen Mittag sogar ein kleines Rentier zu schießen. An einem Strick schleifte sie es hinter sich her und rief schon von weitem:
    »Hier steht eine ganze Herde! Ich habe das Kleine geschossen, weil es lahmte. Gibt es eigentlich so etwas wie ein Winterlager wilder Rentiere?«
    »Eigentlich nicht. Rentiere sind Nomaden.« Putkin begutachtete das geschossene Tier. Er schwitzte gewaltig von der Arbeit an den vereisten Bäumen, aber den Pelz auszuziehen wäre jetzt tödlich gewesen. So dampfte er, wie aus einem Waschkessel gezogen, und Andrej lehnte schwer atmend an einem Baum, dessen Stamm sie bis zur Mitte durchgehackt hatten. Sechs Bäume lagen schon gefällt im Schnee, wahre Riesen, an denen Andrej zaghaft emporgeblickt hatte, als Putkin sie mit einem Axthieb zeichnete: Das sind sie! »Wenn die Herde hier steht«, sagte Putkin, »dann ist das hier ein guter Platz. Ein Tier merkt das sofort … wir Menschen sind in dieser Beziehung die dümmsten Geschöpfe. Lassen wir uns überraschen.«
    Am Nachmittag gab Andreas auf. Er konnte das Beil nicht mehr halten, es rutschte ihm einfach aus den Fingern, so fest er sie auch zusammenpreßte. Putkin nickte und schulterte die Axt.
    »Brechen wir ab, Andrej. Sie haben sich gut geschlagen. Nach dem zweiten Baum dachte ich: Jetzt wirft er sich daneben. Aber nein … wir haben noch neun Bäume umgelegt. Sie sind ein zäher Kerl. Das Training bei den Weibern muß doch einen Sinn haben.«
    Im Lager hatten Katja und Nadeshna gut gearbeitet.

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