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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Das Ren war ausgeweidet und zerteilt und schon zu eisenharten Stücken gefroren. Das Fell hatten sie an Pflöcken und in den Schnee gesteckten langen Aststangen aufgespannt, geschabt und ließen es nun vom Frost konservieren. Aber das war es nicht, was Andreas und Putkin zum Staunen brachte. Schon von weitem hörten sie rhythmisches Hämmern, so, als wenn jemand Blech bearbeitete. Dann sahen sie die Susskaja unten am Fluß sitzen, vor sich einen der dicken, rundgeschliffenen, zentnerschweren Steine, und auf diesem Stein bearbeitete sie das Stück Leichtmetall, das Putkin stur, wie er war, mitgeschleppt hatte. Zuletzt hatte Morotzkij darauf gelegen, es diente als glatte Unterlage zwischen Flechtschlitten und Pelzdecken.
    Putkin schüttelte den Kopf. Was Katja da fabrizierte, sah rund aus … mit Hammerschlägen trieb sie die Leichtmetallplatte zu einer Art Rohr.
    »Was soll denn das?« fragte Putkin.
    »Wenn Sie Fantasie hätten, könnten Sie erkennen, daß es ein Ofenrohr wird.«
    »Aha! Wo Weiber sind, beginnt der Luxus! Wozu brauchen wir ein Ofenrohr?«
    »Wie lange dauert der Hausbau, Putkin?«
    »Einige Wochen –«, sagte Putkin vorsichtig.
    »Und solange leben wir in einem kalten Zelt? Warum? Nadeshna und ich bauen einen Steinofen, und den Rauch leiten wir mit diesem Rohr durch ein Loch im Zelt ins Freie. Ist das keine gute Idee?«
    Putkin sah Andrej entgeistert an. »Haben Sie daran gedacht, Andrej?«
    »Nein. Und dabei wäre es das Nächstliegende gewesen.«
    »Ich nehme einen Teil meiner Philosophie zurück –«, sagte Putkin, tätschelte das halbfertige Ofenrohr und dann Katjas erhitztes Gesicht. »Es ist doch ein gewisser Nutzen, daß es Weiber gibt …«
    Sie ließen die Susskaja bei ihrem Steinamboß und stapften zum Lager. Dort war Nadeshna mit dem Abendessen beschäftigt, während Morotzkij neben dem Feuer lag, von Katja so steif geschient, daß er sogar protestiert hatte und sich zu der Frage hinreißen ließ: »Wie, Dr. Susskaja, soll ich mit diesem Holzpanzer Nadeshna lieben? Erklären Sie mir das?« Und Katja hatte geantwortet: »Überlassen Sie das Nadeshna. Ich traue ihr genug Fantasie zu, dieses Problem zu lösen.«
    »Sie haben mir immer noch nicht erklärt«, sagte Putkin, während sie müde durch den Schnee stapften, »was Sie mit Katja Alexandrowna über Ihre Zukunft besprochen haben.«
    »Das ist schnell gesagt, Putkin: Wir wollen hierbleiben.«
    Putkin blieb stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen.
    »Hier? In der Taiga?«
    »Ja.«
    »An diesem Fluß? Auf diesem Platz hier?«
    »Er ist ideal, Putkin. Weit weg von den Menschen, wie es sich für ein Paradies gehört. Wir werden Rentiere einfangen und abrichten … und im Sommer wird es keine Höllenwanderung sein, wieder den Hügel dort zu überklettern und Väterchen Kyrill zu besuchen. Wenn er 45 Jahre hier glücklich war, warum können wir das nicht auch?«
    »Haben Sie das den anderen schon gesagt?«
    »Nein. Im Frühjahr kann jeder machen, was er will.« Andrej blickte hinüber zu Katja. Ihr Hämmern hallte laut durch die Stille. »Sie schlagen sich selbstverständlich durch, Igor Fillipowitsch, nicht wahr?«
    »Natürlich! Was soll ich hier?«
    »Und wenn Sie draußen sind, kassieren Sie einige tausend Rubel Kopfgeld für uns. Es kommt allerhand zusammen: Der gesuchte Kosakenrittmeister Kyrill Jegorowitsch Kirsta, der Mörder Morotzkij, die Bibel- und Priesterschmugglerin Nadeshna Abramowa, die flüchtige Ärztin Susskaja … da klingelt es in der Handfläche.«
    »Trauen Sie mir das zu?« fragte Putkin dumpf.
    »Ja.«
    »Diese dämliche Ansicht der Deutschen, wir Russen seien alle Untiere! Das hängt fest, was? Das läßt sich nie korrigieren! Das ist euer historisches Marschgepäck! Wann lernt man endlich begreifen, daß auch hinter der Oder Menschen leben? Welch ein Schwachsinn: Rubel für eine Anzeige. Man wird mich brüderlich küssen, mir eine Belobigung aussprechen, mich vielleicht zum Oberingenieur befördern, es kann auch sein, daß ich einen Vortrag anhören muß über die Pflichten eines Sowjetbürgers und seinen ständigen Kampf gegen reversible Kräfte … Andrej, warum halten Sie mich für ein Ungeheuer?!«
    »Weil Sie undurchschaubar sind. Mal sind Sie ein Berg aus Gemeinheit, mal ein Klumpen reiner Kindlichkeit. Dann wieder sind Sie gefährlich wie eine geschärfte Sprengladung, und plötzlich traut man Ihnen zu, daß Sie weiße Mäuse streicheln.«
    »Bin ich so?« Putkin sah Andreas staunend an. Die

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