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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erstenmal Feuer im Zelt brannte, standen sie alle draußen vor dem Ofenrohr, und als die erste Rauchwolke hervorquoll und weißgrau in die kalte Luft schwebte wie ein abgerissener langer Bart, umarmten sie sich alle, lachten wie die Kinder und gaben Morotzkij zur Feier dieses Tages ein Stückchen Preßtee zum Kauen.
    An diesem Abend lag Putkin nackt im Zelt und badete sich in der Wärme. Er lag da ohne Scham, ein Muskelberg, säuerlich nach Schweiß stinkend, behaart wie ein Riesenaffe, streckte alle viere von sich, grunzte tief und zufrieden und ließ erst von dieser wahren Orgie der Zufriedenheit ab, als Andreas sagte:
    »Igor Fillipowitsch, mit Ihrem Hintern verhindern Sie, daß Nadeshna eine Suppe kocht.«
    Und Putkin antwortete: »Man soll mich steinigen oder enthäuten, wenn ich Nadeshna hindern sollte, mir etwas zu essen zu machen!«
    Diese schöne Eintracht dauerte drei Tage … dann war man wieder soweit, sich die Köpfe einzuschlagen. Putkin lauerte Nadeshna hinter dem Zelt auf, wo sie den Topf mit Sand auskratzte und dann mit Schneewasser nachspülte, griff ihr wortlos in die Bluse, dann mit der zweiten Hand unter den Rock, hob mit diesem Spezialgriff die vor Schreck erstarrte hoch und schnaufte: »Hoiho! Es reiten die Kosaken nicht nur dem Pferd im Nacken –«
    Weiter kam er nicht. Nadeshna, die noch den Topf in der Hand hielt, schlug zu, es schepperte laut, der zweite Schlag traf Putkins Stirn mit der Kante und riß eine Platzwunde auf. Bevor sie zum drittenmal zuschlagen konnte, ließ Putkin sie in den Schnee fallen und trat nach ihr wie nach einem streunenden Hund. Nadeshna schrie auf, wurde von dem Tritt weggeschleudert, blieb neben den aufgestapelten Reisigbündeln liegen und krümmte sich im Schnee. Ihre Beine zuckten und wirbelten weiße Wolken auf.
    Aus dem Zelt krochen Katja und Andreas. Sie sahen zunächst nur Putkin, dem das Blut über das Gesicht strömte. So eine Platzwunde am Kopf blutet gewaltig und verbreitet weit mehr Schrecken, als es nötig ist. Erst dann sahen sie Nadeshna, ein kleines, verkrümmtes, zuckendes Bündel, das den Schnee aufwühlte.
    »Das Untier!« sagte Andreas und kam langsam auf Putkin zu. »Vorgestern ein Kind, gestern ein Freund, heute eine Bestie! Die vielen Gesichter des Igor Fillipowitsch. Wäre es nicht am besten, nur noch eins zu haben … ein ruhiges, friedliches, totes Gesicht?«
    »Bleib stehen, Andrej!« schrie die Susskaja hinter ihm. Dann rannte sie an ihm vorbei, stieß im Vorbeilaufen Putkin mit beiden Fäusten gegen die Brust, daß es dröhnte wie auf einer Kesselpauke, erreichte Nadeshna und drehte sie auf den Rücken.
    »Ja, bleib stehen, Andrejuscha!« schnaufte Putkin. »Du verdammter, speichelnder Zwerg! Bist du ihr Vorhängeschloß? Ich habe sie angefaßt, jawohl! Nacht für Nacht höre und sehe ich euch, wie ihr wie die Katzen aufeinanderhängt … und wer kümmert sich um mich? Bin ich kein Mann, he? Soviel Bäume kann ich gar nicht fällen, um lahm in den Lenden zu werden. Aber keiner hat Mitleid, keiner denkt daran … und jeden Abend das gleiche. Nadeshnas zuckender Hintern, Katjas pendelnde Brüste … und ich liege dazwischen und kaue an meinem Bart herum! Ist das eine gerechte Verteilung? Ist das ein echtes Kollektiv? Eine Hölle ist das! Wundert euch nicht, wenn ich euch eines Tages erschlage, um die Weiber allein zu haben!«
    Die Susskaja hatte Nadeshna aufgehoben. Schwankend kamen sie jetzt zum Zelt. Katja stützte die wimmernde Abramowa und trug sie fast über den Schnee.
    »Er hat sie getreten –«, sagte Katja, als sie an Andreas vorbeiging. »Dieses Vieh hat sie in den Leib getreten …«
    »Was nun?« sagte Putkin. Er schüttelte die gespreizten Hände und stand da wie ein Koloß. »Gehen wir aufeinander los, Andrej? Komm her, mein Brüderchen. Es wäre eine gute Lösung … du bist der einzige, der mir im Wege steht. Morotzkij … ihn knacke ich wie einen Floh. Aber du hast Kraft, ich hab's an den Bäumen gesehen, du bist ein gefährlicher Bursche, mein Hengstchen … Kennst du die Geschichte von den beiden Bären, die sich so lange um ein Weibchen rauften, bis ihnen vor Altersschwäche die Zähne ausfielen? Soll's so bei uns werden?«
    »Was bist du bloß für ein Mensch, Igor?« sagte Andreas leise.
    »Jetzt bin ich ein Mann, dem die Hose zu eng ist. Wie willst du das abstellen, du Klugscheißer?«
    Sie standen sich gegenüber wie damals vor den Flugzeugtrümmern, nur war alles jetzt viel ernster und auswegloser. Damals

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