Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
hat.«
Am Feuer legte Ben seine Axt beiseite und setzte sich mit dem Gesicht zum Vordereingang auf den Boden.
»Das muss an dem guten Einfluss dieser Kirche liegen«, sagte sie und stellte sich ans Feuer.
»Wir kriegen euch beide!«, brüllten die Baumbewohner. »Zum Frühstück essen wir morgen Löwen- und Überlebenden-Eintopf!«
»Bist du sicher, dass sie hier nicht reinkommen?«, fragte die Frau und wärmte sich die Hände.
»Ganz sicher. Davon abgesehen bezweifle ich, dass sie es versuchen – jedenfalls nicht heute Nacht. Baumbewohner kämpfen lieber tagsüber. Sie sehen nicht besonders gut.«
Die Frau schaute zu Knirps hinunter.
»Beißt der Dingo?«, wollte sie wissen.
»Nur Baumaffen«, erwiderte Ben, und der Mund der Frau verzog sich zu einem Lächeln. »Setz dich, ruh dich aus!«
Die Frau nahm auf dem harten Holzboden Platz.
»Ich heiße übrigens Josephine«, stellte sie sich vor.
»Ben.«
»Danke, dass du mir geholfen hast, Ben. Und Sam dankt dir auch.«
»Sam?«
»Mein Baby.«
»Oh.« Ben nickte. Sam. Der Name gefiel ihm.
Ein guter Name für einen Löwen.
Wie Ben erwartet hatte, verzogen sich die Baumbewohner kurze Zeit später. In der Nacht kehrte wieder Stille ein.
»Sie kommen zurück«, meinte er. »Sei darauf gefasst, dass sie morgen angreifen.«
Josephine seufzte. Sie wirkte erschöpft und vollkommen ausgelaugt.
»Was ist mit Nick?«, erkundigte sie sich gähnend. »Die Baumbewohner haben ihn gefangen genommen. Ich hasse die Vorstellung, ihn einfach seinem Schicksal zu überlassen.«
»Wer ist Nick? Dein Freund?«
Josephine lächelte kaum merklich. »Um Himmels willen, nein. Er ist nur ein Typ, mit dem ich unterwegs gewesen bin. Ich hab ihn erst vor ein paar Tagen kennengelernt. Aber ich mag ihn trotz all seiner Fehler.«
»Tja, ich fürchte, wir können nicht viel für deinen Freund tun. Er wurde von Baumaffen geschnappt – er ist erledigt.«
Josephine starrte Ben an, dann senkte sie den Kopf. »Das hatte ich befürchtet.«
Ben zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid.«
»Aber ich kann zumindest für ihn beten. Eventuell ist Gott Nick ja doch gnädig gestimmt, auch wenn der nicht an ihn glaubt. Möglicherweise passiert ein Wunder, und Nick wird gerettet.«
Ben kicherte. »Das müsste schon ein ziemlich großes Wunder sein, um deinen Freund zu retten.«
Josephine gähnte erneut. »Macht es dir etwas aus, wenn ich heute Nacht hier schlafe? Das Feuer ist so schön, und der Gedanke, in diesen entsetzlichen Dschungel rauszumüssen, macht mir schreckliche Angst.«
Ben wollte ihr gerade mitteilen, dass er darüber nachdachte, sie als seine Löwin zu behalten und dass sie sich in seinem Zuhause befand, auch wenn sie der Ansicht zu sein schien, an einem heiligen Ort gelandet zu sein – einem Ort des Gebets und des Trostes. Er wollte ihr klarmachen, dass es hier keinen Gott mehr gab, nur noch einen Junglöwen.
Aber als er sich zu ihr umdrehte, lag sie bereits auf dem Boden und schnarchte leise.
Es spielte keine Rolle.
Sie hatte von Schicksal gesprochen und sie würde ihr wahres Schicksal noch früh genug erkennen.
Ben hatte einen Platz gefunden, den er in seinen eigenen Bau verwandeln konnte – und nun hatte er auch eine Frau, um sein eigenes Rudel zu gründen.
Alles lief wunderbar. Er hatte Daniel und allen anderen bewiesen, dass er es alleine schaffte. Er mochte zwar noch unerfahren sein, aber er lernte ständig dazu und wurde immer besser und schlauer. Und auch sein Rudel würde im Laufe der Zeit an Stärke gewinnen.
Er musste nur den morgigen Tag und die Schlacht überleben, von der er sicher war, dass sie bevorstand.
Während der Geruch von brennendem Holz schwer in der Luft hing – die Kirchenbänke eigneten sich hervorragend zum Verfeuern – lehnte Ben sich entspannt zurück und dachte über seinen Schlachtplan nach.
Nick konnte sich nicht entscheiden, was ihm mehr wehtat: Kopf oder Hände.
Er saß in dem Käfig, umgeben von einem halben Dutzend weiterer Gefangener, und entschied sich für die Hände. Sie brannten vor Schmerzen, und die meisten Scherben, die noch in seiner Haut steckten, hatten sich tiefer ins Fleisch gebohrt. Die scharfen Spitzen ragten nicht länger hervor, und er spürte nur noch unzählige kleine Wölbungen auf den Handflächen. Aus zahlreichen Schnitten an den Händen tropfte ein steter Blutstrom.
Aber auch sein Kopf befand sich nicht gerade in Bestform. Die Stelle, an der er getroffen worden war, dröhnte wie eine Marschtrommel.
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