Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
die Frau. »Du kannst auch gern etwas essen und trinken. Schaffst du es zu laufen?«
»Ich kann’s versuchen.«
»Paul Junior, Clara, geht mal zur Seite.«
Die Kinder machten Platz, als Nick mühevoll auf die Beine kam.
»Beantworte mir nur kurz eine Frage«, bat die Frau.
Nick nickte.
»Müssen wir damit rechnen, dass noch mehr Leute kommen?«
Nick dachte an seinen langen Weg durch die Dunkelheit der Höhle zurück. Und davor … nun, er hatte keine Ahnung, wie er überhaupt unter die Erde gekommen war. Er schüttelte den Kopf. »Das bezweifle ich.«
Die Frau atmete erleichtert aus. »Gut. Wir haben es geschafft, all den Problemen der Welt da draußen aus dem Weg zu gehen: dem Chaos, den Feuern, dem Wahnsinn. Wir haben eine Menge davon durch die Risse in der Wand auf der oberen Ebene beobachtet. Aber bislang ist es uns gelungen, uns vor dem Dschungel da draußen zu verstecken und nichts damit zu tun zu haben. Und wir wollen, dass das möglichst auch so bleibt.«
»Wer ist ›wir‹? Du und dein Mann?«
»Nein, ich fürchte, ich weiß nicht, was mit ihm passiert ist. Aber der Mann, mit dem ich zusammen hier gelebt habe, der Vater dieser Kinder, ist vor ein paar Monaten gestorben. Ein Dingo hat ihn erwischt.«
»Oh, das tut mir leid.«
Nick sah den Jungen und das Mädchen an. Ein melancholischer Ausdruck huschte über ihre engelsgleichen Gesichter.
»Jetzt sind nur noch wir übrig. Und uns gefällt das so. Ich bin übrigens Beth.«
»Hallo Beth.«
»Du siehst ein bisschen aus wie Paul. Dünner, und dein Bart ist buschiger, aber es gibt eine gewisse Ähnlichkeit.«
Sie setzten sich in Bewegung und die Kinder liefen voran.
Jedes Mal, wenn Nick in einen Streifen des Sonnenlichts trat, spürte er die heilende Wärme. »Ich schätze, es hat aufgehört, zu regnen?«, fragte er.
Die Frau runzelte die Stirn. »Es hat vor drei Tagen aufgehört.«
Nick blieb stehen. »Vor drei Tagen?«
Wie vermutet, musste er für einige Zeit das Bewusstsein verloren haben.
Die Frau blinzelte. »Erzähl mir nicht, dass du drei volle Tage in diesem Tunnel gesteckt hast.«
Nick schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Könnte sein.«
»Wow«, meinte sie.
Sie gingen weiter.
»Es hat wirklich sehr stark geregnet«, bemerkte Beth, als sie sich dem Haus näherten.
Der Geruch des gebratenen Fleisches war einfach himmlisch.
»Zum Glück haben wir schon vor Jahren einen Regenschutz über das Dach gebaut. Wir haben alles Mögliche dazu benutzt. Autositze, Farnwedel, alles. Wir haben schon früh gelernt, dass wir uns gegen den Regen schützen müssen. Ich darf gar nicht darüber nachdenken, was uns ohne diesen Schutz hätte zustoßen können.«
»Also, wo bin ich hier überhaupt?«, fragte Nick, während er sich auf einer Matte aus frischen grünen Blättern niederließ. »Es sieht aus wie ein unterirdischer Bunker oder eine Tiefgarage.«
Die Frau schwieg eine Weile. Dann antwortete sie: »Zu Hause.«
Sieben
Im Land der Blinden ist der Einäugige König.
In einem komplett überfluteten Land, in dem das Wasser weit über die Baumfarne emporgestiegen ist, die sich nun wie Algen im Meer unter Wasser hin und her wiegen, sind die Vögel die Könige.
Die Kakadus, Glockenvögel, Adler, Elstern und anderen Vögel schwebten hoch über dem neu entstandenen, gewaltigen Ozean, aus dem nur die Bäume und allerhöchsten Gebäude hinausragten. Sie genossen den Frieden, die Ruhe und die Freiheit, die ihnen diese unglaubliche Neue Welt schenkte.
Die Vögel, die sich von Fleisch ernährten, genossen auch die Fülle der Nahrung, die wie ein Teppich aus toten Fischen auf dem Wasser trieb: Hunde, Katzen, Kühe, Schafe, Kängurus, Dingos und Menschen standen zur freien Auswahl.
Sie zeigten sich nicht besonders wählerisch, wenn es ums Essen ging.
Auch ein besonders majestätischer Keilschwanzadler, der zwischen den Baumkronen hindurchsegelte und auf die unzähligen Leichen hinabblickte, die dem heftigen Regen und der Flut zum Opfer gefallen waren, betrachtete die dunklen Formen im Wasser lediglich als Nahrung, nichts weiter.
Während der Adler zwischen den Bäumen schwebte, zog eine der Leichen seine Aufmerksamkeit auf sich. Dafür gab es keinen besonderen Grund: Die leblose Gestalt – ein Mensch, auch wenn der Adler das nicht bewusst registrierte – hatte einfach seine Aufmerksamkeit erregt.
Der Vogel stieß auf das tote Fleisch hinab. Er stieß ein triumphierendes Kreischen aus, das durch den überfluteten Dschungel hallte.
Andere
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