Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
wenn doch, machte es ihm nichts aus, sich Harolds BMW mit dem Witwer zu teilen. Beim Einschlafen hatte Beth der Unterhaltung von Paul und Harold gelauscht. Sie erfuhr, dass Harold und seine Frau seit fast 60 Jahren verheiratet gewesen waren und er im Zweiten Weltkrieg der Infanterie angehört hatte. Kurz darauf war sie eingeschlafen und verpasste damit das weitere Gespräch.
Beths Mund fühlte sich trocken und staubig an. Sie öffnete die Autotür so leise, wie sie nur konnte, schlüpfte aus dem Wagen und schnappte sich rasch ihr Telefon. Das einzige andere Handy, das noch ein wenig Saft hatte, war das von Harold, und es lag in dessen Auto.
Sie streckte sich und schaute sich um. In Harolds Wagen rührte sich nichts, und Bruce, der mit Starthilfekabeln – Beths Idee – an einen der Betonpfeiler gefesselt war, hatte den Kopf zur Seite geneigt und schnarchte.
Du Tier.
Sie musste pinkeln und setzte sich Richtung Treppenhaus in Bewegung.
Sie schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch und kickte unterwegs immer wieder Schutt und Blätter aus dem Weg. Als sie die Augen zum Himmel hob, sah sie hoch über sich graue Streifen von Morgenlicht. Leider bahnte sich keiner der ersten Sonnenstrahlen einen Weg auf die unterste Ebene.
Wir sollten darüber nachdenken, auf Ebene zwei umzuziehen. Die Mobiltelefone halten nicht mehr lange durch.
Als sie an Harolds Wagen vorbeikam, schielte sie ins Innere. Paul schlief tief und fest auf der Rückbank des BMW, während Harold auf dem Fahrersitz eingenickt war, aber – absichtlich, wie Beth annahm – die Tür offen gelassen hatte.
Beth hatte das Gefühl, dass winzige Spinnen über ihre Haut krabbelten, als ihr Blick auf die Leiche fiel.
Sie hatte noch nie zuvor eine echte Leiche gesehen. Sie hatte allerdings schon von mehreren Leuten gehört, dass Tote oft aussahen, als würden sie nur schlafen. Nun, dieser Leiche nach zu urteilen, waren diese Leute entweder allesamt Lügner oder dem Wahn verfallen. Die gute alte Mildred sah ganz und gar nicht so aus, als ob sie schliefe – nein, sie sah tot aus. Ihre Gliedmaßen wirkten steif und ihr wachsartiger Teint erinnerte an eine Puppe.
Beth wandte sich von der Leiche ab und ging weiter auf das Treppenhaus zu.
Sie schlich hinein, stapfte eine Etage nach oben und trat schließlich auf die Überreste von C3 hinaus.
Für gewöhnlich parkten die Autos auf dem Parkplatz Stoßstange an Stoßstange und es wimmelte nur so von Leuten, die sich unter dem Gewicht ihrer Einkaufstüten krümmten. Einen solchen Ort derart ohne Leben zu sehen, kam ihr unheimlich und unnatürlich vor. Hier war es einfach zu leer, zu ruhig.
Noch 15 Minuten, bevor die Ersten kommen. Die, die lieber am frühen Morgen einkaufen und dem Trubel des restlichen Tages aus dem Weg gehen wollen.
Dann befreit uns endlich jemand aus dieser Hölle!
Beth ging auf einen Betonpfeiler in der Nähe einer Ecke zu. Sie schlüpfte aus ihren Louis-Vuitton-Schuhen und zog Hose und Unterhose aus. Sie hockte sich hin, aber trotz des trommelnden Regens kam ihr das Geräusch des Urins, der auf den Boden plätscherte, so ohrenbetäubend wie ein Wasserfall vor. Sie war ganz sicher, dass sie die anderen damit aufweckte.
Gott, hoffentlich nicht.
Als der letzte Urin in die Pfütze auf dem Boden tropfte, fiel ihr die Box mit den Taschentüchern ein, die auf dem Fahrersitz von Pauls Wagen stand.
Verdammt noch mal, wie konnte ich die nur vergessen?
Beth war so sehr daran gewöhnt, dass sich alles dort befand, wo es hingehörte, daran, auf eine Toilette zu gehen, auf der das Papier bereits griffbereit wartete, dass sie nicht eine Sekunde daran gedacht hatte, einen Vorrat an Taschentüchern mitzunehmen.
Sie wackelte mit den Hüften, richtete sich wieder auf und stellte sich über den Haufen mit ihren Kleidern. Als sie ihre Unterhose hochzog, fuhr ein Schauer der Abscheu durch ihren Körper. Sie hasste dieses Gefühl der Nässe, aber was konnte sie schon tun?
Wenn die Mädels aus dem Tennisclub mich jetzt sehen könnten …
Sie schlüpfte in Hose und Schuhe, entfernte sich von der Pfütze und dem beißenden Geruch und ging die Treppe wieder nach unten.
Ich könnte wirklich was zu trinken gebrauchen, dachte sie und leckte sich die trockenen Lippen. Und was zu essen. Einen großen Teller mit frischem Obst, einen Müsli-Muffin und eine schöne heiße Tasse Kaffee … Verdammt, was ich dafür im Moment nicht alles geben würde.
Sie stieß die Tür zu Ebene vier auf und steuerte auf Pauls
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