Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
hinüber. Das Licht des Feuers tauchte sein Gesicht in einen höllischen Glanz. »Ich schätze, ich hab dich ganz schön ausgepowert, was?«
Beth funkelte Bruce an und drehte sich dann zu Candice um, die noch immer an den Pfeiler gefesselt war. Die Wärme des winzigen Feuers, das Bruce angezündet hatte, als er mit Beth fertig gewesen war, erreichte Candice nicht, und man konnte deutlich sehen, dass sie zitterte.
»Warum machst du Candice nicht los und lässt sie näher ans Feuer?«, fragte Beth. Ihre Stimme klang ausgetrocknet und heiser, so als sei ihre Kehle mit Sandpapier ausgekleidet. »Sie wird ganz sicher nichts versuchen – schau sie dir doch nur mal an. Sie ist völlig erschöpft, von zu Tode erschrocken mal ganz zu schweigen.«
Bruce drehte den Kopf zu Candice, die inmitten der Schatten saß.
»Du bist bewaffnet – mein Gott, wovor hast du denn Angst? Wo soll sie denn hin? Sie kann schließlich nicht wegrennen.«
Bruce wandte sich wieder Beth zu. Er lächelte. »Ach, Scheiße, warum nicht? Ein bisschen Gesellschaft wäre nett. Dann könnten wir uns gegenseitig wärmen.«
»Fass sie ja nicht noch mal an«, rief Beth und spürte, wie die dünne Mauer ihrer geistigen Gesundheit zu bröckeln begann. »Fick mich noch mal, stell mit mir an, was du willst, aber lass Candice in Ruhe.«
Bruce sprang auf.
Mit dem Speer in einer Hand trottete er auf Candice zu.
Er blieb jedoch noch einmal stehen, drehte sich um und hockte sich wenige Meter von ihr entfernt vor eines der Löcher im Boden.
Bruce verharrte eine Weile davor, bis er schließlich wieder aufstand. Er streckte eine Hand aus, griff nach irgendetwas und zog daran.
Was macht er denn da? Was hat er gesehen?
Bruce stapfte ans Feuer zurück, einen wütenden und entschlossenen Ausdruck im Gesicht.
»Hey, was ist mit Can…«
»Die Scheißkerle haben was zu essen«, sagte Bruce. »Richtiges frisches Essen – ich konnte ihr Feuer sehen und es riechen. Verdammt sollen sie sein, weil sie alles für sich behalten.«
Es dauerte eine Weile, ehe Beth verstand, von wem er sprach.
»Ja, na und?«, sagte sie. »Es ist ja nicht so, als könntest du einfach nach unten gehen und sie um etwas zu essen bitten.«
Bruce langte ins Feuer und zog ein Stück Holz heraus. Er schwang es hoch über den Kopf, und das brennende Ende erleuchtete den schwarzen Himmel über ihm.
In diesem Moment sah Beth sie: Von der Decke baumelten Kletterpflanzen, die wie grüne Seile oder außergewöhnlich lange Schlangen wirkten. Sie waren vorher noch nicht da gewesen – Beth nahm an, dass der letzte Wachstumsschub sie mitgebracht hatte.
»Was willst du denn jetzt machen? An einer der Lianen runterklettern?«
»Verdammt richtig«, erwiderte Bruce und steckte seine Dolche in den Bund seiner Jeans.
Sie wollte ihm sagen, für wie idiotisch sie diese Idee hielt, dass er vermutlich abstürzen und sich das Genick brechen würde, aber sie hielt sich zurück. Wer war sie denn schon, dass sie ihm sagen konnte, er solle nicht an einer Liane hinabklettern. Wenn er Tarzan spielen wollte, sollte ihr das nur recht sein. Hoffentlich stürzt er tatsächlich ab und bricht sich das Genick!
»Ich besorg uns was zu essen. Ich bin so schnell wieder da, wie ich kann. Und ihr Mädchen seid schön brav, während ich weg bin.«
Bruce eilte zu der Öffnung im Boden, klemmte sich den Speer zwischen die Zähne, hielt die Fackel in der linken Hand, streckte den rechten Arm aus und griff nach der Kletterpflanze, die von einem der Äste hoch oben herunterbaumelte.
Er murmelte etwas, das Beth nicht verstand, und lehnte sich nach vorn. Er klammerte sich an der Liane fest und schwang über dem Loch hin und her. Beth betete, dass die Kletterpflanze unter seinem Gewicht riss und er auf den Waldboden stürzte.
Doch leider passierte das nicht. Vorsichtig kletterte Bruce an der Liane hinunter und verschwand schon bald außer Sichtweite.
Okay, das ist unsere Chance.
Beth streckte ihren Rücken durch – im Auto stank es entsetzlich nach alten Socken, kaltem Marihuana-Qualm und Erbrochenem – und befreite ihre Hände aus den Fesseln.
Dann suchte sie den finsteren Fußraum ab, fand ihre Hose, schlüpfte hinein, ohne sich die Mühe zu machen, nach ihrem Slip zu fahnden, und sprang aus dem Wagen.
Sie eilte zu Candice hinüber, die vollkommen benommen wirkte, als habe sie zu viel Gras geraucht.
»Candice, Liebes, ich bind dich jetzt los, okay?«
Candice drehte sehr bedächtig ihren Kopf und schaute zu Beth hinauf.
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