Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
ich Bruce umgebracht habe«, sagte Beth. »Macht mich das zu einem schlechten Menschen?«
»Nein«, versicherte Paul.
Beth drehte sich zu ihm um. Ihre Augen waren rot und glasig. »Also, was jetzt?«
Paul spähte zum Wasserfall hinüber. Dort befand sich keine Wand mehr, nur noch ein Geysir, der klares Gebirgswasser ausspuckte. »Ich könnte einen Schluck zu trinken vertragen.«
»Und ich hätte Lust auf eine Dusche«, erwiderte Beth. »Ich will Bruces Schmutz abwaschen.«
»Klingt gut. Scheiße, wir haben schließlich den ganzen Tag Zeit, oder nicht? Kein Grund zur Eile.«
»Nein«, fügte Beth hinzu. »Kein Grund. Aber trotzdem frage ich mich, was dort draußen vor sich geht, in der realen Welt.«
Paul hob seinen Blick zur Decke und sah durch eines der unzähligen Löcher, die im Dach der Tiefgarage klafften. »Ich kann nichts erkennen. Vielleicht sollte ich in die erste Ebene rauf und mal nachschauen, ob man von dort irgendwo einen genaueren Blick ins Freie bekommt.«
»Okay. Treffen wir uns am Wasserfall?«
Paul nickte und stieg die Rampe hinauf.
Sechs
Beth stand unter der rauschenden Gischt des Wasserfalls, ließ die eisige Kälte über ihren nackten Körper strömen und wusch sich den Dreck der vergangenen Tage ab.
Es war ihr egal, dass Paul sie nackt sah.
Sie mochte Paul.
Und davon abgesehen hatte sie für eine 42 Jahre alte Mutter noch einen verdammt anständigen Körper.
Als sie sich gesäubert hatte, trat Beth unter dem Wasserfall hervor, legte sich auf eine Betonplatte, die nun eher aussah wie ein bemooster Felsen, und saugte das Sonnenlicht auf, das auf sie herabströmte.
Sie schloss die Augen, döste ein wenig und dachte vor allem an Candice … aber auch an Menschen, die wie eine Meute wilder Tiere durch einen Dschungel streiften, und an verstümmelte Leichen, die an den Reklametafeln von Fast-Food-Läden baumelten wie totes Vieh in einem Schlachthaus.
Kurze Zeit später hörte sie, wie sich Schritte näherten.
»Scheiße, tut mir leid!«
Beth öffnete die Augen und setzte sich auf. Sie wischte sich die Tränen weg und versuchte, die grauenvollen Bilder abzuschütteln, die sich auf so rätselhafte Weise in ihren Kopf geschlichen hatten. »Das muss es nicht. Ich bin nicht verklemmt.«
Paul drehte sich wieder zu ihr um. Sein Blick wanderte über ihren Körper, bevor er sich räusperte. »Also, ich bin in die oberste Ebene raufgeklettert – was, wie sich herausstellte, gar nicht so schwierig war, wie ich dachte. Ich hab einen großen Riss in einer der Wände entdeckt und konnte rausgucken.«
»Und?«
»Keine guten Neuigkeiten, fürchte ich. Das Einkaufszentrum ist komplett mit Kletterpflanzen überwuchert. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Ich hab über den ganzen Horizont verteilt die Kronen von Hunderten, vielleicht sogar Tausenden Ebereschen und anderen Bäumen gesehen. Und ich hab Schreie gehört. Wirklich seltsam.«
»Die Schreie, meinst du?«
»Ja. Ich konnte Vögel hören und Insekten, aber keine anderen Geräusche. Keinen Verkehrslärm, keine Flugzeuge – abgesehen von diesen Schreien lag die Welt vollkommen still da. Beinahe … friedlich.«
Beth erhob sich und ging zu ihren Kleidern, die verstreut auf mehreren Betonplatten lagen. Sie begann, sich anzuziehen. »Also, wie kommen wir von hier weg?«
»Richtig. Weißt du, ich hab noch mal darüber nachgedacht.«
»Ja?«
»Nun, die Ausfahrtsrampe ist unpassierbar – ein großer Teil vom Dach ist eingestürzt. Sofern du keinen Presslufthammer dabeihast, kommen wir da auf keinen Fall raus. Bleibt also nur noch das Dach. Das bedeutet, dass wir hochklettern müssen, entweder über einen Baum oder an diesen Schlingpflanzen. So oder so, es wird uns einiges abverlangen.«
Beth war bereits in ihre Hose geschlüpft und wollte sich gerade ihren BH anziehen, warf ihn dann jedoch weg. Sie streifte ihre Bluse über und genoss das Gefühl des Stoffs an den Brustwarzen.
»Und mit meiner Schulterverletzung …«
»Die übrigens unbedingt versorgt werden muss. Ich sollte dir die Wunde säubern.«
Paul kletterte über die Felsen zu Beth hinüber. »Und mit meinen Rippen … Ich glaube kaum, dass ich es bis zum Dach rauf schaffe.«
»Heb deine Arme, wenn du kannst.«
Obwohl es ihm offensichtlich Schmerzen bereitete, folgte Paul ihrer Aufforderung. Beth zog ihm das Hemd über den Kopf.
»Oh, das sieht übel aus.«
Seine Schulter war vor Blut ganz klebrig und Beth konnte mehrere Splitter erkennen, die aus der Haut ragten.
Sie
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