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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Abu Dun erwischte einen dritten Krieger mit seinem Schwerthieb,
der seine Seite vom Knie fast bis zu Achsel aufschlitzte, und die beiden Überlebenden prallten erschrocken zurück und schienen nicht
mehr zu wissen, was sie tun sollten.
Dennoch hatten sie nur eine kurze Galgenfrist gewonnen. Die Männer, die Meruhe niedergeschlagen hatte, kamen bereits wieder auf die
Füße, und Faruk brüllte noch immer mit schriller, sich überschlagender Stimme nach den Wachen. Von überall her näherten sich Schritte, aufgeregte Rufe hallten durch den Palast.
»Andrej! Abu Dun!«, schrie Meruhe. »Weg hier!«
Sie fuhr herum, rannte einen der Krieger, der sich gerade wieder
benommen aufzurappeln versuchte, abermals über den Haufen - und
verschwand dann mit einem gewaltigen, lang gestreckten Sprung
direkt durch das Fenster!
Andrej riss ungläubig die Augen auf. Das Zimmer lag im zweiten
Stockwerk des Palastes, mindestens so hoch wie das, aus dem Abu
Dun und er vor einer Weile auf ganz ähnliche Weise entkommen
waren!
Aber ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, ob Meruhe nun
den Verstand verloren, einen furchtbaren Fehler gemacht hatte oder
vielleicht doch nicht das war, wofür er sie hielt. Faruk hatte die Hände heruntergenommen und den Säbel eines seiner gefallenen Soldaten aufgehoben. Kreischend vor Wut und Schmerz drang er auf ihn
ein, und die überlebenden Gardisten - immer noch weit mehr als ein
halbes Dutzend - schlossen sich ihm an. Es konnte nur noch Augenblicke dauern, bis weitere Soldaten vom Kampflärm und dem Gebrüll ihres Herrn angelockt wurden.
Andrej tat so, als versuche er nach links auszuweichen, machte
dann eine blitzschnelle Bewegung in die andere Richtung und stand
plötzlich unmittelbar vor Faruk. Der Emir stieß mit dem Säbel nach
ihm. Andrej wich der Waffe aus, packte Faruks Handgelenk und verdrehte es. Der Emir ächzte vor Schmerz, schlug aber zugleich auch
mit der anderen Hand nach ihm, und Andrej nahm den Hieb ohne mit
der Wimper zu zucken hin, wirbelte Faruk am Arm herum und ließ
ihn dann abrupt los, sodass er sich in ein lebendes Geschoss verwandelte, das in die Reihen seiner eigenen Krieger krachte und drei oder
vier von ihnen mit sich von den Füßen riss. Die beiden anderen gesellten sich nur einen Moment später zu ihnen, als Abu Dun sie einfach niederrannte. Dann waren sie bei dem zertrümmerten Fenster,
und Andrej warf einen hastigen Blick nach draußen.
Der Boden lag nicht ganz so tief unter ihnen, wie er befürchtet hatte. Er hatte sich zwar getäuscht - das Zimmer lag im dritten Stockwerk des Palastes, nicht im zweiten -, aber vier oder fünf Meter unter
ihnen erstreckte sich einer der zahlreichen Dachgärten des riesigen
Gebäudekomplexes. Andrej nahm alles zurück, was er über Meruhes
unbedachtes Handeln gedacht hatte. Ganz offensichtlich hatte ihr die
Zeit, die sie hier war, bereits gereicht, um sich einen Überblick über
ihre Umgebung zu verschaffen.
Dann aber sah er etwas, was sein Herz einen erschrockenen Schlag
überspringen ließ. Meruhe lag inmitten zerdrückter Zierpflanzen und
Glasscherben unter ihnen auf dem Rücken und regte sich nicht mehr.
»Andrej!«, brüllte Abu Dun. Im gleichen Moment flog die Tür auf,
und mindestens ein Dutzend weiterer Soldaten stürmte herein. Ein
Speer wurde in Andrejs Richtung geschleudert, verfehlte ihn und
verschwand durch das zertrümmerte Fenster. Eine weitere Aufforderung brauchte er nicht. Er stieß sich ab, sprang auf die Dachterrasse
hinunter und prallte dicht neben Meruhe auf. Er verlor das Gleichgewicht, fiel auf die Seite und nutzte den Schwung seines eigenen
Sturzes, um sich sofort wieder hochzustemmen und zu Meruhe herumzufahren. Neben ihm schien das gesamte Gebäude zu erzittern,
als Abu Dun ihm auf die gleiche Weise folgte, und aus dem zerbrochenen Fenster drang ein ganzer Chor aufgeregter Stimmen, übertönt
von Faruks hysterischem Gebrüll.
»Meruhe!«, keuchte Andrej. Panisch beugte er sich über sie, und
sein Herz schien endgültig auszusetzen, als er sah, wie schlaff und
entspannt ihr Gesicht aussah. Atmete sie noch?
»Da sind sie!«, kreischte Faruk über ihnen. »Tötet sie! Alle!«
Mindestens einer seiner Soldaten versuchte tatsächlich, aus dem
zerbrochenen Fenster zu klettern, verlor aber schon auf dem ersten
Stück den Halt und landete mit einem dumpfen Geräusch in dem
Pflanzengewirr ein Stück neben ihnen. Andrej konnte nicht erkennen, ob er verletzt war, aber der Mann war

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