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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zumindest klug genug,
sich nicht zu rühren, als Abu Dun eine drohende Bewegung in seine
Richtung machte. Dafür flog plötzlich von oben ein Speer. Abu Dun
wehrte ihn mit einem blitzschnellen Schwerthieb ab, doch dem ersten
Geschoss folgte fast unmittelbar ein zweites und ein drittes.
»Andrej!«, brüllte Abu Dun noch einmal. »Was zum Teufel tust
du? Glaubst du, das macht mir Spaß?« Sein Schwert prallte gegen
einen weiteren Speer und schleuderte ihn aus der Bahn. Andrej beugte sich hastig tiefer über Meruhe und setzte dazu an, die Arme unter
ihren Körper zu schieben, um sie hochzuheben. In diesem Moment
jedoch öffnete sie die Augen, und ein verblüffter Ausdruck erschien
auf ihrem Gesicht. »Ich glaube, ich bin ein wenig aus der Übung«,
murmelte sie benommen.
»Bist du verletzt?«, stieß Andrej hervor. Wieder flog ein Speer zu
ihnen herab, den Abu Duns Schwert diesmal verfehlte, sodass sich
die gefährliche Spitze kaum einen Fingerbreit neben Meruhes Schulter in den Boden bohrte. Amüsiert drehte sie den Kopf, starrte das
rasiermesserscharfe, handlange Stück Metall einen Herzschlag lang
an und sagte dann: »Noch nicht. Aber ich schlage vor, dass wir von
hier verschwinden, bevor sich das ändert.«
Andrej starrte sie verständnislos an. Sie war verletzt. Er konnte ihr
Blut riechen! Aber sie wirkte allenfalls ein wenig benommen.
»Ist… auch wirklich alles in Ordnung?«, fragte er. »Sicher.« Meruhe schien noch etwas hinzufügen zu wollen, machte aber dann ohne
Hast einen halben Schritt zur Seite, und ein Speer flog an ihr vorbei,
der sie ansonsten genau zwischen die Schulterblätter getroffen hätte.
»Die Frage ist nur, wie lange noch.«
Abu Dun schlug einen weiteren Speer zur Seite und wich gleichzeitig einem zweiten Wurfgeschoss aus, das gleichzeitig nach ihm geschleudert worden war. Auch Andrej zog instinktiv den Kopf zwischen die Schultern, obwohl die Waffe nicht einmal in seine Nähe
gekommen war, und Meruhe stürmte ohne ein weiteres Wort los.
Andrejs Augen wurden groß.
Ein einzelnen, schweren Herzschlag lang stand er noch wie gelähmt
da, dann erwachte er aus seiner Erstarrung und hetzte mit weit ausholenden Schritten hinter ihr her. Noch bevor sie das Ende des Dachgartens erreichten, hatte er sie eingeholt und riss sie so derb an der
Schulter herum, dass sie fast gestürzt wäre.
»Zum Teufel, Andrej, was ist denn jetzt schon wieder?!«, fauchte
Abu Dun. »Wir müssen weg, oder willst du warten, bis Faruks Männer uns eingeholt haben?« Er atmete schwer. Sein Mantel war über
der linken Schulter zerrissen, und frisches Blut zeigte, dass es ihm
offensichtlich nicht gelungen war, alle Speere abzuwehren.
Andrej beachtete weder ihn noch das lauter werdende Stimmengewirr im Hof unter ihnen, sondern starrte Meruhe an. Sie erwiderte
seinen Blick gelassen.
»Dein Freund hat Recht, weißt du?«, sagte sie. »Sie werden gleich
hier sein.«
Andrej ignorierte auch ihre Worte, sondern ergriff sie nur abermals
an der Schulter und drehte sie kaum weniger grob als zuvor herum,
sodass Abu Dun und er genauer erkennen konnten, was er selbst gerade nur flüchtig gesehen hatte. Abu Dun sog hörbar die Luft zwischen den Zähnen ein.
Meruhe musste flach auf dem Rücken aufgeschlagen sein, als sie
auf den Dachgarten heruntergestürzt war, und offensichtlich hatte sie
mindestens eine der großen tönernen Pflanzenschalen dabei zerschmettert. Eine gut handlange, gezackte Tonscherbe ragte wie eine
abgebrochene Axtklinge zwischen ihren Schulterblättern heraus, und
ihr Mantel war schwer von all dem Blut geworden, das sie verloren
hatte.
»Bei Allah!«, krächzte Abu Dun.
Meruhe wollte sich losreißen, aber Andrej hielt sie mit eiserner
Kraft fest und zog mit der anderen Hand die Scherbe aus ihrem Mantel. Der zerrissene Stoff klaffte dabei auseinander, und Andrej war
nicht einmal mehr überrascht, als er sah, dass sich die furchtbare
Wunde nahezu genauso schnell wieder schloss, wie er die Scherbe
aus ihrem Fleisch zog.
»Aber… aber wie ist denn das… möglich?«, murmelte Abu Dun.
Meruhe riss sich endgültig los und sah Andrej ärgerlich an. »Ich
sagte doch, ich bin ein wenig aus der Übung. Es ist schon eine Weile
her, dass ich aus Fenstern gesprungen bin und mich mit Pflanzenschalen herumgeärgert habe.«
»Du… du bist eine von uns«, flüsterte Andrej. »Nein«, sagte Meruhe, zuckte mit den Schultern und verbesserte sich: »Auf der anderen
Seite… schon.« Sie deutete nach oben,

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