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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sichtbar Widerstand zu leisten. Irritiert zog Faruk die Hand zurück.
»Aber vielleicht«, fuhr er fort, »fügt es sich gar nicht so schlecht,
dass du noch einen Moment geblieben bist, Sklavenhändler. Auf diese Weise kannst du wenigstens noch unsere anderen Gäste begrüßen.« Und damit drehte er sich bedächtig um, und sein Blick bohrte
sich direkt in den Andrejs. »Ihr könnt jetzt herauskommen. Es ist
sehr unhöflich, sich seinem Gastgeber nicht einmal vorzustellen.«
Andrej war so verblüfft, dass er zunächst einmal gar nicht begriff,
dass diese Worte tatsächlich ihm und Abu Dun galten. Dann hörte er
ein Geräusch hinter sich und wusste bereits, was er sehen würde,
noch bevor er sich vollends umgedreht hatte.
Der lange, nur spärlich erleuchtete Gang hinter ihnen war nicht
mehr leer. Zuerst zwei, dann noch zwei und schließlich insgesamt
sechs Gardisten tauchten mit gezogenen Waffen hinter ihnen auf.
Keiner von ihnen machte Anstalten, sie anzugreifen, aber der Rückweg war ihnen versperrt.
»Kommt heraus!«, sagte Faruk, jetzt laut und in befehlendem Ton.
Andrejs Gedanken überschlugen sich. Ebenso wie Abu Dun hatte er
die Hand wieder auf das Schwert gelegt, und er wusste auch, dass
diese sechs Männer nicht in der Lage gewesen wären, sie aufzuhalten. Aber in dem Raum hinter ihnen waren mindestens ebenso viele
Gardisten, und jetzt - viel zu spät - hörte er auch überall um sie herum noch weitere, huschende und schleichende Bewegungen.
»Nicht jetzt«, flüsterte er. Er nahm die Hand zwar nicht vom
Schwertgriff, entspannte sich aber sichtbar, und er spürte, wie Abu
Dun neben ihm dasselbe tat. Zögernd streckte er die andere Hand
nach der Tür aus und drückte leicht dagegen. Sie war nicht verriegelt
und öffnete sich trotz ihres unübersehbaren Gewichts lautlos.
»Liebe macht eben doch blind«, grollte Abu Dun.
»Oder taub«, fügte Andrej verwirrt hinzu. Wieso hatte er die Soldaten nicht gehört?
Dicht vor Abu Dun trat er durch die Tür und blieb zwei oder drei
Schritte vor Faruk stehen, der ihnen ruhig und mit einem Lächeln auf
dem Gesicht entgegenblickte. Meruhes Züge blieben ebenfalls vollkommen unbewegt, während Ali Jhin ein überraschtes Keuchen ausstieß.
»Ihr?«, murmelte er.
Faruk sah ihn kurz an und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder Andrej und Abu Dun zu. »Ich sehe, dass ihr alte Freunde von Ali
Jhin seid?«, erkundigte er sich lächelnd.
»Woher habt Ihr gewusst…?«, grollte Abu Dun und brach dann ab.
Andrej sah rasch über die Schulter zu ihm zurück und erlebte eine
Überraschung. Der Nubier blickte nicht Faruk an, sondern Meruhe.
Das Lächeln auf den dünnen Lippen des Emirs wurde spürbar kühler. »Hast du wirklich geglaubt, ihr könntet einfach so ungesehen an
meinen Wachen vorbei in den Palast spazieren, wenn ich es euch
nicht erlaube?«, fragte er und schüttelte den Kopf. »Ich sollte beleidigt sein, dass ihr mir so viel Leichtsinn unterstellt. Auf der anderen
Seite weiß ich es zu schätzen, dass ihr meine Männer auf dem Weg
hierher nicht getötet habt.« Er deutete ein Achselzucken an. »Auf
diese Weise kann ich das erledigen, um sie für ihre Unachtsamkeit zu
bestrafen.« Auch die letzte Spur von gespielter Freundlichkeit wich
aus seinen Zügen. Plötzlich sah er aus wie ein Raubvogel, der eine
wehrlose Beute erspäht hatte.
»Wer seid ihr?«, zischte er. »Und was wollt ihr…« Er führte den
Satz nicht zu Ende, sondern sah Abu Dun nachdenklich an, dann
drehte er sich halb um und ließ seinen Blick auf die gleiche Art über
Meruhes nachtschwarzes Gesicht streifen. Schließlich nickte er.
»Ich verstehe«, murmelte er.
»Kaum«, sagte Meruhe. Ihr Blick fixierte Andrej, nicht Abu Dun,
was Faruk aber offensichtlich entging.
»Vielleicht hat der Sklavenhändler ja doch die Wahrheit gesagt«,
fuhr er nachdenklich fort, wobei er abwechselnd sie und Abu Dun
ansah. »Du musst bei deinem Volk wirklich sehr beliebt sein, wenn
dieser Mann ein solches Risiko eingeht, um dich zu befreien.«
»Du verstehst überhaupt nichts, du Narr«, flüsterte Ali Jhin.
Faruk fuhr mit einer wütenden Bewegung zu ihm herum. »Was hast
du gesagt?«, zischte er.
Wenn der Sklavenhändler das drohende Funkeln in seinen Augen
überhaupt bemerkte, so schien es ihn nicht zu erschrecken. »Das sind
die beiden, von denen ich Euch erzählt habe«, sagte er mit einer Geste auf Andrej.
Faruk starrte ihn noch einen Herzschlag lang aus eng zusammengekniffenen Augen an,

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