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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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auf dem Wagen und tanzt, und Prescott lenkt das Fuhrwerk. Ich weiß nicht, wieviel Zeit wir noch haben, ehe die Wächter müde werden, ihr zuzuschauen. Allerdings könnte es sein, daß wir für den Rest der Woche unbeobachtet bleiben, wenn ich bedenke, was Pilar anhat.«
    Er drehte sich zu Chris um. »Wie schnell können Sie laufen?«
    »Ich... ich weiß es nicht. Wenn mich jemand jagt, kann ich ziemlich schnell laufen.«
    »Ich werde die Wächter mit einem Manöver ablenken, während Sie hier aus dem Fenster steigen, zum Wagen rennen und sich hinten auf dem Fuhrwerk verstecken. Glauben Sie, Sie können das schaffen?«
    »Aber was wird aus Ihnen? Ich kann nicht einfach davonlaufen und Sie hier zurücklassen.«
    »Nachdem Sie Dysan so leidenschaftlich geküßt haben, werden Sie sich doch meinetwegen keine grauen Haare wachsen lassen.«
    »Dysan?« gab sie verwirrt zurück. »Ich wollte doch nur an die Messer im Büfett herankommen. Ich mußte ihn auf irgendeine Weise ablenken. Sind Sie etwa eifersüchtig, Tynan?«
    »Ganz gewiß nicht! Wollen wir nun aus diesem Haus entkommen oder unsere Chance mit Reden vertrödeln und hier umkommen?«
    Sie nickte zögernd, war aber dennoch nicht sonderlich glücklich über sein Vorhaben. Sie fürchtete, er könne mit seinem Manöver Dysans Wächtern zum zweitenmal in die Hände fallen. Und sie glaubte nicht, daß Dysan sich noch einmal so leicht übertölpeln ließ.
    »Gutes Mädchen«, sagte er und wandte sich bereits wieder von ihr ab, als er sich plötzlich noch einmal umdrehte und sie in seine Arme zog. Sein Kuß war heftig - und schnell - so schnell, daß er dabei nur drei Knöpfe auf ihrem Rücken öffnen konnte, aber es war ein an Gefühlen reicher Kuß. Er ließ sie genauso abrupt wieder los, wie er sie an sich gerissen hatte. »Mir passiert schon nichts«, sagte er über die Schulter. »Und du springst aus dem Fenster, sobald du die Schüsse hörst.«
    Für Chris schienen das die längsten Minuten ihres Lebens zu sein, als sie am Fenster auf Tys Revolverschüsse wartete. Sie kauerte unter dem Fensterbrett, spähte durch die Scheiben und sah dort draußen einen hohen, bunt bemalten Wagen, der von bewaffneten Männern umringt war. Auf diesem Wagen tanzte Pilar, mit einer seltsam unförmigen Pumphose aus blauer Seide und einem winzigen Oberteil aus dem gleichen Stoff bekleidet. Es war überdeutlich, daß das Kostüm nicht für jemand angefertigt worden war, der Pilars Maße besaß, weil der Stoff ihr oben so straff anlag, daß er jeden Moment zu platzen drohte. Vermutlich war die Faszination der Männer größtenteils auf die Erwartung zurückzuführen, daß die Säume platzten, während sie Pilar beim Tanzen zuschauten.
    Während Chris beobachtete, wie Pilar wellenförmige Bewegungen mit ihrem Bauch machte, hörte sie plötzlich das Knattern von Revolverschüssen an der Rückseite des Hauses, was eine sofortige Reaktion bei den Wächtern hervorrief. Sie rannten alle auf die Stelle zu, aus der der Lärm zu kommen schien.
    Chris verlor jetzt keine Zeit, aus dem Fenster zu klettern. Sie rannte über den Rasen, öffnete die Tür auf der Rückseite des Fuhrwerks und stieg ein. Sie hörte noch, wie Prescott Asher zurief: »Sie ist drin!«, und dann rollte das Fuhrwerk auch schon in halsbrecherischem Tempo davon.
    Chris hielt sich links und rechts an den Streben des Kastenwagens fest. Das Fuhrwerk war mit Waren jeglicher Art beladen: mit Stoffrollen, Pfannen, Töpfen, Ackerwerkzeugen, und fast alles war irgendwo festgebunden, damit es nicht durcheinander flog, wenn das Fuhrwerk über unebenen Boden dahinrollte.
    Die Hintertür des Kastenaufbaus flog in dem Moment auf, als Chris ihr Gleichgewicht wiederfand. Als sie die Tür wieder schließen wollte, sah sie, daß sie sich sehr schnell von Dysans Haus entfernten.
    »Nein!« stöhnte sie; aber da war niemand hinten im Wagen, der sie hören konnte.
    Wenn sie Asher dazu bewegen wollte, wieder umzukehren, mußte sie etwas unternehmen, und zwar schnell. Indem sie, die Schaukelbewegungen des Wagens auspendelnd, über Kästen und Säcke nach vorn stieg, holte sie eine kleine, an einem Stiel befestigte Axt von der Seitenwand herunter.
    Sie mußte dreimal ausholen, ehe die Axt die vordere Trennwand durchschlug und die Schneide in besorgniserregender Nähe von Ashers rechtem Ohr aus dem Holz herausragte.
    Er drehte sich um und blickte sie ungläubig an, als sie den
    Rest der zersplitterten Bretter mit den Füßen aus dem Rahmen entfernte.

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