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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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verriet, wie groß seine Sorge um Pilar war.
    Einmal hörten sie die Hunde auf einem Hügelkamm über sich bellen und brachten die Pferde unter dichten überhängenden Zweigen bei einer Stromschnelle in Deckung. Christianas Pferd wäre fast von den reißenden Fluten mitgerissen worden, doch Ty fing noch rechtzeitig den Zügel ein und half dem Pferd ins ruhigere Wasser am Ufer zurück.
    Als die Männer und Hunde wieder von der Kuppe verschwunden waren, ritten sie weiter im Wasser in den Wald hinein und bewegten sich dann in eine Richtung, die von ihren Jägern fortführte.
    Es war schon fast dunkel, als Tynan sein Pferd anhielt und steif aus dem Sattel stieg. »Wartet hier auf mich. Er mag keine fremden Besucher.«
    »Wer mag das nicht?« fragte Chris. Doch Ty war bereits im Wald untergetaucht und gab ihr keine Antwort.
    »Der alte Mann.« Es war ein mühsames Flüstern, das Chris Bescheid gab. Und dann: »Könnte ich einen Schluck Wasser haben?«
    Rasch stieg Chris von ihrem Pferd und band eine Feldflasche von der Sattelpausche los. Asher hielt Pilar die Feldflasche an die Lippen, während Chris Pilars Wunde untersuchte. Die Blutung hatte aufgehört; doch Pilar sah nicht so aus, als ob noch viel Kraft in ihr wäre.
    Christianas Kopf ruckte in die Höhe, als sie in der Nähe das Krachen einer Schrotflinte hörte.
    Pilar lehnte sich gegen Ashers Brust. »Es ist der alte Mann«, flüsterte sie wieder. »Der Mann, der Tynan fand, als er geboren wurde.«
    »Der Goldgräber?« fragte Chris.
    »Wie er sich auch immer nennen mag. Die meiste Zeit verkauft er das, was ihm über den Weg läuft, ob es ihm gehört oder nicht.«
    »So zum Beispiel sechs Jahre alte Knaben«, sagte Chris mit angewiderter Stimme, während sie die Kappe wieder auf die Feldflasche schraubte.
    Pilar gab ihr keine Antwort mehr, sondern lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück, während Asher ihr einen Blick zusandte, der ihr sagte, daß auch sie eine Ruhepause dringend nötig hätte.
    Tynan, der sich trotz seiner Verletzung lautlos zwischen den Stämmen bewegte, kam nun zu ihnen zurück. Er schien vom Himmel heruntergefallen zu sein, als er plötzlich vor ihnen stand.
    »Wir haben einen Platz für ein paar Tage, aber nicht mehr«, sagte er und beobachtete, wie Chris sich wieder in den Sattel schwang. Dann musterte er Pilar mit einem besorgten Blick. Er ließ diesmal Asher voranreiten und blieb mit Christianas Pferd auf gleicher Höhe. »Er ist nicht so wie andere Leute«, sagte er zu ihr, den Blick auf den engen Pfad, dem sie folgten, gerichtet. »Du darfst ihm nie den Rücken zukehren und ihm niemals trauen. Erzähl ihm nicht, wer dein Vater ist, und denke nicht, daß auch nur ein Quentchen Gutes in ihm stecken würde. Und stell ihm keine Fragen.«
    »Du haßt diesen Mann, nicht wahr?« flüsterte sie.
    »Ja, ich hasse ihn von ganzem Herzen«, erwiderte Ty, während er sich wieder an die Spitze setzte und sie einen steilen Hügel zur Hütte des Goldgräbers hinaufführte.
    Es war eine häßliche, unglaublich schmutzige kleine Behausung, die an einer Felswand über einer Schlucht zu kleben schien. Chris dachte, daß der Felsen sich vor Grausen schütteln müßte, um sich von so viel Schmutz zu befreien. Da lagen halb verfaulte Kadaver vor der Türschwelle, und die Fliegenschwärme darüber waren so dick, als würde ein schwarzer, sich im Wind bewegender Vorhang vom Felsen herunterhängen. In der Nähe befanden sich noch ein Stapel Tierhäute und ein Topf mit verdorbenem Fleisch. Ein struppiger, magerer Hund, den Chris zunächst ebenfalls für einen Kadaver gehalten hatte, war an der Vorderwand der Hütte festgebunden.
    »Wir lassen Pilar so lange hier, während wir saubermachen«, sagte Ty und löste die Kette, die den halbverhungerten Hund an die Wand fesselte. Das bedauernswerte Tier humpelte zu einem Topf mit fauligem Wasser und leckte gierig.
    Ty half Pilar vom Pferd herunter, während Chris auf den herumliegenen Unrat starrte, die Fliegen verscheuchte und sich die Nase zuzuhalten versuchte, damit ihr nicht übel wurde vom Gestank.
    »Ich bin doch kein Wohltätigkeitsverein«, hörte sie eine Stimme hinter sich. »Ihr zahlt für das, was ihr euch nehmt.
    Ich habe euch nicht gebeten, hierherzukommen. Warum mußtet ihr den Hund losbinden? Damit er alles auffrißt, was ihm vor die Augen kommt?«
    Chris drehte sich um und sah einen vertrockneten kleinen Mann mit schwarzen, verfaulten Zähnen hinter sich, mit einem vor Habgier verzerrten Gesicht, als

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