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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin
Autoren: Jude Deveraux
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einen Mann, der sie so freundlich behandelte, und stellte dieser Sammlung dann die Fakten des anderen Mannes gegenüber, der nur darauf zu warten schien, daß sie in ein tiefes Loch stürzte.
    Die Zweige des Baumes und eine besonders dicke Schicht Moos darüber schützten sie wie ein großer Regenschirm, so daß sie zunächst gar nichts von den fetten kalten Tropfen spürte, die immer rascher auf die Blätter niederprasselten. Eben noch hatte sie warm und trocken unter einem Baum gesessen, und im nächsten Moment schien ein Sturzbach vom Himmel auf sie herunterzukommen.
    Hastig suchte sie ihre Schreibsachen zusammen und verlor dabei ihren Federhalter. Sie beugte sich weit nach vorn auf dem Baumstamm, auf dem sie saß, und suchte zwischen dem Grünzeug nach ihm, als die ganze Seite des Pfades, an der sie saß, plötzlich abbrach und in die Tiefe rutschte. Der Baumstamm rollte unter ihr davon, und sie konnte sich gerade noch an einer Baumwurzel festklammern, während unter ihr das Erdreich einen Hang hinunterpolterte.
    Da hing sie nun über dem Abgrund, während ein eisiger Regen ihr auf Kopf und Schultern trommelte. Ihre Füße pendelten im Nichts, und in diesem Wolkenbruch vermochte sie nicht einmal einen Meter weit zu sehen. Sie betete um Hilfe, flüsterte »Tynan« und konnte im rauschenden Regen ihre eisige Stimme nicht verstehen.
    »Tynan!« rief sie.
    Ihre Hände begannen auf dem nassen Holz zu rutschen. Sie versuchte kühlen Kopf zu bewahren und sich zu überlegen, wo sie sich befand und wie sie sich am besten aus dieser Klemme wieder befreien könnte. Wenn sie doch nur hätte sehen können, wie tief der Abgrund war, über dem sie hin und her schwang. Vielleicht schwebten ihre Zehen nur zehn Zentimeter über dem Boden; aber es konnten ebensogut zehn oder gar hundert Meter sein.
    Sie drehte sich ein wenig und starrte in die Tiefe. Aber da war wallender Nebel, der alles unkenntlich machte. Ihre linke Hand rutschte vom Holz ab.
    »Verflucht seien alle Montgomery-Frauen, weil sie so klein geraten sind«, sagte sie, weil sie mit der Hand die Böschung des Pfades nicht mehr erreichen konnte.
    Plötzlich gab sie ihre Bemühung auf, weil sie glaubte, über sich ein Geräusch gehört zu haben.
    »Tynan«, schrie sie mit der ganzen Kraft ihrer Lungen. »Tynan, Tynan, Tynan!«
    Sie hatte ihren letzten Schrei noch gar nicht vollends ausgestoßen, als er schon neben ihr war, den Rücken im Schlamm der Böschung vergraben, während er mit seinen langen Armen nach ihr griff und sie an sich zog.
    Sie klammerte sich an ihn wie ein Affe an einen Baum, wickelte ihren Körper um den seinen, ihre Arme um seinen Hals, ihre Beine um seine Taille.
    Er begann den Abhang hinunterzuwaten, Hindernisse aus dem Weg zu schieben, den Boden darunter zu prüfen. Chris klammerte sich noch immer an ihm fest, das Gesicht an seinem Hals vergraben. Selbst als er die Böschung hinaufzuklettern begann, ließ sie ihn nicht los.
    »Hier«, sagte er endlich und klaubte sie sich vom Körper.
    Als er sie auf den festen Boden zurückgestellt hatte, merkte sie, daß die Beine ihr unter dem Leib einknickten. Sie waren beide über und über mit Schlamm bedeckt.
    »Setzen Sie sich eine Weile dorthin, und ruhen Sie sich aus.« Er deutete auf einen Geröllblock in ihrem Rücken, und dankbar nahm sie dort unter einer überhängenden Felswand Platz, die sie vor dem strömenden Regen schützte.
    Als sie zu Ty hochsah, dessen Kopf sich dunkel vor dem dampfenden, rauschenden Regen abzeichnete, wußte sie, daß ihr noch kein Anblick so willkommen gewesen war in ihrem Leben wie dieser Mann. Und so war es ganz natürlich daß sie ihm die Arme entgegenhob.
    Er kam zu ihr und drückte sie so fest an sich, daß sie kaum noch Luft bekam. »Ich wußte, daß es regnen würde«, sagte er. »Ich wollte gerade die Zelte aufbauen, als sie das Lager verließen. Ich dachte, Sie wären so vernünftig und würden umkehren, als es zu regnen begann. Himmel, Chris, Sie werden sich noch mal umbringen! Es ist ein Wunder, daß ich Sie überhaupt gefunden habe.«
    Chris war so froh, daß sie gerettet war und diesen Mann bei sich hatte, daß sie anfing, ihm den Hals zu küssen. »Ich wußte, daß du mich finden würdest. Ich wußte es von dem Augenblick an, als der Boden unter mir wegrutschte. Eben saß ich noch im Trockenen, und im nächsten Moment stürzte ich in die Tiefe. Ich hatte zuerst gar nichts gemerkt von dem Regen, bis er in Kübeln herunterkam.«
    Er löste gewaltsam ihre Arme von
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