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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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und überließen es Pilar, auf die Richtung zu achten und darauf, ob das Pferd in ein Loch zu treten drohte, so daß sie Chris im Sattel festhalten konnte. Am Nachmittag durfte Chris dann Pilars Rolle übernehmen, dafür wurden ihr die Augen verbunden.
    Obwohl die Frauen nie miteinander sprachen, begannen sie sich doch zu ihrem Schutz aufeinander zu verlassen. Anfangs benahm Chris sich sehr feindselig Pilar gegenüber, wollte ihr nicht helfen, mochte sich nicht von ihr anfassen lassen und haßte es, mit ihr auf einem Pferd sitzen zu müssen.
    Pilar schien Christianas Einstellung zu verstehen und ließ Chris in Ruhe - bis diese einmal fast vom Pferd gestürzt wäre und sich an der anderen Frau festhalten mußte.
    »Wir fahren besser damit, wenn wir uns nicht gegenseitig wie Feinde behandeln«, flüsterte Pilar Chris zu und wurde von einem der Männer ins Gesicht geschlagen, weil sie gewagt hatte, das Redeverbot zu durchbrechen.
    Danach gab Chris ihre feindselige Haltung gegenüber Pilar auf. Was hatte sie auch für einen Grund, ihr böse zu sein? Tynan war das einzige Band, das sie mit dieser Frau verknüpfte, und er hatte ihr doch nur zu deutlich zu verstehen gegeben, daß er nichts mit ihr zu tun haben wollte. Wenn Tynan sich für Pilar entschied, war das sein freier Wille.
    Es war schon spät am Abend des dritten Tages, als die Männer endlich die Pferde zügelten und die zwei erschöpften Frauen auf den Boden herunterzerrten, sie dann bei den Handgelenken packten und in den Flur eines dunklen Hauses hineinzogen, von dem Chris so gut wie gar nichts sehen konnte. Die Männer schleppten sie hinter sich her eine Treppe hinauf, und als Pilars Arm gegen einen Geländerpfosten schleuderte, zogen sie nur noch heftiger an ihren Handgelenken.
    »Wir können schon noch allein gehen!« sagte Chris und streckte die Hand aus, um Pilar zu stützen.
    Der Mann, der sie an den Handgelenken festhielt, sagte kein Wort, sondern stieß sie nur drei Treppen hoch vor sich her bis in den dritten Stock hinauf. Dort nahm Pilars Entführer einen Schlüsselring von der Wand, sperrte eine Tür auf, die aus mindestens vier Zoll dickem Eichenholz zu bestehen schien, und schob die Frauen in den Raum hinein.
    Es war kein Licht in dem Zimmer; doch Christianas Augen gewöhnten sich rasch an die Dunkelheit, nachdem die Tür hinter ihnen wieder verschlossen worden war. Sie begann die Umrisse eines großen weichen Bettes in der Mitte des Zimmers auszumachen.
    Mit einem ungläubigen Seufzer und Tränen in den Augen stolperte sie auf das Bett zu, Pilar dicht hinter ihr. Sie fiel auf die Decken und war sofort eingeschlafen.
    Die Sonne stand schon wieder tief am Himmel, als Chris am nächsten Tag aufwachte, und zeigte ihr, daß es bereits später Nachmittag war. Einen Moment lang lag sie still, sah durch eines der winzigen Fenster hinaus und bewegte jeden Muskel, um festzustellen, ob er nur schmerzte oder für alle Zeiten zerstört war. Sie hielt ihre Arme hoch und sah, daß sie zerkratzt und an den Handgelenken bis auf das rohe Fleisch durchgescheuert waren, wobei die Wunden teils mit Schorf, teils mit getrocknetem Blut bedeckt waren. Daneben entdeckte sie noch eine Unzahl von Moskitostichen.
    Sie bewegte den Kopf und sah Pilar neben sich, noch schlafend, auf dem Bauch liegen. Chris fragte sich, ob sie wohl auch so mitgenommen aussah wie ihre Leidensgenossin. Pilar war schmutzig, hatte tiefe schwarze Ringe um die Augen, und was von ihrem Körper unter dem schlammbedeckten Kleid hervorlugte, schien nur aus Kratzwunden zu bestehen.
    Pilar öffnete ein Auge. »Verschwinde«, murmelte sie und drehte sich auf die andere Seite.
    Chris lag still und wartete, und ein paar Sekunden später drehte Pilar sich wieder zu ihr um.
    »Das kann doch nicht wahr sein«, sagte sie. »Ich dachte, ich träumte nur schlecht!« Pilar versuchte, sich mit beiden Armen hochzustemmen, stöhnte vor Schmerz und fiel auf das Bett zurück. »Wo sind wir? Noch wichtiger: Warum sind wir da, wo wir uns jetzt befinden? Und weißt du, ob es hier irgendwo ein Nachtgeschirr gibt?«
    Chris stützte sich auf die Ellbogen und bewegte dann ihren Kopf im Kreis, um ihre verkrampften Nackenmuskeln zu lockern. »Da steht ein Wandschirm in einer Ecke. Vielleicht ist dahinter ein Nachtgeschirr versteckt.«
    »Ich schätze, das ist eine Sache, die ich ganz allein erledigen muß«, murmelte Pilar, wälzte sich ächzend vom Bett herunter und bewegte sich zum Wandschirm.
    Chris verließ ebenfalls das Bett

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