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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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19
    Pilar saß auf dem Boden, gegen die Bettstatt gelehnt, und schlief trotz ihrer guten Vorsätze so fest, daß sie nicht hörte, wie jemand ins Zimmer kam, bis sich eine Hand über ihren Mund legte und sie aus dem Schlaf schreckte.
    »Tynan?« fragte sie ungläubig. »Bist du es?«
    »Wo ist Chris?« fragte er sofort.
    Pilar setzte sich kerzengerade auf. »Ich weiß es nicht. Sie ist schon seit Stunden fort. Ich hörte zwar die Hunde bellen und Männer rufen, doch keinen Laut mehr von ihr. Ty, ich mache mir schreckliche Sorgen ihretwegen.«
    Tynans Gesicht zeigte, was er darüber dachte, daß Chris das Zimmer verlassen hatte. »Wie hat sie aus diesem Zimmer entweichen können?«
    Pilar begann, sich an der Bettstatt hochzuziehen. »Wir haben die Laken in Streifen gerissen. Sie seilte sich damit aus dem Fenster in den Hof ab. Du bist ja verletzt, Ty! Setz dich, daß ich mir die Wunde...«
    »Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Ich muß Chris finden, und zwar rasch. Laß das, es ist nichts Schlimmes - nur ein paar Hundebisse. Warum, zum Teufel, hast du sie aus dem Fenster klettern lassen? Von ihr konnte ich keine Vernunft erwarten, dafür um so größere Besonnenheit bei dir, Pilar! Hatte ich dir nicht gesagt, daß du über sie wachen sollst?«
    »Wie hätte ich sie denn an der Flucht hindern können? Dysan erzählte uns, er habe über hundert Männer ausgeschickt, die jeden töten sollten, der nach ihm fragt oder sich nach seiner Wohnung erkundigt. Du hättest tot sein können nach allem, was wir wußten. Und dann sagte Chris noch zu mir, Dysan würde uns nie mehr in die Freiheit entlassen, weil wir ihn sonst als Entführer identifizieren und gegen ihn aussagen könnten.«
    »Hat er sich bereits mit Mathison in Verbindung gesetzt?«
    »Das ist ja das Seltsame an der Geschichte: Ich bin mir gar nicht sicher, daß Dysan weiß, wer Chris ist. Er sprach davon, daß ihr Vater Selbstmord begangen habe und ihr Mann ein
    Betrüger sei. Wenn er nicht weiß, daß Chris eine wohlhabende Frau ist, warum hat er uns dann entführen lassen.«
    »Ich werde mir später Gedanken darüber machen, was in dem Kopf dieses Mannes vorgeht. Im Augenblick sind seine bewaffneten Leute meine größte Sorge. Hast du beobachten können, was Chris tat, als sie den Hof erreichte? Hat sie versucht, das Grundstück zu verlassen, oder ist sie wieder ins Haus hineingegangen? Sie schnüffelt ja zu gern in den Papieren anderer Leute herum.«
    »Ich weiß es nicht, weil ich damit beschäftigt war, das Seil wieder einzuholen. Doch ich glaube, daß sie sich wohl ins Haus zurückziehen mußte, denn schon Sekunden nachdem sie den Boden erreicht hatte, kamen die Hunde um die Hausecke. Sie hatte vorher ihre Schuhe in Stoffetzen eingewickelt und diese mit Fleischfett eingerieben. Sie wollte die Stoffetzen wegwerfen, sobald sie den Waldrand erreicht hatte.«
    »Das scheint wohl nicht funktioniert zu haben, denn ich habe draußen weder sie noch Stoffreste gesehen. Nun möchte ich, daß du mir zuhörst und genau befolgst, was ich dir sage. Prescott - der Mann, der mit ihr in Hamiltons Haus zusammen war- wird jede Minute hier sein, und ich will, daß du dir von ihm zur Flucht verhelfen läßt. Er wird dich über das Dach entführen.«
    »Und was machst du inzwischen?«
    »Ich werde nach Chris suchen.« Mit dieser Bemerkung ging er zum Fenster und kletterte an einem Seil, das von oben herunterhing, auf das Dach hinauf. Pilar konnte seine Schritte über ihrer Zimmerdecke hören, und dann wurde es wieder still.
    Tynan gab Asher ein Zeichen, der hinter einem Erkertürmchen auf dem hohen Haus kauerte, band nun das Seil um einen etwas entfernt stehenden Kamin und kletterte daran wieder nach unten. Dank Beiles Skizze wußte er recht gut über die Räume im Haus Bescheid und suchte jetzt das Fenster von Dysans Büro zu erreichen. Das war das Zimmer, das Chris vermutlich am ehesten aufsuchen und erkunden würde.
    Im Büro war es stockdunkel. Tynan fand auch keine Spuren, daß hier vor kurzem noch jemand gearbeitet oder etwas gesucht hatte- keine Dokumente oder Briefe, nur ein paar Bücher, jedoch keine Journale mit verräterischen Bilanzen und schon gar keine hübschen kleinen Blondinen, die darin herumschnüffelten.
    Vorsichtig schlich Tynan sich nun aus dem Büro hinaus in den dunklen Korridor. Er lauschte angestrengt und vernahm Stimmen im Erdgeschoß, aber sie klangen nicht sonderlich aufgeregt, wie das zu erwarten gewesen wäre, wenn man Chris soeben beim Herumschnüffeln

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