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Die verfuehrerischen Vier

Titel: Die verfuehrerischen Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Triana
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sie wollte, aber sie konnte auch auf ihr Gewissen hören, wenn sie es für nötig hielt.
    Wir aßen vor uns hin, redeten über Puerto Rico und dass ich das letzte Mal mit Yoli und ihrer Mutter dort gewesen war, als wir zwölf waren. Wir hatten Yolis Großmutter besucht, ehe sie nach Texas zog. Da wir auf der Reise damals fast alles in San Juan gesehen hatten, beschlossen wir, heute außerhalb der Stadt einen Ausflug zu machen.
    Plötzlich wurde es ein bisschen zu still. Die Mädchen hatten zu reden aufgehört, und ein Hauch von Aftershave verriet, warum. Ich blickte auf und sah den Adverbienkenner an mir vorbeischlendern. »Guten Morgen.«
    »Guten Morgen«, sagte ich und wandte meine Aufmerksamkeit schnell wieder meinem Obstteller zu. Es war komisch, so aus der Nähe von einem Jungen angestarrt zu werden. Vor allem von einem so süßen.

    »Na, gefällt es euch hier?« Mir gefiel, dass er keine gegrunzten Fülllaute machte wie so viele Typen. »Hä« und »Mann« und »was« und »echt« …
    »Ziemlich«, sagte ich. »Und dir?«
    »Auch ziemlich.« Er lächelte.
    Grrr. Lorenzo? Wer ist das?
    »Also …« Er tippte auf den Tisch und blieb stehen. »Ich heiße übrigens Raul. Ich dachte, ich sollte mich mal vorstellen.«
    Ich kam mir unmöglich vor, dass ich ihm jetzt schon zweimal begegnet war und ihn nicht nach seinem Namen gefragt hatte. »Fiona«, sagte ich. »Und das sind Alma, Yoli und Killian.«
    »Hi.«
    »Hi.«
    Ich war überzeugt, dass sein Blick an Killian hängen bleiben würde, tat er aber nicht. Einen winzigen Moment blieb er an Yoli hängen, aber überwiegend sah er mich an. »Nett, euch kennenzulernen. Und, geht ihr in die Stadt?«
    »Wir machen’ne Kajaktour«, sagte Killian. »Willst du mit?«
    Ich gab Killian unter dem Tisch einen Tritt.
    Sie tat so, als würde sie sich bücken, um sich am Fuß zu kratzen, und flüsterte mir dabei ins Ohr: »Was ist? Der ist doch süß.«
    »Danke, aber ich mach schon’ne Stadtbesichtigung mit meinen Freunden dort«, sagte Raul und sah zu einem anderen Tisch hinüber.
    »Dann sehen wir dich heute Abend wieder?«, fragte Killian lächelnd.
    »Auf jeden Fall.« Er sah in die Runde, Hände in den Taschen, und war einfach nur locker und nett. Es gefiel mir, dass
er keine von uns besonders anstarrte oder übertrieben flirtete.
    »Also, dann bis später.«
    »Tschüss«, sagten wir.
    »Nett, dich kennengelernt zu haben«, setzte ich noch hinzu, obwohl wir das ja schon alles hinter uns hatten.
    Er drehte sich noch mal um. »Gleichfalls.« Breites Grinsen.
    Ich grinste zurück.
    Er schlenderte zu seiner Gruppe zurück, die aus fünf Leuten bestand: vier Jungen und ein Mädchen. Als er weit genug weg war, fingen wir leise zu kichern an. Mehr war nicht nötig gewesen, um wieder in den Normalzustand zurückzufinden. So, wie ich ihn mochte: ohne Zickereien.
    Killian strich mein Haar glatt und ließ die Finger durch die Spitzen gleiten. »Da findet dich einer nett.«
    »Ja, na gut. Vielleicht, wenn ich’ne andere wäre. Vielleicht, wenn mein Leben anders wäre.«
    Ich sah Alma an. Sie schwieg ja meistens, aber manchmal konnte ich einfach, indem ich sie ansah, erkennen, ob etwas gut war oder nicht. Etwas wie diese Sache mit Raul. Die weise, sinnierende Alma.
    Sie hielt die Kaffeetasse vor dem Mund und nahm langsam einen Schluck. Dahinter sah sie mich grinsend an und zwinkerte.

    Wir standen an einem Bus und warteten auf die anderen, die sich für den Ausflug gemeldet hatten. Es war eine angenehme Überraschung, dass Santi und Monica zu uns stießen. Wir hatten sie ja gestern schon kurz gesehen, aber heute kamen sie nun mit auf die Kajakfahrt. Heute hielten sie sich nicht an
den Händen, was mir zu denken gab. Dass sie manchmal wie Pech und Schwefel und manchmal so distanziert wirkten, als ob sie gerade einen Streit hinter sich gehabt hätten, ohne uns allerdings die Freude zu machen, ihn mitzubekommen.
    Unser Reiseleiter war ein Typ namens José. Er erzählte uns von der Bucht, in die wir fahren würden, und dass es dort nachts Mikroorganismen gäbe, die leuchteten. Schade, dass wir heute Abend nicht mehr dort sein würden. Das wäre sicher ein hübscher Anblick gewesen.
    Die Busfahrt dauerte eine Stunde und führte vorbei an einem berühmten Leuchtturm in Fajardo. Dann ging es in ein Naturschutzgebiet namens Las Cabezas de San Juan, was auf Spanisch »Die Köpfe von St. Johannes« hieß. Wir würden in einem Mangrovenflusslauf Kajak fahren, der denen daheim in Florida, die

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