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Die verfuehrerischen Vier

Titel: Die verfuehrerischen Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Triana
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auf dem Armaturenbrett lesen konnte, fuhr mich hinunter nach Charlotte Amalie in die Fußgängerzone mit ihren Läden. Er berichtete, dass es eine Menge zu sehen gäbe, und wies mich auf jeden Schmuckladen, jeden Antiquitätenhändler und jede Galerie hin, die ihm einfiel. Wahrscheinlich konnte er sich gar nicht vorstellen, dass ich für solche Sachen kein Geld hatte. Ich wollte nur die Atmosphäre der Stadt kennenlernen und in mich aufnehmen.
    »Danke«, sagte ich, bezahlte die Fahrtkosten und gab ihm ein paar Dollar Trinkgeld.
    Er verbeugte sich. »Einen schönen Tag noch, Miss.«
    »Danke. Ihnen auch.« Ich sah zu, wie er wieder einstieg und davonfuhr. Ich hatte gerade vierzig Minuten mit einem total fremden Menschen hinter mir, und doch war ich irgendwie traurig, dass er verschwand. Seltsam, wie schnell man sich an neue Leute gewöhnt.

    Die Main Street war eine lebendige Flaniermeile. Überall spazierten Menschen herum, als hätten sie kein bestimmtes Ziel, irgendwoher kamen Musik und die Düfte verschiedener Speisen. Ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Ich hatte so viel Zeit. Die Broschüren steckte ich ein und widerstand dem Drang, den Tag durchzuplanen. Ich wollte ihn einfach genießen, ohne zu wissen, wohin mich der nächste Schritt führte. Ich ließ mich treiben. Ganz untypisch für mich. Was war denn heute mit mir los?
    Ich ging eine Seitenstraße entlang und stellte fest, dass die Stadt einerseits alt war, aber andererseits auch sehr modern wirkte. Es gab hübsche Läden und die Leute waren freundlich. Es kam mir nicht so vor, als ob sie einfach mir zuliebe lächelten. Sie freuten sich wohl einfach, in einer so schönen karibischen Stadt zu leben, wo es ganz besonders entspannt zuging. Wer würde das nicht schön finden?
    Ich kam an einem kleinen Laden vorbei, auf dessen Tür zu lesen war: CRISTAS HANDLESEKUNST & TAROTLEGEN. Nein! Die Wahrsagerei reichte mir für diese Woche, vielen Dank. Aber ich spähte doch hinein. Der Laden sah gemütlich aus mit seinen Kristallen, Perlen, kleinen Statuen und den vielen Büchern. Ich dachte an die Mädchen und was sie wohl gerade machten. Vielleicht konnte ich das Schicksal herausfordern. Wenn ich ihnen zufällig begegnen würde, dann sollte das bedeuten, dass wir auf immer Freundinnen blieben, wenn nicht, dann nicht.
    Ehrlich, ich hatte nicht vorgehabt, mich mit der Zukunft zu beschäftigen, aber … ich hatte keine Ahnung, was aus uns und unserer Freundschaft würde. Wie sollten wir uns nahe bleiben, wo wir doch in alle Winde verstreut wurden? Lorenzo würde mich ständig besuchen kommen, aber die Mädchen? Meine Mutter hatte mir von Judith, ihrer besten Freundin an
der Highschool, erzählt. Im College waren sie noch eng befreundet, und als Judith heiratete, hörte Mom anfangs noch von ihr, aber nach und nach verloren sie sich aus den Augen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass uns das passierte - außer Yoli waren wir anderen auch noch alle Einzelkinder. Wir hatten nur uns. Andererseits konnte ich mir nicht vorstellen, dass wir uns öfter als zweimal im Jahr sehen würden. Ein schrecklicher Gedanke.
    Daher versuchte ich ihn zu verscheuchen.
    Ich wischte mir die Augen und ging weiter. Jetzt, wo mir die Sonne das Gesicht wärmte, fühlte ich mich ganz lebendig. Ich spürte fast, wie mein Haar unter den intensiven Strahlen ausbleichte und sich meine Haut bräunte. Ich kam an einem Café vorbei, in dem viele Leute waren, und wagte mich hinein. Jetzt einen Kaffee, das würde mir guttun. Kaffee war etwas Vertrautes. Kaffee war überall gleich.
    Ich stellte mich an und starrte zu der Tafel mit den Angeboten hinauf. Etwas Kühles oder etwas Heißes? Etwas Kühles, klar. Draußen war es glühend heiß. Ich sah mich in dem Café um, das kein bisschen wie Starbucks aussah. Es war viel gemütlicher. An den Wänden hingen gerahmte Landkarten und Kinderbilder. Hier konnte man in alten ausgelatschten Flipflops reinkommen und musste sich nicht darum kümmern, was gerade angesagt war.
    Ein Mann vor mir, der nach Tourist aussah, machte Theater, weil er seinen Kaffee aus einem Keramikbecher und nicht aus einem Pappbecher wollte. Ich wäre ja sauer geworden, aber das Mädchen hinter der Theke lächelte nur und schob ihm eine randvolle Schale hin.
    In dem Moment ging ein lautes rumpelndes Geräusch los, das so klang, als würde ein Sattelschlepper durch die Straßen donnern. Nur, dass ein Sattelschlepper nicht in die schmale
Straße gepasst hätte. Ich drehte mich um und sah,

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