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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Gee
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»Na schön, mein lieber Pope«, sagte er. »Aber du brauchst jetzt dringend ein bisschen Ruhe. Ich dagegen denke, ich bleibe noch ein bisschen und trinke noch ein Gläschen Wein.«
    Als Alexander vor Morgengrauen wieder herunterkam, fand er Jervas schnarchend im Sessel, das Kaminfeuer erloschen und die leere Flasche neben ihm auf dem Teppich.
    Um Viertel vor fünf, nach weniger als vier Stunden Schlaf, begrüßte Martha den Diener nicht eben freudig, der ihr meldete, dass Mr. Pope draußen warte. Aber sie kam doch schneller herunter, als Alexander erwartet hatte, und stieg mit schläfrig melancholischer Miene zu ihm in die Kutsche. Alexander reichte ihr eine Decke zum Einhüllen, denn der Morgen war kühl. Dann fuhren sie los durch die halbdunklen Straßen.
    Nach mehrfachem Gähnen meinte Martha: »Ich gestehe, heute Morgen verspüre ich mich nicht gerade umhüllt vom zarten Tau der Jugend, eher von so etwas wie einem Nebel.«
    Alexander pflichtete ihr bei. »So früh am Morgen merkt man halt, dass das Jungsein von Poeten überbewertet wird«, sagte er und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Jugend ist auch nur ein Verwirrspiel des menschlichen Lebens, eben nur auf gütigere Art als das Alter.«
    Als ihre Kutsche um eine Ecke bog, bot sich ihnen ein unverstellter Blick auf den Themsefluss, und trotz ihrer Müdigkeit konnten sie beiden nicht anders als auszurufen: »Oh! Wie schön ist das!«
    Und so war es. Die Biegung des Flusses zog sich zur Stadt hinunter, die sanfte Uferböschung hell erleuchtet vom Morgenlicht. Die ersten Sonnenstrahlen malten kleine Schattentupfer zwischen die Wellen, verliehen ihnen den Zauber immerwährenden, glitzernden Feuers. Die Fassaden der Häuser entlang der Uferstraße leuchteten wie Spiegel. Sommerliche Baumreihen, paarweise gepflanzt und so gestutzt, dass sie die Sonne wie eine einzige Linie aus Grün begrüßten, besänftigten das Bild, verwandelten die Landschaft in einen Vergnügungsgarten, schimmernd von neuem Leben. Der Himmel war weit und klar, hell poliert von der Wärme der ersten Sonnenstrahlen auf seinem Baldachin. Er war wie frisch gewaschen, erquickt durch einen wundervoll lichten Dunst. Ununterbrochen das Blau, bis auf ein paar zarte Wölkchen, die leicht und verschwommen über die Leinwand der Szene trieben.
    Soeben noch die kühlen, schattigen Straßen – und nun plötzlich so ein Anblick, das war köstlich. Schon bald kam ihre Kutsche klappernd zum Stehen, und die beiden sprangen heraus, bestrebt, in eins der kleinen Boote zu kommen, die am Ufer bereitlagen, um Fahrgäste aufs Wasser zu tragen. Alexander half Martha hinein und nahm selber Platz.
    »Richtung Greenwich!«, rief er dem Bootsmann zu, und sie stießen ab, in den glitzernden Strom hinein.
    Um sie her bewegte sich die Luft so leicht, so zart, dass man es kaum eine Brise nennen konnte. Und doch spielte sie über ihre Hände und Gesichter, als sei sie der Atem des Sommers selbst, wärmend und kühlend zugleich, wispernd von Vergnügen und Zeitvertreib. Ihr Boot glitt dahin auf Wasser, das weder rau noch glatt war, sondern nur geriffelt zu makelloser Lebendigkeit.
    Und wie voll der Fluss war! Es war, als hätten die grünen Ufer der Themse, überbordend in der Fülle des Sommers, ihren Überfluss an Wachstum in die vorüberschwimmenden Kähne ergossen: Kisten voll Salat, Lauch, Gurken und Spargel; Zwiebeln und Möhren und Kräuter und Saubohnen; Kirschen und Erdbeeren und reife Melonen, deren Düfte die balsamische Luft geradezu wie Weihrauch überlagerten. Auch Blumen gab es, die hellen aufrechten Köpfe der Sonne entgegengereckt: Rosen und Wicken, Kapuzinerkresse, Nelken und Rittersporn; Pfingstrosen, voll erblüht mit purpurnen Farbtupfern oder noch eng zusammengerollt in zartweißen kugelförmigen Knospen.
    Die Gärtner riefen einander beim Vorüberfahren zu, begrüßten Freunde, beschimpften launig Konkurrenten mit den gleichen Waren, ohne echten Groll in den Stimmen. Der Morgen verlieh allen gemeinsam das Gefühl, sie hätten das Paradies betreten, der Tag und seine Freuden sei ein zweiter Garten Eden.
    Alexander und Martha waren überwältigt, und eine ganze Weile saßen sie in stummer Glückseligkeit einfach nur da.
    Sie kamen an einem Kahn voller Rosen vorüber, neben dem sich ein kleineres Boot hielt. Ein Gentleman kaufte ein Sträußchen für seine Dame, und als der Gärtner die Blüten in die Höhe hob, da stob ein Schauer von Tautropfen auf und verwandelte sich in der Sonne in Dunst.
    »Oh

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