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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Gee
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Einfühlungsvermögen.«
    Martha blickte zu Boden; sie konnte seinen Blick nicht erwidern. Tausendmal hatte sie sich dieses Gespräch oder eine andere Version dieses Gespräches ausgemalt. Und jetzt entspann es sich wirklich. Befangenheit überwältigte sie.
    »Ich fürchte, ich sehe nicht sehr klar, wenn es darum geht, dich zu verstehen, Alexander«, sagte sie ruhig.
    Alexander betrachtete eingehend ihr Gesicht, und er war verwirrt, was er da sah. Zum ersten Mal erkannte er voll und ganz, was Martha für ihn empfand. Sie sah, wie er den Mund öffnete, um zu reden. Ihr Herz schlug wild. Aber plötzlich stockte er. Sie wusste, er rang nach Worten für seine Antwort. Das Schweigen war unerbittlich.
    Und endlich sprach er: »Du weißt, ich habe immer ein Porträt von Milton neben mir, wenn ich schreibe«, sagte er, »in der Hoffnung, dass es mich demütig erhält,weil ich sonst womöglich noch richtig blasiert werden könnte vor Entzücken über meine eigene Klugheit.«
    Das Herz wurde ihr schwer. Er antwortete ihr nicht klar und deutlich. Was redete er da schon wieder von Dichtkunst – von Milton - in diesem herzzerreißendsten aller Momente? Wollte er absichtlich grausam sein? Das konnte sie nicht glauben. »Ich weiß das, Alexander«, erwiderte sie langsam, »aber was hat das hiermit zu tun?«
    »Weil mir plötzlich eine Passage aus Paradise Lost in den Sinn kommt«, antwortet er. »Als Eva erkennt, dass sie den Garten Eden verlassen muss … Schuld ist sie selbst, aber ihre Klage ist bitter.«
    »Ich erinner mich nicht daran.«
    Alexander zitierte die Zeilen:
    »Wie soll ich scheiden denn, hinunterwandern in eine niedrigere Welt? Wie soll’n wir atmen denn in einer Luft viel wen’ger pur, die wir gewöhnt doch sind der Frücht’ Unsterblichkeit?«
    Martha hielt den Atem an, als Alexander Evas kummervolle Klage beendete. Eine Minute lang konnte sie nicht antworten. Sie war so unsagbar traurig. Immer hatte sie geglaubt, wenn er sie denn nicht lieben konnte, so sei das wegen Teresa, und sie war sich bewusst, dass es ihr Trost, ja, sogar Freude bereitet hatte, sich mit dem Abglanz ihrer Schwester, mit den ungenutzten Fasern seiner Zuneigung zu ihr zu begnügen. Aber nun schließlich war es gar nicht Teresa, die ihn von ihr fernhielt. Es war das Schreiben.
    Diese Erkenntnis war bitterer, als sie sich jemals hatte vorstellen können. Sie fühlte sich so grenzenlos allein. Sie dachte an ihren gemeinsamen Morgen zurück und hätte am liebsten geweint. Die wunderbare Verzauberung, ihr Erkennen, dass sein Genie die gewöhnliche Welt verwandeln konnte, das atemlose Entzücken, seine Verse so zu hören, wie er sie eben ersann … Würden sie nur dazu dienen, sie zurückzulassen, verloren und einsam, während Alexander aufbrach zu neuen Weidegründen, neuen Gefilden?
    »Willst du damit etwa sagen, dass du dich an unsterbliche Früchte gewöhnt hast, Alexander?«, fragte sie so leichthin, wie es ihr möglich war, auch wenn ihr die hörbare Anstrengung in ihrer Stimme nicht entging.
    Alexander sah sie unverwandt an. Sie sah, er wollte aufrichtig reden, und sie hielt seinem Blick stand, obwohl es sie schmerzte.
    »Ich beginne zu begreifen: Wenn man sich der Dichtkunst so ausliefert, wie es sein sollte, dann muss man Vater und Mutter vergessen, und alle anderen sterblichen Lieben dazu, und sich ihr ganz allein hingeben«, sagte er. »Wenn ich als Dichter Erfolg haben will, dann kann ich nicht unbeschwert durch die Welt wandern, auch wenn ich weiß, wie reich sie ist an irdischen Freuden und welch großes Glück sie einem bringen kann. Glaubst du mir, wenn ich dir sage, wie unglücklich es mich macht, dir das zu sagen?«
    »Ich glaube dir, Alexander«, sagte sie und schluckte die Tränen hinunter. »Aber du musst oft zu Besuch kommen, denn ohne deine Freundschaft kann ich nicht auskommen.«
    Er nahm ihre Hand. »Das wirst du auch nie müssen«, sagte er warm.
    Mit festerer Stimme fuhr er fort: »Jedenfalls, Patty, haben meine jüngsten Erfahrungen mit der Welt mich skeptisch gemacht gegenüber leidenschaftlichen Bindungen. Wahre Zuneigung hält unverbrüchlich bis ganz zuletzt, denn sie erwartet nicht zu viel von der menschlichen Natur. Aber romantische Freundschaften genau wie heftige Liebschaften beginnen mit Disputen, setzen sich fort mit Eifersüchten und enden in Animosität.«
    Sie lachte tapfer und zwinkerte eine letzte verirrte Träne fort. Sie hatten fast einen Bootssteg dicht hinter dem Landeplatz für den Markt am

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