Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
aus, als ob er dringend einen nötig hätte, weil es ihm sonst die ganze Nacht über nicht gelingen wird, ein einziges Herz zu durchbohren. Vielleicht bieten Sie ihm den Ihren an? Denn Sie brauchen doch gewiss kein Instrument, um Ihr Wild zu erlegen.« Er sah gut aus, als er das sagte, groß und stark, aber sie war entschlossen, sich das nicht einzugestehen.
»Meine Erfahrung ist, dass Wild gewitzt zu fliehen versteht, gerade wenn man es gefangen glaubt«, antwortete sie. Sie wusste, sie forderte ihn heraus, aber was sie eigentlich für eine Antwort von ihm erwartete, das wusste sie nicht so genau.
»Sie kennen sich wohl gut aus in diesem Sport, Madam?«
»Natürlich. Ebenso wie Sie, vermute ich.«
»Ich verstehe mich gut auf diese Kunst, aber ich habe selten ein Geschöpf gesehen, das mir der Verfolgung wert erschien«, erwiderte er.
»Und doch heißt es ja, dass es die Jagd als solche sei, die das größte Vergnügen bereitet, und nicht der Wert der Siegesbeute«, war ihre Antwort. »Vielleicht sollten Sie es mal ausprobieren, zu Forschungszwecken.«
»Ich glaube, das sollte ich wohl. Und wenn ich’s tue, Madam, dann seien Sie versichert, dass ich dieses Gespräch in Erinnerung behalte.«
Mit einer weiteren Verbeugung ging er fort. Arabella war enttäuscht, dass er sie nicht um einen Tanz gebeten hatte, und in diesem Moment der Unzufriedenheit zupfte sie gedankenlos an der Sehne ihres Bogens, sodass sie laut schwirrte. Lord Petre hörte es über den allgemeinen Lärm hinweg und blickte mit einem amüsierten Lächeln zu ihr zurück. Er spielte mit ihr, gewiss, und doch zeigte es, dass auch er sich nur zögernd entfernte. Mit frischem Mut bahnte sich Arabella ihren Weg in die Menge.
Alexander spazierte unterdessen mit Jervas im Saal umher, der für sie beide ein Glas Wein und ein Stück Kuchen besorgt hatte, und beobachtete jetzt mit dem ihm eigenen Behagen das Kommen und Gehen ringsum.
»Die Nymphe da wäre bei weitem glaubhafter, wenn sie nicht in diesem Gossenjargon redete«, meinte er. »Und schau mal dort den Quäker, der da an der Bar lehnt und zwei Flaschen Wein auf einmal trinkt. Maskierte sollten sich doch ein klein wenig mehr an Ihre Rolle halten, wenigstens bis Mitternacht.«
Das hörte ein Mann in der Tracht eines Hofnarren – das Kostüm ein wenig prall gefüllt von seinem Inhalt -, der mehr als eine beiläufige Ähnlichkeit mit Richard Steele hatte.
»Ich würde Ihnen ja zustimmen, meine Herren, hätte ich nicht soeben mein Herz an eine Dame verloren, die so anmutig tanzte, dass ich sie für eine Gräfin hielt«, sagte Steele. »Aber ein paar Minuten später habe ich sie dann am kalten Büfett beobachtet, wie sie Essbares in ihrem Busen und ihrer Tasche verschwinden ließ und sich dann verstohlen aus einer Seitentür davonmachte. Ich vermute, meine ›feine Dame‹ lebt ganz in der Nähe des Covent Garden und hat sich lediglich in die Maskerade eingeschlichen, um eine Wochenration kalter Speisen hinauszuschmuggeln.«
Jervas lachte und antwortete Steele, aber Alexanders Aufmerksamkeit wurde von einem jungen Pagen angezogen, der in der Nähe umherging und in dem er Teresa erkannte. Wie entzückend sie aussah in ihrer Knabenkleidung! Sie sprach mit einem türkischen Gentleman – Lord Petre! Er stutzte. Er war dem Paar nahe genug, um sie reden zu hören, und er war ziemlich sicher, dass Teresa ihn nicht gesehen hatte.
»Ihr Kostüm steht Ihnen gut, Madam«, sagte Lord Petre. »Ich hoffe, Sie werden damit Erfolg haben.«
»Ich habe bereits Erfolg, Sir«, erwiderte Teresa und versuchte, neckisch zu sein, jedoch mit ein wenig zu viel Ehrerbietung. Alexander schämte sich für sie.
Lord Petre erwiderte leichthin: »Ihre Kostümwahl ist großartig«, sagte er. »Ich hege große Bewunderung für Was Ihr Wollt .« Er überlegte einen Moment, dann deklamierte er:
»Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist,
spielt weiter! Gebt mir volles Maß! Dass so
die übersatte Lust erkrank’ und sterbe …«
»Sie machen sich nichts aus der Liebe, Sir?«, fragte Teresa.
»Mir liegt nichts daran. Wenn das Herz gejagt wird, begehrt es selten, in eine Falle zu geraten.«
Ganz plötzlich bemerkte Alexander, dass er nicht der Einzige war, der Lord Petres Unterhaltung mit Miss Blount belauschte. Eine Gestalt in einem Dominokostüm war ebenfalls neben dem Paar stehen geblieben, gerade als Teresa sagte: »Ich fürchte, der Mann dort in der schwarzen Robe hat uns belauscht. Kennen Sie ihn?«
Lord Petre wandte sich
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